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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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Villa an der Außenalster. Mit anderen Worten: Zieht man die Frau ab, wäre Reichweiler der Traum jeder reifen Singlefrau, die sich die Vorstellung von romantischer Liebe abgeschminkt hat.«
    »Sogar mit Frau reicht’s für die Hoffnungen einer kubanischen Auswanderin auf ein besseres Leben.«
    »Du bist dran«, sagte Franka. »Ich will alles wissen.«
    Ich erzählte die ganze Geschichte, angefangen beim Tod von Stefano Monetti alias Stefan Hubertus über Anna und Isabel Ortega bis zum Penner vor dem Cucaracha. Nur die Begegnung mit Pia Petry ließ ich aus. Franka hörte aufmerksam zu und stellte kurze Zwischenfragen. Am Ende sagte sie: »Denkst du, die beiden Todesfälle hängen zusammen?«
    »Anna ist davon überzeugt, ich noch nicht. Die Frage ist, ob es eine Verbindung zwischen Monetti und Isabel gibt.«
    »Hast du schon Pia Petry kontaktiert?«
    »Wieso?«, fragte ich gedehnt.
    »Weil ich dich kenne, Georg. Und weil sie in Hamburg wohnt.«
    »Nein.« Aus dem großen Spiegel an der gegenüberliegenden Wand glotzte mich ein bleicher, beschissen aussehender Lügner an.
    »Aber du wirst es tun?«
    »Kann sein. Vorher kümmere ich mich allerdings um Reichweiler.«
    Ich beendete das Gespräch und stand auf. Im Bad, das durch eine Schiebetür vom Schlafraum abgetrennt war, klebten ein paar Spritzer Erbrochenes auf den Fußbodenfliesen. Ich wischte sie mit Toilettenpapier weg. Daniela Hansen sollte keinen schlechten Eindruck von mir bekommen.
    Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte, schluckte ich zwei Aspirin als Frühstücksersatz. Dann ließ ich mir von der Auskunft die Nummer der Northsea Shipping GmbH geben. Die Telefonzentrale der Reederei stellte mich zum Vorzimmer des Chefs durch.
    »Ich brauche einen Termin bei Herrn Reichweiler«, erklärte ich der Sekretärin.
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Kubanische Kontakte. Es ist sehr wichtig. Und sehr dringend.«
    »Wie war noch mal Ihr Name?«
    »Wilsberg.«
    Sie drückte mich weg. Nach dreißig Sekunden war sie wieder da. »Es tut mir leid, Herr Wilsberg, Herr Reichweiler kennt Sie nicht.«
    »Aber er wird mich kennenlernen wollen. Das Stichwort lautet: Salsa.«
    »Bitte?«
    »Sagen Sie es ihm einfach!«
    Erneut durfte ich mir Warteschleifenmusik anhören.
    »Hören Sie!« Die Stimme der Sekretärin klang drei Grad freundlicher.
    »Ja?«
    »Herr Reichweiler hätte um fünfzehn Uhr für Sie Zeit. Ist Ihnen das recht?«
    Ich sagte ihr, dass mir drei Uhr sehr entgegenkomme.
    Einen Moment lang war ich versucht, mich wieder aufs Bett zu legen. Doch für die Begegnung mit Reichweiler brauchte ich einen klaren Verstand. Ein bisschen Bewegung, um den Restalkohol zu vertreiben, konnte nicht schaden.
    Kaum hatte ich einen Fuß in den Flur gesetzt, stand Daniela Hansen vor mir. »Wir haben mit dem Frühstück auf Sie gewartet.«
    »Oh. Ich hatte keinen Hunger.«
    »Wenn Sie möchten, setze ich rasch eine Kanne Kaffee auf.«
    »Nein, danke. Ich … ich kriege nichts runter.«
    Sie kam näher. Ihre riesigen Lupenaugen tasteten forschend mein Gesicht ab. »Ist spät geworden gestern, was?«
    »Sieht man mir das an?«
    Sie lächelte. »In Hamburg ist schon so mancher versackt. Seien Sie vorsichtig, mein Junge!«
    Ich ging zur Treppe. »Heute Abend bleibe ich brav.«
    »Haben Sie wenigstens die Richtige gefunden?«, rief sie mir nach.
    »Ja. Aber sie hat mich abblitzen lassen.«
    Das Lachen ihrer Fistelstimme hallte noch in meinen Ohren, als ich längst auf der Straße war.
     
    Um Viertel vor drei stand ich vor einem modernen Bürogebäude an der Elbe. Auf der anderen, der südlichen Elbseite erstreckte sich der Hafen mit seinen riesigen Kränen und Docks. Auf der Nordseite, die ich von Altona aus erreicht hatte, fand offensichtlich ein Umbruch statt. Zwischen die alten Speicher und Fischmarkthallen drängten sich Neubauten, in denen Werbeagenturen, Architekturbüros, Restaurants und Diskotheken Platz gefunden hatten. Dominiert wurde das Areal von einem gigantischen Bürokomplex, der sich wie ein Kreuzfahrtschiff schräg auf das Wasser hinausschob.
    Reichweilers Firmen residierten weniger auffällig in einem gläsernen Kubus mit rötlich schimmernden Verstrebungen. Neben der Northsea Shipping GmbH gehörten zu seinem Reich die Northsea Chartering GmbH und das Northsea Fleet Management, wie das Eingangsschild, das ein stilisiertes weißes Segelschiff auf blauem Grund zierte, verhieß. Hier spielt ein Global Player, sollte das wohl heißen. Dazu passten der Marmorboden der

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