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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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abziehen. Dann wüsstest du, wer das ist, nicht wahr?«
    Er schlug nicht zu, er spannte nur seine Muskeln an.
    »Du kennst ihn«, sagte ich.
    Der Rausschmeißer ballte die Faust. Ich winkte ab und ging.
    »He, Kumpel!« Ein Penner, der ein paar Meter weiter in einem Hauseingang lag, rappelte sich auf.
    Ich lief weiter.
    »Warte doch mal!« Er war erstaunlich schnell auf den Beinen.
    »Ich gebe nichts«, sagte ich. »Ich trinke selbst.«
    »Du willst was über die Kleine erfahren, die ermordet worden ist?«
    Offenbar hatte er unsere Unterhaltung mitbekommen und witterte ein Geschäft.
    »Ich könnte dir einen Tipp geben«, flüsterte er verschwörerisch.
    Ich schaute auf die schmutzige Hand, die sich in meinem Ärmel festgekrallt hatte, und überlegte, ob ich sie wegschlagen sollte.
    »Der Hauseingang ist mein Stammplatz. Ich kriege so einiges mit.«
    »Was denn?«
    Daumen, Zeige-und Mittelfinger der freien Hand vollführten das internationale Zeichen für Geld. »Das kostet, Bruder.«
    »Vergiss es!« Ich riss mich los.
    »Eine schwarze Limousine.«
    Ich blieb stehen. »Was für eine schwarze Limousine?«
    »Mit der ist sie öfter abgeholt worden.«
    Mir fiel auf, dass er nach Schweiß und Dreck, aber nicht nach Alkohol stank. Vielleicht wusste er tatsächlich etwas.
    »Du fantasierst dir was zusammen.«
    »Tu ich nicht.« Er zeigte auf den Hauseingang, der mit Zeitungen tapeziert war. »Ich lese. Und ich halte die Augen offen. Also, was ist? Zehn Euro.«
    »Fünf«, bot ich an.
    Wir einigten uns auf sieben.
    »Im Wagen saß immer derselbe Mann«, begann er. »Nicht mehr ganz taufrisch.«
    »Wie alt?«
    »Um die sechzig. Grau meliert. Geschäftsmann, wenn du mich fragst. Jaguar, teurer Anzug.«
    »Das hast du erkannt?«
    »Klar. Ich war selbst Geschäftsmann. Bis mir die Frau abgehauen ist. Und die Scheißbanken mich fertiggemacht haben.«
    »Aha«, sagte ich. »Hattest du das Gefühl, Isabel war seine Freundin? Oder seine Geliebte?«
    »Eher das Letztere.«
    »Was heißt das?«
    »Er hat mit laufendem Motor gewartet. Sobald sie im Auto saß, ging’s los. Kein Küsschen oder so.«
    »Ist das alles?«, fragte ich.
    »Nein. Für zwanzig Euro kriegst du das Autokennzeichen.«
    Ich zahlte zehn.

10
    Pia Petry wird verzaubert
    Ich bin wütend. Wütend und verletzt. Wieso kommt Wilsberg nach Hamburg und ruft mich nicht an? Traut er sich nicht? Oder liegt es an mir? Interessiert er sich nicht mehr für mich? Ist er längst fest liiert und seine Tussi sitzt hochschwanger in Münster und wartet darauf, dass ihr Held nach getaner Arbeit aus Hamburg zurückkehrt? Warum hat er mich dann aber mit diesem waidwunden Blick angesehen? Diesem Blick, der so typisch ist für verliebte Männer. Ich bin verwirrt. Aber vor allem bin ich sauer.
    Leise vor mich hin schimpfend, laufe ich durch die Schanzenstraße zu meinem Auto. Als ich die Fahrertür aufsperre, klingelt mein Handy. Hoffentlich ist das nicht Wilsberg.
    »Petry«, melde ich mich.
    »Hallo«, höre ich eine männliche Stimme. »Ich bin’s.«
    Das ist eindeutig nicht Wilsbergs Stimme.
    »Ja?«, frage ich unsicher.
    »Ich bin der Mann aus dem Hanse-Theater. Wir haben uns heute Nachmittag …«
    »Alles klar«, sage ich. »Ich erinnere mich.«
    »Das freut mich. Ich habe nämlich ein Problem. Ich muss die ganze Zeit an Sie denken.«
    Der Spruch verschlägt mir erst einmal die Sprache.
    »Ach ja?«, sage ich etwas lahm.
    »Es tut mir leid, wenn ich Sie einfach so überfalle. Aber ich lerne nicht jeden Tag eine so tolle Frau kennen. Und irgendwie habe ich Angst, wir könnten uns wieder aus den Augen verlieren …«
    »Das ist nicht zufällig Ihr Standard-Anmachprogramm, was Sie hier gerade abspulen?«, frage ich misstrauisch.
    »Wo denken Sie hin?«, kommt es entrüstet zurück. »Ich würde Sie einfach nur wahnsinnig gerne zum Dinner einladen.«
    »Das ist nett. Wann denn?«
    »Jetzt.«
    »Jetzt?«, rufe ich in den Hörer. »Nachts um halb zwölf laden Sie mich zum Abendessen ein?«
    »Ja. Ein verspätetes Abendessen sozusagen. Kommen Sie? Ich wohne im Alten Land.«
    Im Alten Land! Das wird ja immer verrückter.
    »Nein«, sage ich. »Ich bin auf dem Heimweg, ich bin hundemüde und das ist mir auch viel zu weit.«
    »In einer guten halben Stunde sind Sie hier.«
    »Das ist mir trotzdem …«
    »Sitzen Sie im Auto?«
    »Ja, aber …«
    »Dann fahren Sie jetzt Richtung Stresemannstaße stadtauswärts …«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    »In Bahrenfeld nehmen Sie die A 7 Richtung

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