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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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worden. Dann gibt es einen Film.«
    »Und den sollten wir finden«, sage ich und drehe mich zu den Papageien um, die uns unverwandt anstarren.
    Wilsberg macht einen Schritt auf die Vögel zu. »Nach der Anzahl der Käfige und dem Geruch zu schließen, scheinen die Herren Magier mit ziemlich vielen Tieren zu arbeiten.«
    »Aber wo sind sie? Die meisten Käfige sind leer«, sage ich und schaffe es, Luft durch die Nase einzuatmen, ohne in Ohnmacht zu fallen.
    Vorsichtig nähere ich mich dem Abfallsack und spähe hinein. Sofort mache ich einen Schritt zurück und halte mir die Nase wieder zu. Der Gestank ist absolut umwerfend. Was mir außerdem auffällt, sind ein paar Knochen, die ganz zuoberst liegen und deren Größe und Form ich eigenartig finde.
    Mit spitzen Fingern ziehe ich einen davon heraus und wickele ihn, ohne auf Wilsbergs angeekelten Gesichtsausdruck zu achten, in ein Tempotaschentuch.
    »Ich habe mal einen Film über zwei verfeindete Zauberer gesehen«, sage ich. »Da gibt es eine Szene, in der ein Magier einen Käfig mit einem kleinen Vogel verschwinden lässt. Er legt ein schwarzes Tuch über die Voliere, schlägt mit der Hand darauf und zieht das Tuch wieder weg. Voliere und Vogel haben sich in Luft aufgelöst.«
    »Und?«, fragt Wilsberg.
    »In dem Tisch gab es ein Geheimfach, in das der Käfig, der zusammenklappbar war, hineinfiel.«
    »Und der Vogel?«
    »Wurde im Käfig zerquetscht.«
    »Dann ist ja bei jeder Zaubernummer ein Vogel getötet worden«, stellt Wilsberg fest.
    »Genau darauf wollte ich hinaus«, sage ich und lasse das Taschentuch mit dem Knochen in einem kleinen Seitenfach meiner Handtasche verschwinden.
    »Was, verdammt noch mal, machen Sie hier?«, ertönt da eine männliche Stimme hinter uns.
    Erschrocken fahren wir herum. Der nette Bühnenarbeiter, der jetzt gar nicht mehr nett aussieht, und ein Typ im schwarzen Anzug mit Walkie-Talkie in der Hand mustern uns kalt.
    »Die Viertelstunde ist doch noch gar nicht um«, sage ich lahm.
    »Sie haben sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zugang zu Privaträumen verschafft«, sagt der Anzugträger schneidend.
    »Kein Problem«, erwidert Wilsberg und hebt beschwichtigend die Hand. »Wir hatten ohnehin gerade beschlossen zu gehen.«
    Der Typ schüttelt den Kopf. »Sie werden schön bleiben. Und zwar so lange, bis die Polizei eintrifft.«

17
    Wilsberg lernt die Hamburger Polizei kennen
    In voller Verkleidung wurden wir abgeführt. Allerdings erwies sich meine Befürchtung, wir könnten einen Menschenauflauf auslösen, als unbegründet. Auf der Reeperbahn waren ein Clown und eine auf verrucht gestylte Diva keine besondere Attraktion. Die wenigen Passanten, die sich nach uns umdrehten, hielten uns vermutlich für den misslungenen Werbegag einer Erotikshow.
    Zwei sehr, sehr dunkelblau uniformierte Polizeibeamte brachten uns zum roten Klinkergebäude der Davidwache. Fernsehbilder aus meiner Kindheit schossen mir durch den Kopf, Schwarz-Weiß-Filme, in denen tapfere Polizisten dem sündigen Treiben auf der Reeperbahn Einhalt geboten. Damals war die Davidwache die bekannteste Polizeistation Deutschlands gewesen. Die reale, in die uns die wortkargen Beamten geleiteten, hatte jedoch rein gar nichts vom Glamour einer Filmkulisse. In den neonbeleuchteten Gängen des renovierten Altbaus roch es nach Reinigungsmittel und Schweiß, vergossen von beklauten Touristen, zwangsweise beruhigten Randalierern und im Dienst zermürbten Polizisten. Die Durchsuchungszelle, in der ich mich bis auf meine Boxershorts entkleiden musste, konnte allerdings tatsächlich noch aus jener Zeit stammen, als Jürgen Roland die Heldensagen vom Kampf gegen das Verbrechen auf Zelluloid bannte: zerkratzte, abgeschlagene Metallwände und eine verbeulte, in die Rückwand integrierte Metallbank. Die beiden Polizisten, die das Clownskostüm durchsuchten, trugen Handschuhe und ich versuchte, nicht daran zu denken, wie viele Menschen in dieser Zelle ihre Körperflüssigkeiten verspritzt hatten.
    Immerhin durfte ich anschließend meine eigene Kleidung anziehen. Danach kam Pia an die Reihe, die von zwei weiblichen Beamten in die Zelle begleitet wurde. Und dann ging es im Gänsemarsch in den modernen Anbau hinter der Davidwache, in dem die Kriminalpolizei residierte.
    Oberkommissar Hartmann, wie unser Sachbearbeiter hieß, tippte unsere Personendaten in einen Computer. »Bevor ich Ihre Aussage aufnehme, werden Sie erkennungsdienstlich behandelt.«
    »Das habe ich erst vor ein paar Tagen

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