Todeszauber
mitgemacht«, sagte Pia, die ebenso wie ich bislang nur das Notwendigste von sich gegeben hatte.
»In welchem Zusammenhang?« Hartmann erwachte urplötzlich aus seiner Routine.
»Im Zusammenhang mit dem Mordfall Isabel Ortega. Ich habe die Leiche entdeckt.«
Hartmann strich sich über den buschigen Schnauzer, unter dem er seine Oberlippe versteckte. Er dachte nach. Und das Ergebnis seines Nachdenkens bestand darin, dass wir unter Bewachung fünf Minuten auf dem Flur warten mussten, während er in seinem Büro telefonierte.
Als er herauskam, war sein Rückgrat um einiges straffer. »Sie werden zum Polizeipräsidium gebracht«, verkündete er mit einer gewissen Genugtuung. »Dort wird man sich weiter um Sie kümmern.«
Kein Zweifel, dass ihm die Entwicklung gelegen kam. Ein Fall weniger, den er am Hals hatte.
Im Polizeitransporter saß zwischen Pia und mir ein Uniformierter und wir trugen mal wieder Handschellen. In Gedanken überschlug ich das Strafmaß, das uns der Hausfriedensbruch und der Diebstahl der Kostüme einbringen würden. Je nachdem, wie sehr Reichweiler die Geschichte aufblies, erwarteten uns entweder eine Einstellung des Verfahrens mit Geldstrafe oder ein paar Wochen Haftstrafe auf Bewährung. Die Schwere unseres Verbrechens konnte es jedenfalls nicht sein, die das Interesse eines höheren Tieres im Polizeipräsidium geweckt hatte.
»Hast du eine Ahnung, wer uns sehen will?«, fragte ich Pia, die gerade unseren kaum der Polizeischule entwachsenen Puffer musterte.
»Ja«, sagte Pia.
»Und?«
»Lademann. Hauptkommissar. Er leitet die Ermittlungen im Mordfall Isabel Ortega und ist nicht gerade mein größter Fan.«
»Ein Mann, der dich nicht leiden kann?«
»So was soll vorkommen, Georg.« Der Polizeiwagen, der vor einer Ampel gehalten hatte, fuhr wieder an und Pia lehnte sich zurück. »Mach dich auf eine lange Nacht gefasst.«
Es war Lademann. Die Nachricht von unserer Verhaftung musste ihn bei einer Feier oder während eines Opernbesuchs erreicht haben, denn er trug einen eleganten Anzug und eine Seidenkrawatte. Auch seine Laune passte zu einem Mann, der gerade alles andere lieber tun würde, als sich mit zwei notorischen Querulanten herumzuärgern. Er war stinksauer. Hauptsächlich auf Pia.
»Was haben Sie im Hanse-Theater gemacht?«, blaffte er sie an.
»Wir wollten uns nur mal umsehen«, gab Pia kühl zurück. »Ist das verboten?«
»Sie haben sich widerrechtlich Zutritt verschafft. Weshalb?«
»Der Hausmeister hat uns reingelassen«, sagte ich, um mich am Gespräch zu beteiligen. »Das kann man nicht widerrechtlich nennen.«
»Wer redet denn mit Ihnen?«, fragte Lademann, ohne den Blick von Pia abzuwenden. »Warten Sie gefälligst, bis ich mit Frau Petry fertig bin.«
Anscheinend reagierten alle Hamburger Männer ähnlich, wenn ich zusammen mit Pia auftauchte. Vielleicht sollte ich ständig im Clownskostüm herumlaufen, damit ich beachtet wurde.
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Pia nüchtern. »Sie setzen ein Protokoll auf, wir unterschreiben es und dann gehen wir nach Hause.«
»Nein, so leicht kommen Sie nicht davon. Ich habe Sie gewarnt, sich in meine Ermittlungen einzumischen. Und jetzt erwische ich Sie dabei, wie Sie es schon wieder versuchen.«
»Tatsächlich?« Pia verzog den Mund zu einem ironischen Grinsen. »Was hat das Hanse-Theater denn mit Ihren Ermittlungen zu tun?«
Lademann kaute auf seiner Unterlippe. Wir saßen in seinem Büro, das um einiges abgenutzter aussah als Hartmanns Refugium in der Davidwache. Neben dem Hauptkommissar war noch ein junger Kriminalbeamter namens Petersen anwesend, der sich alle Mühe gab, mit seinem Bürostuhl zu verschmelzen. Bis jetzt hatte er nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht. Einzig sein Tick, nervös mit der linken Gesichtshälfte zu zucken, hinderte ihn daran, völlig unsichtbar zu werden.
»Ich bin nicht blöd«, sagte Lademann, als ich mir schon Sorgen machte, er könnte sich ein Loch in die Lippe beißen. »Ich weiß, dass Sie und dieser Schnüffler aus Münster …«, er schaute auf ein Blatt Papier, das vor ihm auf dem Besprechungstisch lag, »… Wilsberg … bei Reichweiler waren. Und dass Reichweiler Ihnen von seiner Beziehung zu Isabel Ortega erzählt hat. Jetzt glauben Sie, Sie könnten dem Mann etwas anhängen.«
»Und wenn es so wäre?«, sagte Pia. »Wieso sind Sie so sicher, dass er nichts mit ihrem Tod zu tun hat? Anstatt ihn zu beschützen, sollten Sie Ihren Job machen.«
»Ich mache
Weitere Kostenlose Bücher