Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
du uns von dem Abend erzählen?«
»Ich erinnere mich nicht.«
»Erinnere dich einfach, so gut du kannst.«
»Das habe ich schon versucht, aber es ist, als hätte jemand meine Erinnerung gelöscht, wie in den Fernsehserien, wo die Leute sagen, sie wären von Aliens entführt und rektal sondiert worden, was ziemlich eklig ist. Ich meine nicht, dass ich von Außerirdischen entführt worden bin. Ich glaube eigentlich nicht an kleine grüne Männchen aus dem Weltall, obwohl einer der Ärzte im Krankenhaus ziemlich seltsam aussah. Er war fett und hatte ein Ziegenbärtchen. Bei Grey’s Anatomy oder Emergency Room sieht man nie fette Ärzte. Ich finde Ziegenbärtchen sehen aus wie die Schambehaarung einer Frau, finden Sie nicht?«
Cray wirkt völlig perplex. Sienna wendet den Blick zu mir. Sie wartet auf eine Antwort.
»So habe ich das noch nie betrachtet«, sage ich.
»Ich denke ständig solche Sachen.«
»Können wir zu den Ereignissen jenes Abends zurückkehren ?«, fragt Cray.
»Ich kann mich, wie gesagt, an nichts erinnern. Mein Kopf
will damit nichts zu tun haben. Es gibt eine Tür, die ich nicht aufmachen kann, weil ich nicht sehen soll, was dahinter ist. Früher hat Mum meine Geschenke immer oben auf dem Kleiderschrank versteckt, und ich durfte nicht gucken. Aber das war etwas Schönes, und das hier ist etwas Schlimmes.«
»Etwas Schlimmes?«
»Ja, richtig schlimm.«
DCI Cray rückt ihren Stuhl vor, und die Beine quietschen laut über den Boden. Sienna zuckt zusammen, als hätte jemand eine Tür zugeknallt.
»Reden wir über den letzten Dienstag, Sienna. Erinnerst du dich, dass du zur Schule gegangen bist?«
»Ja.«
»Du hattest Probe.«
Sienna reißt die Augen auf. »Ich muss mit Mr. Ellis reden.«
»Mr. Ellis?«
»Wir haben heute Probe, ich muss mein Kleid reinigen lassen. «
»Darüber musst du dir keine Sorgen machen.«
»Ich bin die Zweitbesetzung, falls Erin Lewis etwas zustößt. Eigentlich hätte es andersherum sein müssen. Erin geht wie eine Giraffe.« Sienna runzelt die Stirn. »Das klingt gemein, oder? Ich versuche, mir das abzugewöhnen.«
»Das Musical ist verschoben worden«, erkläre ich ihr.
Sie wirkt erleichtert.
»Was war nach der Probe?«
Sienna sieht mich an, antwortet jedoch nicht.
»Du hast dich mit deinem Freund getroffen.«
»Ja.«
»Danny Gardiner.«
Sie nickt.
»Wie lange kennst du Danny schon?«
»Eine Weile.«
»Wo hast du ihn kennengelernt?«
»Er war in der Schule im selben Jahrgang wie Lance.«
»Lance ist dein Bruder?«
»Ja. Danny hat immer mit Lance rumgehangen. Ist ihm ständig hinterhergerannt. Sie stehen beide auf Autos und Motorräder. «
»Wo warst du am Dienstag mit Danny?«
»Wir sind rumgefahren.«
»Irgendwohin speziell?«
»Weiß ich nicht mehr.«
Jetzt lügt sie.
Cray formuliert die Frage anders. Sienna wird wirr und vorsätzlich vage, entweder um die eigenen Spuren zu verwischen oder um jemanden zu schützen.
»Gehören die dir?« Cray legte eine Plastiktüte mit einem Paar verschlammter Schuhe auf den Tisch.
Sienna nickt.
»Ich habe dich nicht gehört«, sagt Cray.
»Ja«, antwortet Sienna.
»Hast du ein Teppichmesser?«
Sienna schüttelt den Kopf, bedeckt jedoch gleichzeitig instinktiv ihre Unterarme.
»Wir haben die Schachtel mit dem Verbandszeug gefunden«, sage ich sanft. »Du musst dich nicht schämen. Was für eine Klinge benutzt du?«
»Es ist eins von Daddys Werkzeugen. Ich hab sie in der Garage gefunden.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Sie sollte in dem Karton sein.«
»Da ist sie aber nicht«, sagt Cray. »Weißt du, wo sie ist?«
Sie schüttelt den Kopf und bohrt den rechten Daumennagel in den Rücken ihrer linken Hand, bis die Haut zu reißen droht.
»Um wie viel Uhr bist du am Dienstag nach Hause gekommen ?«
»Das weiß ich nicht mehr.«
»Hast du deinen Vater gesehen?«
Sienna schüttelt den Kopf.
»Aber er war da?«
Sie nickt.
»Wo?«
»In meinem Zimmer.«
Ich kann förmlich sehen, wie Siennas Gedanken zu schweifen beginnen. »Früher habe ich mir ein Zimmer mit Zoe geteilt, aber dann war sie gelähmt, und Daddy hat ihr unten ein Zimmer eingerichtet. Ich hatte immer davon geträumt, ein eigenes Zimmer zu haben, aber jetzt wünsche ich mir, Zoe würde noch zu Hause wohnen und ein Zimmer mit mir teilen. Ich würde sogar ihr Chaos ertragen und in einem Doppelstockbett schlafen. Er hat gesagt, wir würden kein Doppelstockbett mehr brauchen, weil Zoe keine Treppen steigen könnte.
Zoe und Lance
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