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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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Stirn. »Es sei denn was?«
    »Es sei denn – wir sehen aus wie Varietékünstler.«
    Heftig schüttelt er den Kopf. »Nein, Pia«, sagt er. »Kein Mummenschanz. Auf gar keinen Fall. Nicht mit mir.«
    Doch diesmal setze ich mich durch.
    Eine halbe Stunde später stürmen wir, mit einem Berg Pizzakartons bewaffnet, den Backstagebereich. Jedem, der uns entgegenkommt, verkünden wir, dass der Chef Pizza für alle spendiert hat. Eine Erklärung, mit der wir schon Blondie am Eingang überzeugen konnten. Hinter der Bühne stoßen wir damit auf wenig Gegenliebe. Die Vorstellung läuft auf Hochtouren und für unseren kostenlosen Pizzaservice interessiert sich niemand. So bleiben wir auf der Suche nach einer für unsere Zwecke geeigneten leeren Garderobe weitestgehend unbeachtet. Es dauert nicht lange und wir finden einen Raum, wo wir die Schachteln deponieren können. Während Wilsberg die Tür im Auge behält, durchsuche ich den Schrank. Als ich einen Kleiderbügel herausnehme und Wilsberg präsentiere, was ich Schönes gefunden habe, macht sich pures Entsetzen auf seinem Gesicht breit. »Das ziehe ich nicht an«, zischt er empört.
    »Du wirst hinreißend darin aussehen«, flöte ich. In dem Moment signalisiert er mir aufgeregt, dass jemand im Anmarsch ist. Schnell lasse ich die Sachen wieder im Schrank verschwinden.
    Ein Junge steckt den Kopf durch die Tür. »Habt ihr meinen Affen gesehen?«
    Wir schütteln beide gleichzeitig den Kopf und der Teenager verschwindet wieder.
    Erneut greife ich mir das Kostüm. »Ihr Auftritt, Al Bundy«, rufe ich leise und werfe Wilsberg die Klamotten zu.
    Doch er ist stur. Es kostet mich eine Menge Überredungskunst, bis ich ihn endlich so weit habe, dass er sich in das enge, rot-weiß gestreifte T-Shirt zwängt und die knapp bis unter seine Knie reichende und im Bund viel zu weite, karierte Hose anzieht. Er streift die Hosenträger über die Schultern und sieht auf seine Füße hinunter, die in Socken und Clownsschuhen stecken.
    »So geht das nicht«, sagt er unwillig.
    Ich fange an zu kichern.
    »Hör auf«, sagt Wilsberg.
    Doch ich kann nicht anders. Ich muss so lachen, dass ich mir die Hand vor den Mund schlage und in den Schrank klettere.
    »Mach dir nur nicht ins Höschen«, sagt er giftig.
    »Geht nicht«, sage ich. »Ich habe keins an.«
    Das rote Ganzkörperkondom, das ich trage, ist so eng, dass kein Slip mehr darunter gepasst hat.
    »Ich komme mir völlig verblödet vor«, schimpft er leise.
    »Du siehst zum Anbeißen aus«, versuche ich, ihn aufzumuntern.
    »Nie im Leben gehe ich so unter Leute.«
    »Du sollst so ja nicht auf die Straße.« Ich setze ihm eine Knollennase und eine rote Wuschelperücke auf. »So würde dich deine eigene Mutter nicht erkennen.«
    »So würde ich mich wahrscheinlich selbst nicht erkennen«, erwidert er.
    Auch ich ziehe mir eine Perücke über den Kopf, mit langen schwarzen Haaren, lege mir eine Federboa um die Schultern und werfe einen letzten Blick in den Spiegel.
    »Nicht schlecht«, sage ich, greife nach Wilsbergs Hand und ziehe ihn hinter mir her.
    »Das verzeihe ich dir nie«, sagt er bockig.
     
    In dem Trubel auf den Gängen fallen wir in unserer Verkleidung nicht weiter auf. Wilsberg hat allerdings ein Problem mit seinen Schuhen. Alle paar Sekunden stolpert er über seine Füße.
    Trotzdem gelingt es uns, jede Menge Türen zu öffnen. Wir landen bei einer Trapezkünstlerin, die sich gerade abschminkt und uns anfaucht zu verschwinden, finden eine Abseite, in der die Putzutensilien und das Handwerkszeug verstaut sind, entdecken die Toiletten, eine Treppe, die in den Keller führt, einen Raum, in dem die Heizung untergebracht ist. Und eine verschlossene Tür!
    »Die müssen wir aufbrechen«, sage ich zu Wilsberg.
    »Ich habe leider meinen Rammbock zu Hause vergessen«, knurrt er. »Mal davon abgesehen, dass diese Tür, sollte sie wirklich in den Club führen, garantiert mit einer Alarmanlage gesichert ist.«
    In dem Moment geht ein junger Mann im Blaumann an uns vorbei.
    »Entschuldigen Sie bitte«, rufe ich hinter ihm her. »Könnten Sie uns die Tür hier aufsperren?«
    Er bleibt stehen. »Brauchen Sie noch Requisiten?«
    »Requisiten?«, frage ich.
    Er nickt. Und mir fällt auf, dass er dichtes blondes Haar und sehr blaue Augen hat.
    »Wir brauchen keine Requisiten.« Ich klimpere mit den Wimpern und schenke ihm mein schönstes Lächeln. »Wir suchen den Eingang zum Club.« Mit dem Zeigefinger deute ich zur Decke. »Wir wollen für Herrn

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