Todeszauber
lächelte auf seine grimmige Art und trat vom Pferd zurück.
»Lassen Sie sich von Ihrem Chef ja nicht kopfscheu machen«, sagte er energisch. »Ich will wissen, was aus Jeff Anderson geworden ist. Außerdem habe ich auch meine Beziehungen in Brisbane.«
Er kletterte in den Wagen, knallte die Tür zu und winkte.
Bony wurde noch einmal eine volle halbe Stunde aufgehalten – wegen einer Ameisenschlacht. Als er schließlich beim Gattertor eintraf, war Sergeant Blake bereits mit dem Wagen angekommen. Blake saß an einem Lagerfeuer und bereitete Tee. Zwei Hunde, die an Bäumen festgebunden waren, meldeten lautstark Bonys Erscheinen.
»Mit den Hunden hat es also geklappt, Sergeant?«
»Zwei ziemliche Stromer, die praktisch zu nichts zu gebrauchen sind als zur Karnickeljagd«, erwiderte Blake skeptisch.
»Für meinen Zweck sind sie gerade richtig.«
»Sie werden Mühe haben, daß sie Ihnen nicht davonlaufen.«
»Ich werde Ihnen gleich zeigen, wie ich diese Hunde an mich gewöhne. Übrigens, Blake – ich werde Sie in meinem Bericht lobend erwähnen. Ein guter Kollege ist zwar ganz schön, aber mir gefällt vor allem ein Mann, der weiß, worauf es im Augenblick ankommt. Und Sie machen gerade in dem Augenblick Tee, in dem er dringend benötigt wird.«
Das Lächeln, das bei Bonys Worten auf dem Gesicht Blakes erschienen war, verschwand wieder. Der Mischling füllte sich seinen Becher und bediente sich aus der Zuckerdose des Sergeanten. Blake stopfte seine Pfeife. Bony drehte sich einige Zigaretten.
»Der Fall wird immer interessanter«, sagte Bony bedächtig. »Alle großen Kriminalisten würden bei diesem Fall hilflos im Sand steckenbleiben, sowohl im übertragenen wie auch im wortwörtlichen Sinn. Dieser Fall kann praktisch nur von mir gelöst werden. Ich kenne mich zwar in der Großstadt aus, aber hier im Busch befinde ich mich in meinem natürlichen Element. Wie ein offenes Buch liegt der Busch vor mir. Dieses Buch ist allerdings sehr umfangreich, und es dauert manchmal eine Weile, bis ich die Seite gefunden habe, die mich im Augenblick gerade interessiert. Deshalb ist die Zeit mein stärkster Verbündeter.«
»Morgen geht Ihr Urlaub zu Ende, oder?«
»Deshalb mache ich mir keine Sorgen, Sergeant. Was in Brisbane vorgeht, ist unwichtig. Für mich ist nur wichtig, was hier in Karwir passiert. Und wissen Sie, was das ist?«
Bony legte vor Sergeant Blake die Gummikugel mit den Zigarettenenden auf den Boden, die er am Morgen neben seinem Schlafplatz gefunden hatte. Blake starrte auf die Gummikugel, nahm sie schließlich mit spitzen Fingern auf.
»Nein, keine Ahnung«, gab Blake offen zu.
»Durch diese Kugel bin ich meines besten Verbündeten beraubt worden, der Zeit. Geduld ist des Menschen größte Gabe, Blake. Leider besitzen weder Colonel Spender noch mein Vorgesetzter, Chefinspektor Browne, diese Gabe. Der Colonel will immer Resultate sehen. Nun, die liefere ich auch, aber zu meiner Zeit. Wie der Säugling nach der Milchflasche schreien sie nach Berichten. Soll ich mich nun vielleicht jeden Tag hinsetzen und schreiben, daß ich hier eine Spur, dort ein Stück Garn gefunden habe? Daß eine Krähe gegurgelt hat wie ein Mensch, der erwürgt wird, oder daß heute nacht jemand neben meiner Schlafstelle diese Gummikugel zurückgelassen hat, die Zigarettenenden enthält? Oder soll ich schreiben, daß ich um die und die Zeit mit der Arbeit begonnen und um die Zeit die Arbeit beendet habe?«
Blake war über diesen heftigen Ausbruch erstaunt, denn der Inspektor war sonst immer die Ruhe selbst.
»Ich kenne keinen Achtstundentag, ich bin immer im Dienst«, fuhr Bony fort. »Der Colonel verlangt, daß ich mich morgen in Brisbane zurückmelde. Nun wissen Sie selbst, daß dies gar nicht möglich ist, selbst wenn ich wollte. Ich könnte gar nicht rechtzeitig hinkommen. Aber ich lasse mich nicht wie einen Laufburschen 'rausschmeißen! Jetzt werden Sie sehen, wie ich mich selbst entlasse. Ich habe Jahre treu gedient, aber jetzt ist Schluß. Hier habe ich einen alten Umschlag. Auf die Rückseite schreibe ich meine Kündigung. Und Sie schicken sie an den Polizeipräsidenten.«
Er drückte Blake den Briefumschlag in die Hand, auf den er einige Zeilen geschrieben hatte. Der Sergeant hatte ein unbehagliches Gefühl, und nun zog der Mischling auch noch die Beine an und preßte den Kopf, zwischen die Knie. Blake benützte den Augenblick und warf den Umschlag ins Feuer. Sekunden später hob Bony den Kopf und starrte auf sein
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