Todeszauber
überzeugt.«
»Gern geschehen.« Franka verzog das Gesicht zu einem aufmunternden Grinsen. »Wohin zuerst?«
»Zu Pias Büro. Nach Pöseldorf.«
Zehn Minuten später kurvten wir an der Außenalster entlang.
Während Franka den Anweisungen ihres Navigators folgte, versuchte ich, Pia oder Anna ans Handy zu bekommen. In beiden Fällen erzählte mir eine mechanische Frauenstimme, dass sie vorübergehend nicht erreichbar seien. Bei Pias Wohnungsanschluss sprang der AB an und Cornfelds Nummer hatte ich leider nicht gespeichert. Es war zum Verzweifeln.
»Nicht schlecht«, sagte Franka. »Hat Pia einen reichen Papa?«
»Wieso?«
Sie deutete auf die hellen Jugendstilvillen, die den Straßenrand säumten. »Wer hier wohnt, dürfte keine Geldprobleme haben.«
»Oder hat gerade deswegen welche.«
Mit einem zischenden Geräusch sog Franka Luft ein. »Hätte ich mir denken können, dass die Frau über ihre Verhältnisse lebt.«
»Im Moment interessiert mich mehr, ob sie überhaupt lebt«, sagte ich eine Spur barscher, als ich beabsichtigt hatte. Prompt war Franka eingeschnappt.
Nach einigen langen Schweigesekunden entdeckte ich das Haus, in dem sich die Büroräume der Agentur P-Quadrat befanden. An einen regulären Parkplatz war natürlich nicht zu denken. Wir hielten mit eingeschaltetem Warnlicht in der zweiten Reihe und hasteten zum Eingang hinauf. Die Klingel war zu hören. Aber sie brachte niemanden dazu, die Tür zu öffnen.
»Was hast du erwartet?«, fragte Franka. »Wenn sie da wären, würden sie ans Telefon gehen.«
»Und was schlägst du vor?«, fuhr ich sie an. »An die Alster setzen und Schiffe zählen?«
»Okay.« Sie seufzte. »Was jetzt?«
»Pias Wohnung in Eppendorf.«
»Und wenn sie da auch nicht sind?«
»Fahren wir zu Lademann zurück und erzählen ihm alles. Franka, diese Leute haben drei Menschen auf dem Gewissen …«
»Das vermutest du nur.«
»Es ist eine begründete Annahme. Und wer drei Menschen töten kann …«
»… lässt auch die nächsten drei einfach verschwinden«, ergänzte Franka ironisch. »Übertreibst du nicht ein bisschen, Georg? Wenn ihr recht habt, sind das keine durchgeknallten Psychos, sondern gestandene Geschäftsleute. Oder habe ich was falsch verstanden?«
Von der Straße drang ein empörtes Hupkonzert zu uns herauf.
»Nach Eppendorf!«, sagte ich.
Auf der Husumer Straße in Eppendorf war die Parkplatznot ähnlich groß wie in Pöseldorf. Immerhin gab es in einer Nebenstraße ein paar freie Plätze im eingeschränkten Halteverbot. Doch noch bevor wir die Haustür erreichten, zerbröselte der Rest Hoffnung, den ich mir eingeredet hatte. Pia war nicht der Typ, der sich in seiner Wohnung verschanzte und nicht ans Telefon ging. Irgendetwas Furchtbares musste passiert sein. Wahrscheinlich war Annas Legende aufgeflogen oder jemand hatte ihr Funkgerät entdeckt. Und anstatt die Polizei zu rufen, hatten Pia und Cornfeld versucht, ihr zu helfen. Und sich damit selbst ausgeliefert.
Ich drückte auf die Klingel. Drei Mal. Nichts.
»Lademann?«, fragte Franka.
Wäre ich bei klarerem Verstand gewesen, hätte ich den schwarzen BMW auf der anderen Straßenseite schon viel früher bemerkt. Denn der BMW gehörte Pia. Sie war also gar nicht zum Hanse-Theater gefahren. Oder anschließend wieder zurück.
Während ich noch darüber nachdachte, was das bedeutete, richtete sich hinter dem BMW ein Mann auf. Nicht allzu groß, mit jugendlicher Statur, schwarzen Haaren und olivfarbener Haut. Offenbar ein Latino. Der Mann schaute sich um, als wollte er sich vergewissern, dass ihn niemand beobachtete. Er reagierte sofort, als sich unsere Blicke kreuzten. Wie jemand, der ertappt worden war, entfernte er sich mit schnellen Schritten.
»He!«, rief ich über die Straße. »Sie da!«
Der Latino begann zu joggen und bog in die nächste Seitenstraße ein. Sinnlos zu versuchen, ihn zu verfolgen, er würde mich locker abhängen.
»Georg!«, sagte Franka.
Ich schaute dem Latino hinterher. »Was ist?«
»Dreh dich mal um!«
Auf dem Bürgersteig näherten sich drei Menschen, die sich angeregt unterhielten. Pia, Cornfeld und Anna. Pia und Anna schienen die letzte Nacht unversehrt überstanden zu haben. Nur Cornfeld nicht. Auf seinem rechten Auge blühte ein violettes Veilchen.
24
Pia Petry bekommt anonyme Post
»Was freue ich mich, dich zu sehen. Wo ich doch schon seit Stunden versuche, dich zu erreichen«, knurrt Wilsberg, während sein Blick immer wieder zu Cornfelds geschwollenem
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