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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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nahm Handy und Schlüssel aus den Taschen und reichte die Jacke der Assistentin, die sie auf den Fensterrahmen legte.
    Was jetzt kam, war voraussehbar. Beim nächsten Öffnen der Tür trug von Sandleben meine Jacke, beim übernächsten wieder nicht mehr. Und die ganze Zeit war er, wie er uns demonstrierte, in der Zwangsjacke gefesselt.
    Allmählich fragte ich mich, worauf der Abend hinauslaufen sollte. Hatte von Sandleben nichts Schlimmeres vorgehabt, als Pia mit ein paar lauwarmen Kunststücken für sich zu begeistern? Und wann war der Zeitpunkt gekommen, den Spieß umzudrehen und dem Meister unsere Show aufzuzwingen? Schließlich hatten wir den weiten Weg ins Alte Land unternommen, um ein paar Antworten auf unsere Fragen zu bekommen.
    »Ich habe das Gefühl, Sie sind immer noch skeptisch, Herr Wilsberg«, wandte sich von Sandleben an mich. »Vielleicht möchten Sie mir bei der folgenden Nummer aus der Nähe zusehen?«
    »Nein, danke«, gab ich zurück. »Hier auf dem Sofa ist es gemütlicher.«
    »Haben Sie etwa Angst? Soll Frau Petry Ihren Part übernehmen?«
    Ich seufzte und stand auf.
    »Na also!«, lachte von Sandleben. »Es geht doch.«
    Ich kletterte in das Geisterhaus und schaute mich um.
    »Suchen Sie nach geheimen Öffnungen?« Er grinste. »Wissen Sie, als Magier muss man immer einen Plan B haben. Für den Fall, dass etwas schiefgeht.«
    »Und was war Plan A?«
    »Mein Plan A sah vor, dass ich einen netten Abend zu zweit verbringe. Mit Frau Petry. Aber dann kamen Sie. Deshalb sehe ich mich gezwungen, eine kleine Korrektur vorzunehmen.«
    Er machte eine Bewegung mit dem rechten Bein. Unter mir öffnete sich der Boden. Kunstnebel schoss hoch. Und dann fiel ich.

30
    Pia Petry sieht Gespenster
    Wilsberg hat sich in Luft aufgelöst. Einfach so. Die Nebelschwaden lichten sich und es ist eindeutig: Das Geisterhaus ist leer. Mir bricht der kalte Schweiß aus. Was soll das? Ein Gag? Ein Trick? Oder wird es jetzt ernst? Erschrocken fahre ich herum, als von Sandleben plötzlich neben mir auftaucht. Genauso unerwartet wie er gerade mit meinem Kollegen von der Bühne verschwunden ist.
    »Wo ist Wilsberg?«
    »Den habe ich weggezaubert. Das mache ich immer so mit unliebsamen Gästen. Schließlich hatte ich den Kerl nicht eingeladen.«
    Ich springe hoch. »Ich will jetzt sofort zu …«
    »Von dort, wo sich Ihr Freund im Moment aufhält«, sagt von Sandleben, »braucht er ungefähr fünf Minuten, bis er wieder bei uns ist.«
    Dann greift er nach meinem Arm, zieht mich auf das Sofa zurück und deutet auf die Bühne. »Schauen Sie.«
    Zu meinem Erstaunen tauchen Reichweiler und Isabel in dem klapprigen Holzhaus auf. Als durchsichtig geisterhafte Erscheinungen, die mich an meinen ersten Besuch bei von Sandleben erinnern, als ich mich selbst als Projektion aus der Toilette kommen sah. Die beiden stehen neben von Sandlebens Edelstahlwaschbecken, umschlingen sich, küssen sich. Isabel löst sich aus der Umarmung, entfernt sich ein paar Schritte. Reichweiler folgt ihr, greift nach ihren Schultern, vergräbt sein Gesicht in ihrem dichten langen Haar. Die üblichen neckischen Spiele verliebter Menschen. Dann legt er zärtlich beide Hände auf ihren Bauch und sie legt ihre Hände auf seine. Dieses Bild friert ein. Erneut schießt Nebel hoch, und als er sich verflüchtigt, sind die Gespenster verschwunden.
    Ganz langsam drehe ich mich zu von Sandleben. »Wo sind diese Aufnahmen gemacht worden?«
    »In meinem Haus.«
    Womit immerhin geklärt wäre, wie Isabels Ohrring in von Sandlebens Abfluss geraten ist.
    »Hatten Sie nicht gesagt, Isabel wäre nie hier gewesen?«
    Von Sandleben zuckt mit den Achseln. »Wie schon gesagt, ich kannte sie unter dem Namen Valentina«, sagt er. »Und eingeladen habe ich die beiden auch nicht.«
    »Wie kamen sie dann hier rein?«
    »Reichweiler hat einen Schlüssel zu meinem Haus. Offensichtlich hat er in meiner Abwesenheit davon Gebrauch gemacht.«
    »Und Ihre Überwachungskameras haben die beiden aufgezeichnet?«
    Von Sandleben nickt.
    »Das war doch nicht nur eine Affäre«, sage ich. »Die beiden waren ein Paar. Ein Liebespaar. Und Isabel war von Reichweiler schwanger. Was der auch wusste. Denn offensichtlich freute er sich auf das Kind.«
    Mein Gegenüber lächelt anerkennend. »Sie sind eine Frau, Sie spüren so etwas.«
    Macht er sich über mich lustig oder will er mir damit etwas sagen?
    »Wie meinen Sie das?«, frage ich irritiert.
    »Nun. Frau Reichweiler hat diese Szene genauso

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