Todeszauber
an, bevor ich begreife, was ich da sehe. Florian von Sandleben auf einer schneeweißen Jacht im Hamburger Hafen. Darüber die Schlagzeile: Renommierter Hamburger Reeder erwirbt Aktienpaket der HHLA. Ich setze die Kaffeetasse wieder ab und überfliege den Artikel. Von Sandleben hat tatsächlich den Zuschlag für ein Aktienpaket in Höhe von 500 Millionen Euro erhalten. Der Bürgermeister betont, wie wichtig es ihm gewesen sei, ein Aktienpaket dieser Größenordnung in den Händen eines Hamburger Traditionsunternehmens zu wissen.
»Dass ich nicht lache«, sage ich laut. In dem Moment kommt Wilsberg herein.
»Stürzenbecher hat angerufen«, sagt er und setzt sich leise stöhnend auf einen Küchenstuhl. Offensichtlich tut die gebrochene Rippe ziemlich weh. »Und jetzt habe ich ein Problem.«
»Wieso?«
»Sie haben die Trickwaffe, mit der Monetti ermordet worden ist, von einem Spezialisten untersuchen lassen. Und das Ergebnis ist eindeutig. – Es war tatsächlich ein Unfall.«
»Oh!«, sage ich. »Dann ist Monetti gar nicht ermordet worden.«
Wilsberg nickt. »Und das muss ich jetzt Anna beibringen. Die so felsenfest davon überzeugt ist, dass ihr Mann umgebracht wurde.«
»Aber wenn Monettis Tod ein Unfall war, wer hat dann Kemmer getötet und seine Leiche entsorgt?«
»Da tippe ich immer noch auf Reichweiler!«, sagt Wilsberg. »Aber so genau werden wir das wohl nie erfahren.«
»Wahrscheinlich genauso wenig, wie wir klären werden, wer die Polizei nach Isabels Ermordung angerufen hat«, sage ich. »Obwohl ich da ja auf Nicolás tippen würde.«
»Könnte ich mir auch vorstellen«, sagt Wilsberg und greift nach einem der Brötchen.
»Immerhin habe ich heute schon etwas herausgefunden. Manchmal reicht es, wenn man einfach nur Zeitung liest«, sage ich und deute auf das aufgeschlagene Hamburger Abendblatt. »Von Sandleben hat ein Aktienpaket der HHLA im Wert von 500 Millionen Euro erworben.«
Wilsberg schmiert Butter auf seine Brötchenhälfte. »Wo hat der denn so viel Geld her?«
»Ich schätze, von Gerassimov.«
»Du meinst, von Sandleben macht den Strohmann für den Russen?«
Ich nicke und deute auf das Foto. »Wahnsinn, wie der die Leute einwickelt. Dem nimmst du doch problemlos den netten, seriösen Unternehmer …« Mitten im Satz breche ich ab.
»Was ist?«, fragt Wilsberg und versenkt einen kleinen silbernen Löffel im Marmeladenglas.
Ich deute wieder auf das Foto. Diesmal aber nicht auf von Sandleben, sondern auf die schwarze Schrift am Bug der Jacht.
»Da steht G. Balsamo. «
Wilsberg zuckt mit den Schultern. »Und?«
»Giuseppe Balsamo! Klingelt da nicht was bei dir?«, versuche ich, ihm auf die Sprünge zu helfen. »Berühmt geworden als … Na?«
Endlich fällt bei ihm der Groschen. »… als Graf von Cagliostro?«, fragt er.
»Genau! Von Sandleben ist unglaublich«, seufze ich. »Er hat wahrscheinlich gemerkt, dass Reichweiler versuchte, mithilfe dieser Erpressung an das Aktienpaket zu kommen, und ihm mit dem gezielten Verschicken von kompromittierenden DVDs die Suppe versalzen. Um letztendlich selbst in den Besitz der Aktien zu gelangen.«
Mein Telefon klingelt. Ich laufe in mein Arbeitszimmer und nehme ab.
Cornfeld hält sich nicht mit langem Vorgeplänkel auf. »Machen Sie mal Ihren Computer an und gehen Sie auf die Seite www.einHerzfuerexotischeTiere.de«, fordert er mich auf.
Ich rufe nach Wilsberg, bedecke aber vorher die Sprechmuschel mit der Hand, da ich jede Diskussion zum Thema Warum hat Wilsberg schon wieder bei Ihnen übernachtet? Und wo genau hat er genächtigt? vermeiden möchte.
Dann starte ich meinen Mac. Als sich die Seite aufbaut, bleibt mir der Mund offen stehen. Zu sehen sind die Zauberlehrlinge bei einem ihrer ausgefallenen Diners. Wie sie in ihren feinen Anzügen und Fracks an kleinen Tischen sitzen und sich frittierte Heuschrecken, gesottene Fledermäuse und gedünstete Schlangen munden lassen. Sowohl die Gesichter einiger prominenter Hamburger als auch die Gerichte, die da serviert werden, sind deutlich zu erkennen.
Wilsberg, der mittlerweile neben mir steht, ist genauso baff wie ich.
»Wie haben Sie das gemacht?«, frage ich meinen Assistenten und stelle das Telefon auf laut.
Cornfelds Stimme ist ein gewisser Stolz anzuhören, der allerdings auch berechtigt ist. »Ein Kumpel von mir kennt sich ganz gut mit Computern aus. Der hat die letzten Tage abends in seinem Auto vor dem Hanse-Theater verbracht und sich in das WLAN-Netz mit der Kamera, die in der
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