Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
ist?«
Joshua zögerte, nickte dann aber. »Ich habe die Anzeige in der Zeitung gesehen und mir meinen Teil gedacht. Ich wollte dich nicht darauf ansprechen. Ich hatte das Gefühl, dass du von dir aus darüber reden solltest, wenn dir danach ist. Tut mir leid.«
Sie schüttelte den Kopf. »Schon okay … « Ihre Beziehung stand noch ganz am Anfang, und eigentlich wollte sie sich ihm nicht jetzt schon so weit ausliefern. Doch ihre Hilflosigkeit und die Sehnsucht, das verwirrende Chaos in ihrem Inneren mit jemandem zu teilen, waren an diesem Morgen einfach zu groß.
Vielleicht würde Joshua dann zu dem Schluss kommen, dass er sie doch nicht so anziehend fand, und es würde bei einem Date und einer leidenschaftlichen Nacht bleiben. Überrascht über sich selbst stellte sie fest, dass sie bereit war, dieses Risiko einzugehen.
»Sie war niemals für mich da, weißt du? Nie! Immer nur war sie mit sich selbst beschäftigt … Es sollte mir nichts ausmachen, dass sie tot ist … Ich sollte sie hassen, sie hätte es verdient … « Charlotte schüttelte heftig den Kopf, während sie erneut mit den Tränen kämpfte. »Dieses verdammte Schwein! Er hat sie mir weggenommen! Warum?! Warum ausgerechnet sie?! Warum jetzt?! Es ist verdammt noch mal nicht fair!«
Charlotte starrte auf das Album hinunter, ihr Blick ging jedoch durch die Seiten hindurch. Sie spürte den sanften Druck von Joshuas Hand. Sein Daumen streichelte sanft über ihre Fingerknöchel. Er sagte kein Wort. Er teilte ihr Schweigen, und sie war ihm mehr als dankbar dafür.
Minuten vergingen, dann entzog sie ihm ihre Hand, lehnte sich zurück und schlug das Album zu. Sie hob nur zögerlich den Blick, doch die offene Anteilnahme, die in seinen Augen lag, entspannte sie sofort. Er hatte ihr zugehört, ohne über sie zu urteilen und ohne in Mitleid zu versinken.
Als sie ihn anlächelte, lächelte er zurück.
Sie packte das Album auf die Ablage beim Fenster. »Ist nicht der perfekte Auftakt nach so einer Nacht.«
Joshua grinste. Er war erleichtert, dass sich ihre Miene etwas aufgehellt hatte. »Nicht perfekt, aber besser als peinliches Schweigen oder der Versuch, sich gegenseitig zu versichern, dass man ja normalerweise nie schon beim ersten Date mit jemandem ins Bett steigt.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Soso. Das heißt also, du tust das oft.« In ihrer Stimme lag gespielter Tadel.
»Kommt ganz drauf an.«
Charlotte war versucht zu fragen, worauf es ankam, schluckte die Frage aber herunter. »Musst du heute in die Uni?«, fragte sie.
»Willst du mich schon loswerden?« Gespielte Empörung seinerseits.
»Nein, ich wäre aber an einer Mitfahrgelegenheit interessiert.«
»Ist das alles?«
Sie lächelte und ging auf sein Spiel ein. »Ich bin nicht so leicht zu haben, wie du vielleicht denkst. Aus einer Nacht muss noch nichts Ernstes werden.«
Joshua nickte mit einem frivolen Gesichtsausdruck. »Du willst dir alle Optionen offenhalten.«
»Dafür schränke ich auch deine nicht ein.«
»Einverstanden.« Mit einem vielsagenden Lächeln reichte er ihr die Hand. »Wenn es ernst wird, verhandeln wir neu.«
Sie schlug ein. »Deal.«
13
Die Dusche im Wohnwagen war leider zu klein für sie beide. Da Joshua ohnehin noch frische Klamotten brauchte, setzte er Charlotte vor dem Haupteingang des Unigeländes ab und fuhr weiter, um zu Hause zu duschen und sich umzuziehen.
Er erklärte ihr, er habe einen stressigen Tag mit Vorlesungen vor sich und müsse noch eine Hausarbeit vorbereiten, die er am Montag abgeben solle. Anstatt sich erneut zu verabreden, einigten sie sich darauf, dass Joshua sie anrufen würde, wenn er am Wochenende Zeit fände, sie irgendwo zwischen Platon und Sokrates unterzubringen.
Charlotte lieh sich drei Bücher zum Thema Pflanzenstoffwechsel aus und suchte sich wieder ein ruhiges, abgelegenes Plätzchen in der Bibliothek. Sie arbeitete sich durch die gebundenen Ausgaben und machte sich Notizen in ihrem Notebook, das sie am Netzwerk angemeldet hatte, um Referenzen zu überprüfen und fragliche Passagen mit neuesten Forschungsergebnissen abzugleichen.
Um dreizehn Uhr holte sie sich ein Eiersalat-Sandwich und eine Cola aus der Mensa und legte eine kurze Mittagspause ein, während der sie im Internet surfte.
Sie ertappte sich dabei, wie sie immer wieder ihr lautlos gestelltes Handy überprüfte.
Es war schon verrückt. Sie hatte sich geschworen, sich nie wieder mit einem Typen von der Privatuni einzulassen, doch Joshua hatte all ihre
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