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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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Auge wandert.
    »Wir waren frühstücken«, antworte ich leichthin und mustere unauffällig die Frau, die neben Wilsberg steht. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor.
    Ich sperre die Haustür auf und dirigiere meine Besucher die Treppe hoch in meine Wohnung.
    »Setzt euch«, sage ich im Wohnzimmer und deute auf die weiße Couch. »Ich mache Kaffee.«
    Als ich den Keramikfilter aus dem Schrank nehme, kommt Wilsberg in die Küche. »Was ist eigentlich mit deinem Handy los?«, fragt er und nun fällt mir auf, wie blass er ist. Ob vor Sorge oder vor Wut, kann ich nicht recht einschätzen.
    »Es ist kaputt.« Ich drehe mich zu ihm um. »Weißt du, als ich da ganz allein auf der Reeperbahn in meinem Auto saß, händeringend darauf wartete, dass mein geschätzter Kollege aus Münster auftauchen würde, hat so ein Gorilla versucht, mich aus dem Auto zu zerren. Dabei ist leider mein Handy zu Bruch gegangen.«
    »Das ist doch typisch«, schimpft Wilsberg leise. »Ich bin also wieder an allem schuld. Ich konnte nicht kommen. Die Polizei hat mich festgesetzt.«
    »Ach nein«, sage ich. »Und da konntest du mich nicht anrufen. Oder haben die Bullen kein Telefon? Trommeln die noch?«
    »Dein Freund, dieser Herr Lademann, hat mir mein Handy abgenommen …«
    »Ich breche gleich in Tränen aus. Du armer kleiner Kerl. Er hat dir einfach dein Spielzeug weggenommen?«
    »Pia. Es reicht!«
    »Tut es nicht«, gifte ich ihn an. »Anna hätte hopsgehen können. Reichweiler hat sie in eine Kiste gesperrt und gedroht, sie da so lange drinzulassen, bis sie blau anläuft, wenn sie ihm nicht erzählt, weshalb sie wirklich gekommen ist und wer sie geschickt hat. Eine Viertelstunde später wäre sie wahrscheinlich schon auf dem Weg in den nächsten Puff gewesen.«
    Wilsberg räuspert sich. »Das glaube ich nicht«, sagt er. »Lademann hat mir erzählt, dass es keinerlei Verbindungen zwischen Reichweiler beziehungsweise von Sandleben und dem Rotlichtmilieu gibt. Das Hanse-Theater liegt mitten auf St. Pauli. Der ganze Stadtteil wird von albanischen Zuhältern kontrolliert. Und die würden es kaum zulassen, dass ihnen da irgendeiner in ihrem eigenen Revier Konkurrenz macht.«
    »Wie dem auch sei«, sage ich. »Anna war auf jeden Fall in Gefahr.«
    »Und du hast sie dann gerettet«, fällt mir Wilsberg ins Wort.
    »Nein, Cornfeld hat sie gerettet. Und ich habe die beiden dann vor dem Theater aufgesammelt und in Sicherheit gebracht.«
    »Und dabei hat sich Cornfeld sein blaues Auge eingefangen.«
    »Genau«, sage ich. »Wie auch immer man es dreht, mein Lieber: Du hast dich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wir sind kein bisschen weitergekommen. Die ganze Aktion war ein voller Reinfall. Wenn es brisantes Filmmaterial von dem Abend gibt, dann ist es spätestens jetzt gelöscht oder in irgendeinem Safe verschwunden. Und wer ist überhaupt diese Frau, die du da angeschleppt hast?«
    Verdutzt sieht er mich an. »Das ist Franka Holtgreve, meine Rechtsanwältin. Hast du sie nicht schon einmal in Münster gesehen?«
    »Und die hast du extra kommen lassen?«
    »Ganz recht. Wenn ich in juristischen Schwierigkeiten stecke, lasse ich sie immer kommen. Schließlich ist sie meine Anwältin. Und eine ziemlich clevere dazu.«
    Ich verziehe das Gesicht.
    »Magst du sie nicht?«
    »Ich kenne sie doch gar nicht.«
    Wilsberg greift nach meinem Arm und zieht mich an sich. »Lass uns aufhören zu streiten. Ja?«
    Nur pro forma leiste ich Widerstand. Allerdings keinen allzu großen. Auf jeden Fall nicht genügend, um zu verhindern, dass er mir eine Haarsträhne hinters Ohr streicht, mit seinen Lippen meine Stirn, meine Nasenspitze, meinen Mund berührt. »Ich habe mir wahnsinnige Sorgen gemacht. Ich hatte wirklich Angst, dir wäre etwas passiert. Das hätte ich nicht …«
    Sacht verschließe ich seine Lippen mit meinem Mund. Und küsse ihn, lasse mich gegen seinen Oberkörper sinken, umschlinge ihn mit beiden Armen und genieße dieses Gefühl unendlicher Geborgenheit – da ertönt eine scharfe weibliche Stimme hinter uns.
    »Ist der Kaffee immer noch nicht fertig?«
    Wilsberg und ich fahren auseinander. Franka Holtgreve steht in der Tür und mustert mich mit dem Blick einer gereizten Raubkatze. Und eins ist sofort klar: Das ist ganz bestimmt nicht der Anfang einer wunderbaren Frauenfreundschaft.
     
    Ein paar Minuten später trage ich vier dampfende Kaffeebecher ins Wohnzimmer. Cornfeld ist gerade dabei, Wilsberg und Franka von seinen Heldentaten zu berichten. Anna, die

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