Todeszauber
Tagen du wieder herumlaufen.«
Er holte das Kochgeschirr mit dem dampfenden Gebräu vom Feuer, hockte sich neben seinen Patienten und versicherte ihm nochmals, daß er nun bald wieder gesund und kräftig wäre. Er pustete über die graue Flüssigkeit, tauchte mehrmals den Finger hinein, um die Temperatur festzustellen. Schließlich schien er mit dem Ergebnis zufrieden und reichte das Gefäß seinem Patienten.
»Du austrinken«, sagte er.
Bony gehorchte wortlos. Die heiße, dicke Flüssigkeit rann die Kehle hinab, verbreitete eine angenehme Glut im Magen. Immer weiter strömte diese wohltuende Wärme: in die Schultern, durch die Arme zu den Händen und durch die Beine bis in die Zehenspitzen. Malluc hockte neben ihm, beobachtete ihn. Die innere Glut trieb Bony den Schweiß heraus, und dabei fühlte er sich so wohl, daß er mehrmals zufrieden aufstöhnte. Schließlich zog Malluc ihn näher ans Feuer. Dann verschwand der Medizinmann im Zelt, holte Bonys Sachen und zog seinen Patienten an.
Zwei Stunden blieb Malluc noch bei seinem Patienten, und erst als Bony ihm wiederholt versichert hatte, nun wieder allein stehen und gehen zu können, entfernte er sich zögernd.
»Du wieder gesund«, sagte der Medizinmann, und er war mit sich und seinem Patienten sehr zufrieden.
Bony reichte Malluc die Hand, dann zog sich der Eingeborene wieder seinen alten Arbeitsanzug an. Als er auf dem Pferd saß, drehte er sich noch einmal um und winkte fröhlich.
Ein Schwächeanfall überkam Bony, er begann zu zittern, und er sagte sich immer wieder, daß er doch nun vom Zauber des Deutebeins befreit wäre!
Gegen Mittag traf Blake ein. Er machte sich größte Sorgen um Bony, denn Chefinspektor Brownes Ankunft hatte sich verzögert, weil die Maschine in der Nähe von Windorah hatte notlanden müssen. Immerhin war er sehr erleichtert, als er sah, daß es Bony offensichtlich besser ging. Bony hatte das Motorengeräusch gehört und bereits Teewasser aufgesetzt.
»Nun, wie geht's heute?« fragte der Sergeant. Er brachte eine Kiste mit Lebensmitteln, und die beiden Hunde sprangen aufgeregt um ihn herum.
»Ich fühle mich viel besser, Sergeant«, antwortete Bony. »Als ich heute morgen aufwachte, merkte ich sofort, daß etwas anders war als sonst. Und dann erhielt ich auch noch eine wunderbare Medizin.«
»Ach. War Doktor Linden hier?«
»Nein, Doktor Malluc.«
»Malluc!«
»Jawohl. Zunächst operierte er sechs spitze Knochen und zwei Adlerklauen aus mir heraus.«
»Und Sie fühlen sich tatsächlich besser, wie?«
»Viel besser. Ich habe keine Schmerzen mehr, dafür aber einen klaren Kopf. Ich bin natürlich noch schwach. Ich glaube, heute kann ich wieder einmal Tee trinken.«
»Wie wäre es mit einem Becher Fleischbrühe? Wäre bestimmt besser als Tee. Ich habe außerdem ein Hühnchen und frisches Brot mitgebracht, und Butter auch.«
»Schön. Dann also Fleischbrühe, und danach eine Scheibe Brot mit Butter.«
Während des Essens musterte Blake Bony unauffällig, und er stellte mit Erleichterung fest, daß die Krankheit tatsächlich überwunden schien.
»Was mag wohl hinter Mallucs Besuch stecken?« fragte er.
Bony reichte ihm wortlos Gordons Brief, dann beschrieb er den Besuch des Medizinmannes.
»Gordon spricht in seinem Brief von Rückfallfieber«, meinte Bony. »Malluc aber erklärte mir sofort, daß spitze Knochen und Adlerklauen mein Inneres zerfleischen, und er produzierte in einer großartigen Schau sechs kleine Knochen und zwei Adlerklauen. Er wußte also Bescheid und brachte die benötigten Requisiten mit.«
»Gordon scheint aber nichts davon gewußt zu haben.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Und trotzdem glauben Sie, daß Gordon bei dem Verschwinden von Anderson –«
»Wollen wir doch einmal eine Hypothese aufstellen.« Bony saß auf dem Benzinkanister und beugte sich vor. »Sie kennen Gordon, und Sie kannten Anderson. Angenommen, Gordon tötete Anderson in Notwehr – was würden Sie tun?«
»Ich würde einen Haftbefehl beantragen, und er würde wegen Totschlags angeklagt.«
»Genau. Und warum würden sie so handeln?«
»Weil es meine Pflicht wäre.«
»Richtig. Sie sind der Polizeichef von Opal Town, Blake. Ich aber gehöre nicht mehr der Kriminalpolizei an. Deshalb wäre es möglich, daß ich in einem solchen Fall anders handelte als Sie. Und nun wollen wir einmal annehmen, Sie seien in Pension gegangen und erfahren nun, was sich zugetragen hat. Was würden Sie dann tun?«
»Geraten wir hier nicht in
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