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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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interpretiert wie Sie.«
    »Frau Reichweiler? Wann hat sie das denn gesehen?«
    »Ich habe die Zaubernummer, die ich Ihnen gerade vorgeführt habe, auch im Club präsentiert, wo wir sie aufgezeichnet haben. Ich war dann so frei, Frau Reichweiler eine DVD zukommen zu lassen.«
    So ein Drecksack, denke ich. Der manipuliert nicht nur auf der Bühne, der manipuliert auch im wahren Leben.
    »Macht es Ihnen Spaß, Leute gegeneinander auszuspielen?«, fahre ich ihn an. »Verschicken Sie gerne DVDs? Auch von Zaubernummern, die schiefgehen? Bei denen zum Beispiel junge Frauen in Wasserbehältern ertrinken?«
    Von Sandleben verzieht das Gesicht. »Valentina, ich meine Isabel, ist nicht ertrunken. Aber das wissen Sie doch längst. Oder etwa nicht? So weit sind doch sogar Ihre Ermittlungen schon gediehen.«
    Täusche ich mich oder schwingt da eine große Portion Herablassung mit? Dieser Mann wird mir von Sekunde zu Sekunde unsympathischer. Wo ist das jungenhafte, leicht naive Wesen geblieben, wo sein Charme und seine Unbedarftheit. Alles nur gespielt? Alles nur Show?
    Mir fällt auf, dass Wilsberg immer noch nicht da ist. »Wo ist Georg?«, frage ich. »Er müsste doch längst zurück sein!«
    Von Sandleben sieht auf die Uhr. »Eine Minute wird er wohl noch brauchen.«
    Das dauert mir zu lang. Ich stehe auf und will mich an ihm vorbeidrängen, um selbst nach Wilsberg zu suchen, als ich die Stimme meines Kollegen höre. Laut fluchend kommt er ins Zimmer gestürzt.
    »Sie sind wohl völlig irre geworden!«, geht er auf von Sandleben los. »Ich hätte mir alle Knochen brechen können. Unter dieser Falltür war nichts weiter als ein winziger, völlig verdreckter Strohsack. Meine Hüfte fühlt sich an, als wäre sie in tausend Stücke zersplittert.«
    »Das tut mir leid. Ich hatte nicht bedacht, dass Sie doch etwas mehr Gewicht auf die Waage bringen als ich. Das nächste Mal lege ich Ihnen noch einen zweiten Sack dazu.«
    Eine Erklärung, die Wilsberg nicht wirklich besänftigt. Schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass er von oben bis unten mit Spinnweben, Ruß und undefinierbaren Schmutzresten, die einen unguten Geruch verströmen, bedeckt ist. Während ich ihm mit der flachen Hand die Spinnenweben von der Jacke wische, dröhnt Let’s get loud aus meiner Abendtasche.
    Auf dem Display des Telefons leuchtet die Nummer meines Assistenten auf. Nachdem ich den grünen Knopf gedrückt habe, höre ich nichts weiter als ein Ächzen und Stöhnen. Und im Hintergrund seltsame Piepsgeräusche.
    »Ich glaube, das ist Cornfeld«, sage ich. »Meldet sich aber nicht. Keine Ahnung, was das soll …«
    Verunsichert reiche ich Wilsberg das Telefon. Während er es sich ans Ohr drückt, versuche ich, von der anderen Seite mitzuhören.
    »Da ist so ein komisches Vogelgezwitscher im Hintergrund«, stellt Wilsberg fest.
    »Ja, aber auch so seltsame Schleifgeräusche …«
    »Hallo!«, ruft Wilsberg. »HALLO! Ist da jemand?«
    Er bekommt keine Antwort. Von Sandleben, der uns die ganze Zeit beobachtet hat, streckt die Hand nach dem Mobiltelefon aus.
    »Darf ich mal?«
    Wilsberg zögert. Wir tauschen einen kurzen Blick, dann gibt er von Sandlebens Bitte nach.
    Mit ausdrucksloser Miene konzentriert sich unser Gastgeber auf die Geräusche, die immer noch aus dem Handy dringen. Sogar mit Abstand können wir das Gekreische der Vögel hören. Schließlich reicht von Sandleben Wilsberg das Telefon zurück.
    »Die Verbindung ist unterbrochen«, blafft mein Kollege ihn an. »Das waren Sie.«
    »Nein, das war ich nicht«, antwortet von Sandleben und legt zum ersten Mal am heutigen Abend diese unerträgliche Attitüde aus Überheblichkeit und Arroganz ab. »Ich glaube, ich weiß, wo Ihr Assistent ist.«
    Erstaunt sehen wir ihn an.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, frage ich. »Ist das Gedankenübertragung? Oder eine Form von spiritueller Visualisierung?«
    Von Sandleben schüttelt den Kopf. »Nein. Das nicht gerade. Aber die Vögel, die im Hintergrund zu hören waren, sind Keas, neuseeländische Bergpapageien. Eindeutig zu erkennen, weil sie ihren eigenen Namen rufen. Sie sind vom Aussterben bedroht und sehr schwierig zu beschaffen. Soweit mir bekannt ist, hat Frau Reichweiler ein solches Pärchen.«
    »Wie sehen die aus?«, frage ich.
    »Relativ klein, mit olivgrünem Federkleid und hakenförmigen Schnäbeln.«
    »Die Vögel sind nicht bei Frau Reichweiler«, widerspricht Wilsberg. »Die sind in den Räumen Ihres Zauberclubs. Dort haben wir sie nämlich

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