Todeszauber
Profession herauszufinden.«
»Und was wollen wir?«, fragte ich.
»Sie sind Privatdetektive und beabsichtigen, meine Beziehung zu Isabel Ortega ans Licht zu zerren. Dass ich Sie dennoch empfange, geschieht aus einem einzigen Grund.« Er machte eine Pause und kostete unsere Überraschung aus. »Ich möchte Ihnen klarmachen, dass ich nichts zu verbergen habe und dass es reine Zeitverschwendung wäre, in meinem Privatleben zu schnüffeln.«
»Sie geben also zu …«, begann ich.
»… dass Sie ein Verhältnis mit Isabel Ortega hatten«, ergänzte Pia.
»Ja«, sagte Reichweiler.
Weshalb er das freimütig offenbarte und dabei auch noch verdammt selbstsicher wirkte, war mir schleierhaft. Ich konnte nicht anders, ich musste ihn provozieren: »Geben Sie auch zu, Isabel ermordet zu haben?«
»Ach, Herr Wilsberg!«, sagte er mitleidig. »Ich nehme an, diese schlichte Denkungsweise gehört zu Ihrem Beruf. Isabel war eine Affäre, nichts weiter. Warum, um Himmels willen, hätte ich sie ermorden sollen?«
»Weil sie versucht hat, Sie zu erpressen?«, schlug Pia vor. »Weil sie gedroht hat, Ihre Frau einzuweihen?«
»Meine Frau und ich haben uns in unserer Ehe arrangiert, sie akzeptiert meine gelegentlichen Eskapaden. Normalerweise bewahren wir aus gegenseitigem Respekt Stillschweigen, aber in diesem Fall habe ich ihr, gleich nachdem ich von Isabels Tod erfahren hatte, die Wahrheit gesagt. Damit es zu keinerlei Missverständnissen kommt. Und ich habe noch eines getan.« Erneute Pause. »Ich bin zur Polizei gegangen.«
»Sie sind freiwillig zur Polizei gegangen?«, fragte Pia erstaunt.
»Ja. Ich wollte vermeiden, dass hier irgendwann ein Kommissar vor der Tür steht. Isabel und ich sind in diesem Salsa-Club gesehen worden. Sonst wären auch Sie ja nicht auf meinen Namen gestoßen. Also habe ich mich entschieden, in die Offensive zu gehen und alles offenzulegen.« Er lächelte triumphierend. »Und meine Unschuld zu beweisen. Für den Tag, als Isabel ermordet wurde, gibt es genug Zeugen, die jeden meiner Schritte belegen können. Bis auf die Minute.«
»Man kann Auftragskiller mieten«, murrte ich.
»Seien Sie nicht albern, Herr Wilsberg. Sehen Sie ein, dass Sie an den Falschen geraten sind.« Er schaute Pia an. »Noch Fragen?«
Pia hatte eine. »Gab es weitere Liebhaber – neben Ihnen?«
»Kann sein. Das hat mich nicht interessiert. Isabel war eine faszinierende Frau mit karibischem Temperament. Ich habe jede Minute mit ihr genossen, aber keinen Gedanken an eine gemeinsame Zukunft verschwendet. Dafür war sie nicht der Typ. Was sie gemacht hat, wenn sie nicht mit mir zusammen war, ging mich nichts an.«
»Klingt nach dem Verhältnis eines Freiers zu seiner Nutte«, bemerkte ich.
Reichweiler zuckte kaum merklich zusammen, fing sich aber sofort wieder. »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich möchte Ihnen nicht Ihre Vorurteile rauben.«
»Herr Reichweiler«, ergriff Pia das Wort, »wissen Sie etwas darüber, dass Isabel verreisen wollte?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»In Isabels Wohnung hat die Polizei einen gepackten Koffer gefunden. Es sah so aus, als hätte sie in höchster Eile ihre Sachen hineingeworfen. So als hätte sie geahnt, dass sie in Gefahr schwebte.«
Reichweiler starrte Pia an. »Ich habe keine Ahnung.«
»Kennen Sie Stefano Monetti?«, fragte ich, einer plötzlichen Eingebung folgend.
Seine Augen verschleierten sich für einen Moment. »Nein. Sollte ich?«
Ich hätte schwören können, dass er log. »Er hat als Varietékünstler gearbeitet – und war Isabels Schwager.«
»Möglich, dass sie seinen Namen mal erwähnt hat«, hielt sich Reichweiler bedeckt. »Was ist mit ihm?«
»Er starb ungefähr gleichzeitig mit Isabel.«
»Wollen Sie mich dafür etwa auch verantwortlich machen?«
»Vielleicht.«
Reichweiler lehnte sich zurück. »Die Northsea Shipping ist eine der größten Trampschifffahrtsgesellschaften in Hamburg. Wir operieren global und verfügen über dreißig, zum Teil hochmoderne Containerschiffe. Allein in diesem Haus arbeiten mehr als hundert Menschen, hinzu kommen knapp tausend auf den Schiffen und in unseren Überseeniederlassungen. Was ich damit sagen will: Ich trage die Verantwortung für eine Menge Arbeitsplätze.«
»Soll das eine Drohung sein?«, fragte Pia.
»Nein. Ich möchte Ihnen nur verdeutlichen, dass es nicht allein um mein Schicksal geht, sondern um das vieler Menschen, die mit meinen privaten Angelegenheiten nicht das Geringste zu tun haben. Sollten Sie oder
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