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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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Männer-Club. Wie die Rotarier, die sich treffen, um geschäftliche Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen, und nach außen so tun, als würden sie sich um hungernde Kinder und obdachlose Menschen kümmern.«
    »Lassen Sie so was nur nicht die Rotarier hören«, sagt er.
    Unser Gespräch wird von der Haushälterin unterbrochen, die mit einer weißen Schüssel hereinkommt, neben mir stehen bleibt und mit einer silbernen Kelle Flusskrebse mit Sauerrahm-Gurken auf meinen Teller häuft.
    »Ist Zaubern nicht ein etwas kindlicher Zeitvertreib für gestandene Männer?«, frage ich von Sandleben.
    »Zaubern erfordert sehr viel Talent, Geschick und Mut …«
    »MUT?«, frage ich.
    »Sie glauben es vielleicht nicht, aber Magier leben gefährlich.«
    »Tatsächlich?« Ich verziehe das Gesicht. »Ist Ihnen schon einmal ein Kaninchen auf den Kopf gefallen?«
    Er lächelt nachsichtig. »Nein, das nicht. Aber nehmen Sie zum Beispiel den Kugeltrick. Da schießt eine Assistentin mit einer Pistole durch eine Glasscheibe auf den Zauberer. Der fängt die Kugel mit den Zähnen auf. Bei dem Trick wird die richtige Kugel gegen eine andere ausgetauscht, die zum größten Teil aus Wachs besteht. Die kann die Glasscheibe durchschlagen, den Magier aber nicht verletzen. Seit der Erfindung dieses Tricks sind mindestens zwölf Zauberer bei der Vorführung ums Leben gekommen. Besonders schlimm waren die Fälle von Torrini und von Linsky. Ersterer hat seine eigene Frau und der Zweite seinen eigenen Sohn erschossen. Auch nicht uninteressant ist die Geschichte des Erfinders des Kugelfangs. Der Mann hieß Coulew of Lorraine und starb 1631. Und zwar nicht an den Folgen eines missglückten Kugelfangs, wie man annehmen könnte, sondern durch die Hand seines Dieners, dem er nach der Vorstellung das vereinbarte Honorar nicht auszahlen wollte. Woraufhin dieser ihm die Trickwaffe über den Schädel zog.«
    »Das ist ja schon fast komisch«, rutscht es mir heraus.
    »Wie gesagt: Zauberer leben gefährlich«, wiederholt von Sandleben selbstgefällig. »So manch einer starb eines gewaltsamen Todes.«
    »Wer denn noch?«, frage ich neugierig.
    »Harry Houdini. Der berühmte Entfesselungskünstler. Er wurde 1926 von zwei Studenten in seiner Garderobe in Montreal besucht. Einer der beiden wollte wissen, ob es stimme, dass Houdini auch sehr starke Schläge in den Magen aushalten könne. Der Großillusionist, der gerade dabei war, seine Post zu sortieren, bejahte. Darauf schlug der junge Mann ohne Vorwarnung mehrmals in Houdinis Magen. Der Magier war völlig unvorbereitet und konnte die Schläge nicht durch das Anspannen der Bauchmuskulatur abfedern. Zwei Tag später erlag er seinen inneren Verletzungen. Er wurde gerade mal sechsundfünfzig Jahre alt.«
    »Sie wissen eine ganze Menge über die Welt der Zauberer«, sage ich und erhebe mein Glas.
    Von Sandleben greift ebenfalls zu seinem Sektkelch. »Auf einen unvergesslichen Abend.«
    »Meinetwegen«, sage ich. »Aber für die Unvergesslichkeit sind Sie zuständig.«
    »Ich werde mir alle Mühe geben.«
     
    Und er gibt sich alle Mühe. Das Essen ist fantastisch, der Wein hervorragend, von Sandleben ein perfekter Gastgeber und Unterhalter. Obwohl er erst neunundzwanzig Jahre alt ist, verfügt er über ein enormes Wissen, ist witzig, charmant und versteht es, mir Komplimente zu machen. Auch wenn es manchmal etwas aufgesetzt wirkt. In seiner Cordhose, dem Tweedsakko, mit dem Seidenhalstuch und den rahmengenähten Budapestern wirkt er wie ein junger Landadliger, der noch übt. Irgendwie hat man den Eindruck, er habe seine Eierschale noch nicht ganz abgestreift, er wäre noch nicht wirklich flügge. Und statt erotischer weckt er eher mütterliche Gefühle in mir.
    Trotzdem bin ich geschmeichelt und lasse mir seine Schwärmerei gefallen. Ein angenehmes Kontrastprogramm zu Wilsberg, der heute Abend weder Stil noch Originalität bewiesen hat.
    Nach dem Essen nehmen wir einen Absacker in von Sandlebens Bar. Sie ist in einem der Nachbarzimmer untergebracht – in einer fast den gesamten Raum einnehmenden, zweieinhalb Meter hohen Plastikhalbkugel. Als Barkeeper fungiert die Haushälterin, die hinter dem von innen beleuchteten, grünlich schimmernden Glastresen steht und mir eine fantastische Bloody Mary nach der anderen mixt.
    Irgendwann muss ich zur Toilette. Rechts und links von der Halbkugel führt jeweils eine Treppe nach oben ins Dunkel. Von Sandleben meinte, ich solle mich rechts halten. Was ich auch tue. Als ich oben

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