Todeszauber
zurückgekommen ist.
»In der Küche. Ich habe ihr ein Glas Wasser gegeben.«
Doch in der Küche ist sie nicht. Auch nicht im Bad und nicht im Schlafzimmer.
»Anna ist nicht mehr da!«, rufe ich, laufe in den Hausflur hinaus und beuge mich über das Treppengeländer. Weit und breit ist niemand zu sehen und niemand zu hören. Wilsberg und Cornfeld folgen mir.
Ich drehe mich zu ihnen um. »Sie ist weg!«
25
Wilsberg weiß nicht, was er glauben soll
Bevor Franka nach Münster zurückfuhr, setzte sie mich vor meinem Hotel in der Langen Reihe ab. Anna war nicht wieder aufgetaucht. Wir hatten darüber diskutiert, ob wir sie suchen sollten. Oder ob es nicht verständlich sei, dass sie eine Weile allein sein wollte. Schließlich hatte sie den Tod ihrer Schwester miterleben müssen.
»Ich kümmere mich um Anna«, sagte Cornfeld und stand auf.
»Und wo wollen Sie suchen?«, fragte Pia.
»Wenn ich das wüsste, wäre es keine Suche«, gab ihr Assistent zurück und stiefelte zur Tür.
Da waren wir nur noch drei.
»Tut mir leid, dass ich euch nicht helfen kann«, sagte Franka, »aber ich habe Termine in Münster. Ich muss dringend zurück.«
Ich schaute zu Pia. Der brüske Abgang ihres Assistenten hatte eine Zornesfalte auf ihrer Stirn hervorgerufen. Das nächste Zusammentreffen der beiden würde sicher nicht sehr harmonisch verlaufen.
»Wir sollten mit dem Wirtschaftssenator reden«, schlug ich vor.
Pia kehrte aus ihren Gedanken zurück. »Und was versprichst du dir davon?«
»Er kann dem Spuk ein Ende bereiten. Wenn wir ihn zwingen, gegen Reichweiler und seine Freunde auszusagen, werden nicht nur die Morde aufgeklärt, auch Anna und wir sind dann aus dem Schneider. Solange Reichweiler glaubt, damit durchzukommen, stehen wir möglicherweise alle auf der Abschussliste.«
Pias Augen verengten sich. »Du denkst …«
»Was glaubst du denn? Dass ihr Reichweiler entkommen seid, bedeutet doch nicht, dass er sich eingräbt und auf die Lawine wartet. Er wird etwas unternehmen und dem müssen wir zuvorkommen.«
Mir fiel der junge Latino ein, der sich an Pias Auto zu schaffen gemacht hatte. Aber vielleicht sah ich auch Gespenster.
»Warum geht ihr nicht mit der DVD zu Lademann?«, fragte Franka.
»Weil ich dem Kerl nicht traue«, sagte ich. »An Reichweiler wollte er sich schon nicht die Finger verbrennen. Das wird bei Rosenberg nicht anders sein.«
»Die DVD ist ein Beweis, der sich nicht leugnen lässt.«
Ich winkte ab. »Irgendein Fachmann wird sich finden, der behauptet, wir hätten das zusammengeschnitten oder am Computer manipuliert. Videoaufnahmen sind heutzutage genauso wenig ein Beweis wie Fotos.«
»Georg hat recht. Wir müssen den Wirtschaftssenator dazu bringen, die Wahrheit zu sagen«, sagte Pia und ging zum Drucker. »Und das Standfoto kann uns vielleicht dabei helfen. Wir können zumindest einmal testen, wie Rosenberg darauf reagiert.«
Danach schnappte sie sich das Telefonbuch und hatte ein paar Minuten später die persönliche Referentin des Senators am Ohr. Die Erwähnung von Isabel Ortegas Namen wirkte ähnliche Wunder wie einige Tage zuvor bei Reichweiler, noch für den späten Vormittag gewährte uns Rosenberg eine persönliche Audienz. Bis dahin hatte ich gerade noch Zeit, mich zu duschen und die Kleidung zu wechseln.
Als ich die Tür zur Hoteletage öffnete, stand Daniela Hansen schon im Flur. Innerlich machte ich mich darauf gefasst, dass sie meinen sporadischen Aufenthalt in ihrer Herberge mit einem Rauswurf beenden würde. Die Polizei anzulocken, war ein Vergehen, das man sich als Hotelgast normalerweise nicht erlauben durfte.
Ich zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid …«
Sie kam näher und betrachtete mich mit einem Blick, der mir beinahe fürsorglich erschien. »Man hat Ihnen doch nichts getan?«
»Nein, ich …«
»Die Hamburger Polizei ist unmöglich.« Sie warf den Kopf in den Nacken. »Hier im Viertel war früher einiges los. Demonstrationen, Straßenschlachten. Und ich mitten dabei. Ich kann Ihnen sagen, ich habe schon mehr als einen Polizeiknüppel abbekommen.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Ich war früher eine ganz Wilde. Aber das ist lange her.« Das Lächeln verschwand von ihrem Gesicht und sie wurde ernst. »Sie haben sich doch hoffentlich gewehrt?«
»Klar. Sicher. Aber …« Ich zeigte auf meine Zimmertür. »Ich muss gleich wieder weg. Und vorher …«
»Wir können ja später weiterreden«, rief sie mir nach.
Ich schloss die Tür von innen ab und lehnte mich
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