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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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neben Cornfeld sitzt, und zwar sehr nah neben ihm sitzt, hängt geradezu an seinen Lippen. Er ist an der Stelle, als er in die Clubräume stürmte und mit Reichweilers Faust kollidierte. Danach ging er kurz zu Boden, rappelte sich wieder hoch und konnte seinen Angreifer mit einem gezielten Faustschlag gegen das Kinn außer Gefecht setzen. Kaum war der Gegner erledigt, eilte unser junger Held zum Holzkasten und befreite die liebe Anna. Damit findet Cornfelds Geschichte ihr heroisches Ende. Beglückt strahlt er Anna an, die seinen Blick aufs Innigste erwidert. Was für ein schönes Paar. Wenn man mal von Cornfelds ramponierter Physiognomie absieht.
    Amüsiert nippe ich an meinem Kaffee und beobachte Wilsberg. Tja, im Moment sieht es so aus, als ob die Anna-Front am Bröckeln wäre. Meinem Assistenten sei Dank. Wilsberg bemüht sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, dennoch kann er nicht verhehlen, dass ihm diese Entwicklung nicht wirklich behagt.
    Aber wo Cornfeld dran ist, da ist er auch bald drin, denke ich bösartig.
    »Cornfeld«, sage ich. »Haben Sie eigentlich noch etwas wegen Reichweilers Zuhälterambitionen herausgefunden?«
    »Nein. Nichts. Überhaupt gar nichts. Ich habe noch drei weitere Taxifahrer interviewt und ein halbes Dutzend Wirte. Niemand hat je etwas von einem Puff mit kubanischen Frauen auf dem Kiez gehört. Auch nicht gerüchteweise.«
    Wilsberg wirft mir einen ironischen Blick zu. Seiner Meinung nach ist mit Lademanns Erkenntnissen die Mädchenhändler-These längst vom Tisch.
    Es klingelt. Widerwillig erhebe ich mich, mache mich auf den Weg in den Flur und öffne die Tür. Aber da ist niemand. Vielleicht Kinder, die sich einen Scherz erlaubt haben.
    Ich will schon wieder gehen, als ich den kleinen, braunen Briefumschlag doch noch sehe. Mitten auf meinem Fußabtreter. Pia Petry steht in großen dunkelblauen Blockbuchstaben darauf. Sonst gar nichts. Kein Absender, keine Adresse, nichts. Mit spitzen Fingern hebe ich den Umschlag hoch und lausche. Tickt da etwas? Ist da eine Briefbombe drin?
    Zurück im Wohnzimmer schwenke ich den Briefumschlag gut sichtbar für alle über dem Kopf. »Anonyme Post. Tickt aber nicht.«
    Sofort gehört mir die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Cornfeld kann sich sogar von Annas Anblick losreißen. »Seien Sie bloß vorsichtig«, sagt er und steht auf.
    Auch Wilsberg wirkt beunruhigt. »Zeig mal.« Er nimmt mir den Umschlag aus der Hand. Erwartungsvoll und angespannt stehen wir um ihn herum.
    »Ihr geht jetzt alle mal raus«, übernimmt Wilsberg das Kommando. »Es reicht, wenn einer verletzt wird.«
    »Spiele nur nicht den Helden«, sage ich und mich beschleicht der Verdacht, Wilsberg will Cornfeld seinen Rang als Frauenretter und Heilsbringer streitig machen. »Ich habe mal gelesen, dass Briefbombenbauer den Auslöser so anbringen, dass man ihn beim Öffnen des Briefes aktiviert. Und sie positionieren den Auslöser dort, wo man normalerweise einen Brief öffnet. Nämlich an der Längsseite«, doziere ich.
    »Das weiß ich!«, erwidert Wilsberg gereizt. »Seid ihr so lieb und geht jetzt bitte in den Flur.«
    Mangels einer Alternative verziehen wir uns auf den Gang.
    »Tür zu«, ruft Wilsberg und dann hören wir erst einmal nichts mehr.
    »Vielleicht sollten wir vom Eingang weggehen«, sagt Cornfeld, als Wilsbergs Stimme wieder ertönt: »Ihr könnt reinkommen.«
    Vorsichtig schiebe ich die Tür auf. »Alles okay?«
    »Alles okay!«
    Er hält eine kleine silberne Scheibe in einer durchsichtigen Plastikhülle hoch. »Gibt es hier einen DVD-Player?«
    »Aber klar doch«, sage ich und nehme ihm die Disc aus der Hand.
     
    Der Film startet mitten in einer Zaubervorführung, die im Theater der Zauberloge stattfindet. Das erkenne ich an den verspiegelten Wänden, den vor der Bühne aufgebauten Tischen und Stühlen, dem ausladenden Lüster und dem roten Samtvorhang. Alle Plätze sind besetzt und schwarz gekleidete Kellner zwängen sich mit schwer beladenen Tabletts durch die enge Bestuhlung.
    Mitten auf der Bühne steht Isabel Ortega in einem knappen silbrigen Glitzerbikini, von mehreren Scheinwerfern dramatisch angeleuchtet. Neben ihr befindet sich ein großes, mit Wasser gefülltes Glasbassin. Der Magier, ein dunkelhaariger, korpulenter Mann im roten Frack, fesselt sie mit einem Seil, das er ihr um die Fußknöchel, die Knie, die Hüfte, die Schultern und den Hals schlingt. So verknotet, kann sie sich nicht mehr rühren. Ein Zuschauer wird auf die Bühne gebeten,

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