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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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kommen können. Vor zwanzig Jahren, als ich ungefähr in Frankas Alter war, wäre mir das vielleicht auch gelungen. Inzwischen brauchte ich jeden Morgen ein bisschen länger, um den Schrecken des Tages ins Auge blicken zu können. Und manchmal, wie an diesem Morgen, glückte es gar nicht.
    Franka lächelte. »Ich werde mal diesen Lademann auftreiben.«
    Lademann würde sicher den Fehler begehen, Franka zu unterschätzen. Wer das tat, bekam es mit einem messerscharfen Verstand und einer gehörigen Portion Schlagfertigkeit zu tun. Und das war alles, worauf ich im Moment hoffen konnte.
     
    Eine halbe Stunde später saßen wir in Lademanns Büro. Petersen war heute nicht da, dafür eine Kriminalbeamtin mit quadratischer Kopfform und sehr kurzen blonden Haaren. Sie trug ihr Pistolenholster über dem Sweatshirt. Eine Gemeinsamkeit mit Petersen gab es dennoch, auch sie schwieg fast die ganze Zeit – während sie hauptsächlich Franka musterte.
    »Herr Wilsberg verhält sich sehr unkooperativ«, sagte Lademann. »Anstatt mit der vollen Wahrheit rauszurücken, tischt er uns irgendwelche wirren Theorien auf. Zum Beispiel, dass die Hilfsorganisation von Frau Reichweiler dazu genutzt würde, kubanische Prostituierte nach Deutschland zu schaffen. Wir haben uns die Mühe gemacht, dem nachzugehen, und sind auf keinerlei Hinweise im Zusammenhang mit gewerbsmäßiger Prostitution und Hanse-Theater gestoßen.«
    »Und wenn schon«, entgegnete Franka. »Es ist nicht verboten, Verdächtigungen zu äußern. Wenn Sie nicht mehr gegen meinen Mandanten vorzubringen haben, erwarte ich, dass Sie ihn sofort freilassen.«
    »Zuerst will ich wissen, wer die Frau in seiner Begleitung war«, konterte Lademann.
    »Da war keine Frau«, sagte ich.
    »Sie lügen. Sie wurden gesehen, wie Sie zusammen mit einer dunkelhäutigen Frau den Zauberladen verlassen haben.«
    »Wer hat mich eigentlich gesehen?«
    »Kemmers Angestellte.«
    Das erklärte wenigstens, warum Lademann so schnell auf mich gekommen war.
    »Zurück zu meiner Frage«, sagte Lademann. »Handelte es sich bei der Frau um Anna Ortega?«
    »Nein.«
    »Um wen dann?«
    »In der Langen Reihe laufen zu jeder Tages-und Nachtzeit eine Menge Menschen herum«, sagte ich. »Gelbe, weiße, braune und manchmal sogar violette. Möglich, dass mir dort eine dunkelhäutige Frau begegnet ist. Aber ich kann mich nicht an sie erinnern.«
    Lademann starrte mich an.
    »Haben Sie einen Beweis, dass Kemmer einen physischen Schaden erlitten hat?«, fragte Franka.
    Der Hauptkommissar schwenkte das Fadenkreuz seines Blickes langsam zu meiner Anwältin. »Was meinen Sie?«
    »Ohne Leiche kein Mord. Ist das nicht eine alte Kriminalistenregel?«
    »Das ist doch Unsinn«, fuhr Lademann auf. »In der Kiste und auf dem Boden befanden sich zirka zwei Liter Blut. Ein solcher Blutverlust ist für jeden Menschen tödlich.«
    »Schon mancher Totgeglaubte ist Jahre später wieder aufgetaucht.«
    »Das ist eine sehr gewagte Hypothese«, bemerkte Lademann.
    Franka lachte kurz auf. »Ihre ist nicht minder gewagt. Oder haben Sie irgendwelche Indizien oder Zeugen, mit denen Sie belegen können, dass mein Mandant Kemmer ermordet und die Leiche weggeschafft hat? Die Spurensicherung hat den Laden und das Hotelzimmer meines Mandanten gründlich untersucht. Ein derart blutiges Verbrechen hinterlässt zwangsläufig Spuren. Darf ich fragen, was Sie gefunden haben?«
    »Nicht das Geringste«, sagte die Kriminalbeamtin. Sie hatte eine dunkle, angenehme Stimme und schien sich nichts daraus zu machen, dass sie ihrem Chef in die Parade gefahren war.
    Lademanns Augen wurden einen Moment glasig, dann hatte er sich wieder im Griff. »Auch ohne Indizien …«
    »Entschuldigen Sie!«, unterbrach ihn Franka. »Das Einzige, was Sie meinem Mandanten vorhalten können, ist die Tatsache, dass er sich gestern Morgen gegen sieben Uhr im Zauberkasten aufgehalten hat. Aber das ist nicht strafbar.«
    »Kemmers Leiche liegt wahrscheinlich auf dem Grund der Elbe«, sagte Lademann in einem Ton, in dem bereits die Niederlage mitschwang. »Es kann Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis sie wieder an die Oberfläche kommt.«
    »Wollen Sie das der Staatsanwaltschaft vortragen?«, trumpfte Franka auf. »Und sich damit lächerlich machen?«
    Der Hauptkommissar blieb stumm.
     
    Vor dem Polizeipräsidium nahm ich Franka in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Danke. Wenn ich Kemmers Leiche nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, hättest du mich beinahe

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