Todeszauber
Reichweiler eine kleine Überraschung vorbereiten. Können Sie uns da helfen? Es darf aber niemand wissen.«
Wilsberg steht stocksteif neben mir und ist zur Salzsäule erstarrt. Sein Entsetzen und seine Wut angesichts meiner dreisten Vorgehensweise sind körperlich spürbar. Wenn das schiefgeht, wird er mir seine Clownsschuhe um die Ohren hauen.
Unsicher sieht uns der junge Mann an. Dann lächelt er. »Okay«, sagt er. »Kommen Sie mit.«
Ich folge ihm und werfe Wilsberg einen triumphierenden Blick zu.
Kurz darauf steigen wir eine schmale, dunkle Treppe in den ersten Stock hinauf. Wenn wir oben ankommen, würden wir den Lichtschalter gleich rechts an der Wand finden, hat uns der Bühnenarbeiter mit auf den Weg gegeben. Er hat die Tür aufgesperrt, die Alarmanlage ausgestellt und uns ein Zeitlimit von einer Viertelstunde eingeräumt. Nach Ablauf dieser Zeit müssen wir wieder unten sein.
»Ich muss erst diese Schuhe ausziehen, sonst komme ich die verdammte Treppe nicht rauf«, flucht Wilsberg hinter mir.
Während er seine Clownslatschen abstreift, taste ich nach dem Schalter. Das Licht flammt auf und wir stehen im Allerheiligsten.
»Willkommen im Club«, sage ich beeindruckt. Und auch Wilsberg scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Wir stehen in einem kleinen, wunderschönen und sehr intimen Theater. Mit einer Bühne und einem Zuschauerraum mit kleinen Tischen und darum herum gruppierten Stühlen. Bühnenvorhang und Stuhlbezüge sind aus rotem Samt. An der Decke hängt ein riesiger Lüster, die Wände sind mit Spiegelflächen verkleidet, der Boden ist mit einem dicken Veloursteppich ausgelegt. Das Ganze wirkt, als hätte man irgendwo ein altes Theater ab-und hier wieder aufgebaut.
»Magisch.« Ich bin von der Atmosphäre des Raums völlig hingerissen.
»Wir sollten nach einem Büro suchen«, sagt Wilsberg. »Es wäre gut, wenn wir die Mitgliederliste des Clubs finden könnten. Ein Hinweis auf ihr nächstes Treffen oder den richtigen Namen von Cagliostro könnte auch nicht schaden.«
»Vielleicht finden wir ja auch einen Kerker«, erwidere ich, »in dem sie junge Kubanerinnen gefangen halten.«
Wilsberg macht sich auf den Weg zur Bühne. Ich inspiziere die Wände auf der Suche nach Türen, Schränken oder Geheimfächern, mustere die Decke, an der eine Stahlkonstruktion mit unterschiedlich großen und in verschiedene Richtungen weisenden Scheinwerfern hängt. Werde aber nicht fündig.
Wilsberg ist hinter dem Vorhang verschwunden und scheint schwere Gegenstände hin und her zu schieben. Zumindest hört es sich so an. Zunehmend frustriert laufe ich an der letzten Stuhlreihe entlang, bleibe in Höhe der Bühne stehen und lasse meinen Blick durch das Theater schweifen.
»Hast du was entdeckt?«, rufe ich.
»Nein«, kommt es dumpf hinter dem Vorhang zurück. »Nur eine Stahltür, die ist aber abgeschlossen.«
Ratlos sehe ich mich um und lehne mich gegen die verspiegelte Wand. Die gibt plötzlich nach. Ich stolpere rückwärts, kann mich gerade noch rechtzeitig abfangen und drehe mich um. Zu einer spaltbreit geöffneten Tür.
»Georg!«, rufe ich. »Ich habe was.«
Mit Daumen und Zeigefinger stoße ich die verspiegelte Tür ganz auf und kann einen kleinen fensterlosen Raum erkennen, der im Dunkeln liegt. Vorsichtig lasse ich meine Hand links an der Wandinnenseite hinunterwandern und finde relativ schnell, was ich suche. Den Lichtschalter. In dem Augenblick, in dem das Deckenlicht aufleuchtet, hat es auch Wilsberg an meine Seite geschafft.
»Sieh mal einer an«, sage ich und halte mir die Nase zu. Es riecht ziemlich streng. Was wahrscheinlich an den beiden kleinen grau-grünen Papageien liegt, die in einer am Boden stehenden Voliere hocken. Vielleicht sind aber auch die daneben gestapelten, unterschiedlich großen, verschmutzten Metallkäfige oder der gut gefüllte blaue Abfallsack direkt neben der Tür für den penetranten Geruch verantwortlich.
Was uns aber viel mehr interessiert, ist die Filmkamera, die auf einem schwarzen Stativ montiert mitten im Raum steht. Ihr Objektiv ist direkt auf die Bühne gerichtet.
»Die Spiegel sind Einwegspiegel«, stelle ich fest.
Wilsberg nickt. »Von draußen kann man nicht hinein-, aber von innen kann man nach draußen sehen.«
»Das heißt, wer immer hier gefilmt wurde, sollte nicht wissen, dass er gefilmt wurde.«
»Genau«, sagt Wilsberg. »Sollte hier also tatsächlich etwas passiert sein, ein tödlicher Unfall zum Beispiel, dann ist das aufgezeichnet
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