Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
betreten.
Der Boden war durch Steinplatten befestigt, die im größten Teil des Raumes von einem Teppich bedeckt wurden. Vor dem breiten Sofa mit dunkelrotem Überwurf stand ein massiv wirkender Couchtisch, daneben befand sich ein Regal mit Büchern und allerhand Nippes.
Der Flachbildfernseher wirkte viel zu groß für den Raum, er thronte förmlich auf einem niedrigen Tisch. Das Gerät wollte sich nicht so richtig in das trotz allem chaotische und unsaubere Zimmer einfügen.
Als der junge Mann endlich die Fernbedienung zwischen Zeitschriften, Chipstüten und einer Pizzaschachtel gefunden hatte und plötzlich Stille einkehrte, hielt Jennifer ihm ihren Ausweis entgegen.
»Ich bin Kriminaloberkommissarin Leitner.« Sie machte sich nicht die Mühe, Grohmann vorzustellen. Der junge Mann schien es nicht einmal zu bemerken. »Unseren Informationen zufolge soll hier Charlotte Seydel wohnen.«
Er starrte sie an. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er kapierte, dass sie weder von der Drogenfahndung noch wegen seiner illegalen Downloads hier waren. Ohne ein Wort zu sagen, deutete er auf den Wohnwagen, der die linke Wand des Raumes bildete.
Die Tür war geschlossen.
Jennifer warf Grohmann über die Schulter einen kurzen Blick zu. Sie wollte, dass der Staatsanwalt den Kerl im Auge behielt, während sie sich weiter vorwagte. Sie hoffte, dass er den Wink richtig deutete.
Gerade als sie den Arm hob, um an die Tür des Wohnwagens zu klopfen, murmelte der Mann vom Sofa aus: »Sie ist nicht allein da drin.«
Jennifer bedachte ihn mit einem nicht allzu freundlichen Blick, verharrte aber einen Moment, um zu lauschen. Die gedämpften Laute, die nun zu ihr nach draußen drangen, ließen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Sie verstummten sofort, als Jennifer gegen die Tür hämmerte.
»Kripo! Frau Seydel, wir müssen mit Ihnen sprechen! Kommen Sie bitte heraus.«
Zwei Sekunden Stille. Dann heftiges Fluchen. Rascheln und Rumpeln, als der Wohnwagen trotz seines eigentlich festen Standes leicht ins Wanken geriet.
Jennifer trat zurück, als die Tür von innen aufgerissen wurde und eine junge Frau erschien. Wenigstens war sie angezogen.
Der Blick aus ihren dunkelbraunen Augen hätte nicht abweisender sein können, ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst. »Was wollen Sie?!«
»Sind Sie Charlotte Seydel?«
»Wer sonst?!« Sie ging die Stufen hinunter und verschränkte die Arme vor der Brust.
Charlotte Seydel war ungefähr so groß wie Jennifer, etwa eins siebzig. Ihr Körperbau wirkte schlaksig, doch Jennifer bemerkte die Muskeln, die sich unter ihrer Haut spannten. Sie trug ihre braunen Haare kurz, ein paar vereinzelte Sommersprossen zierten ihre Wangen. Eine Narbe teilte ihre linke Augenbraue als dünner, haarloser Strich, und dunkler Kajal unterstrich die Blässe ihrer Haut. Ein silberner Ring schmückte die rechte Seite ihrer Unterlippe.
Mit dem weißen Top, das ihren schwarzen Spitzen- BH eher betonte als verdeckte, und der dunkelgrauen Cargohose, die von einem viel zu breiten schwarzen Ledergürtel gehalten wurde, erinnerte sie Jennifer an eine Figur aus irgendeinem Film. Sie kam aber partout nicht darauf, an welchen, und auch der Name der Schauspielerin wollte ihr nicht einfallen.
Nur die Flipflops an ihren nackten Füßen störten das Bild.
Charlotte fixierte Jennifer noch immer. Ihre Augen waren klar, die Pupillen normal groß. Sie war stinksauer, aber zumindest nicht high.
Den Grund für ihren Missmut hatte sie unbeabsichtigt mit nach draußen getragen. An ihr haftete der unverkennbare Geruch von Sex, der sich noch verstärkte, als hinter ihr eine zweite junge Frau den Wohnwagen verließ.
Die Blonde trug nur einen Bademantel. Sie schenkte weder Grohmann noch Jennifer Beachtung, sondern schlenderte zum Sofa, wo sie sich neben dem jungen Kerl niederließ. Der Kuss, den sie mit ihm tauschte, und die Art, wie sie sich an ihn schmiegte, machten deutlich, dass die beiden ein Paar waren.
Charlottes Mundwinkel hoben sich zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln, als hinter Jennifer Leitners perfekt gleichgültiger Miene für einen Moment Verwirrung aufblitzte.
Charlottes abweisendes Verhalten gewann jedoch sofort wieder die Oberhand. »Was wollen Sie hier?«, fragte sie barsch.
Jennifer hatte ursprünglich einen sanften Ton anschlagen wollen, doch ihre Stimme klang eisig. »Es geht um Ihre Mutter. Wir haben da noch ein paar Fragen, die geklärt werden müssten. Auf dem Revier.«
Die junge Frau
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