Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Grohmann. »Sie haben auch kein Privatleben, oder?«
Jennifer lächelte müde. »Ich könnte Sie dasselbe fragen, nachdem sie frühmorgens hier bei mir aufgetaucht sind.«
Der Staatsanwalt zuckte die Schultern. Die Geste war ein Eingeständnis. Erst hatte er alles daran gesetzt, seinen alten Arbeitsplatz möglichst ohne zu viele offene Fälle zu verlassen, dann war er in Lemanshain direkt in die Ermittlungen zu einem Serienkiller geraten.
Jennifer schaltete den Computer und die Bildschirme ein, während sich Grohmann einen Stuhl vom Esstisch holte. Sie öffnete die Ordnerstruktur, in der sie die Fotos zu dem Fall abgespeichert hatte. Dann sah sie den Staatsanwalt fragend an.
Anstatt ihr zu sagen, was sie tun sollte, bemächtigte er sich der Maus. Er klickte sich durch die Ordner, in denen sich die Aufnahmen befanden, die Jarik Fröhlich und das Team der Spurensicherung in den Wohnungen und Häusern der Opfer gemacht hatten.
Es hatte Jennifers gesamte Überzeugungskraft erfordert, den Angehörigen und Familien die Genehmigung dafür abzuringen, immerhin waren ihre Heime weder Tat- noch Fundorte. Umso schwerer wog, dass keines der Bilder sie bisher auch nur einen Schritt weitergebracht hatte.
Grohmann klickte so schnell, dass sie nur verfolgen konnte, wie er verschiedene Fotos aufrief, ohne jedoch einen Blick darauf erhaschen zu können. Dann hatte er offensichtlich alle Aufnahmen gefunden, denn er hielt inne und lehnte sich etwas zurück.
Ein Foto von einem Badezimmer erschien. Jennifer hatte sich die Bilder schon so oft angesehen, dass sie allein an den Wandfliesen erkannte, dass das Bild im Bad von Carola Wöhler, dem zweiten Opfer, aufgenommen worden war. Zu sehen war eine in die Wand über der Badewanne eingelassene geflieste Ablage, auf der Flaschen mit Shampoos und Duschgels standen.
Der Staatsanwalt deutete mit dem Mauszeiger auf ein Duschgel. »Achten Sie auf die Firmenbezeichnungen und die Sorten.«
»Okay.«
Nächstes Bild. Diesmal der Inhalt einer Handtasche. Elke Geiling, die sie als Vierte gefunden hatten. Der Mauszeiger deutete auf ein Fläschchen Parfüm.
Es folgte das Badezimmerschränkchen von Denise Jeschke, dem fünften Opfer. Hier war es ein Deodorant-Spray, auf das Grohmann ihre Aufmerksamkeit lenkte.
In einer kleinen Vitrine im Haus von Marie Burgmann befand sich eine umfassende Sammlung von Parfümproben. Mindestens einhundert kleinste Flakons standen säuberlich aufgereiht hinter einer Glastür.
Das letzte Bild war von wesentlich schlechterer Qualität als die vorherigen. Schon allein daran war ersichtlich, dass das Bild aus der Wohnung von Katharina Seydel stammte. Es war eines der Fotos, das die Tochter gemacht und ihnen übergeben hatte. Zu sehen war wieder ein Waschbecken. Grohmann deutete auf die Handseife, die auf dem Beckenrand stand.
Jennifer nahm dem Staatsanwalt die Maus ab und ging die Bilder noch einmal durch. Dann warf sie ihm einen fragenden Blick zu. »Das sind unterschiedliche Marken«, fasste sie ihre Beobachtungen zusammen.
Grohmann lächelte. »Das stimmt. Es geht nicht nur um die Marken, sondern auch um die Duftnuancen der Produkte. Blumig, schwer, süßlich.«
Die Opfer hatten also eine Vorliebe für ähnliche Düfte gehabt. Das konnte unmöglich alles sein, hoffte Jennifer. Bei der Anzahl von Pflegeprodukten, die Frauen für gewöhnlich horteten, sah sie dort keinen stichhaltigen Zusammenhang.
»Erklären Sie es mir«, bat sie.
»Ich kann Ihre zurückhaltende Reaktion verstehen. Mir ging es ähnlich, als ich zum ersten Mal das unbestimmte Gefühl hatte, dass es hier eine Überschneidung gibt.« Er deutete auf den Bildschirm. »Zuerst fiel mir auf, dass das Duschgel von Carola Wöhler und das Deodorant von Denise Jeschke von ein- und derselben Marke stammen. Sagt Ihnen diese Firma etwas?«
Jennifer schüttelte den Kopf.
»Eben. Man kennt doch die gängigen Pflegemittel, die Marken, selbst diejenigen, die die Discounter vertreiben. Die Werbung macht’s. Ich fand es merkwürdig, dass sich diese Marke, die mir so gar nichts sagte, bei zwei Opfern fand. Noch dazu legt die Aufmachung der Etiketten und die Form der Behälter die Vermutung nahe, dass es sich nicht um Billigware handelt.«
Jennifer nickte. »Also haben Sie sich über die Marke schlaugemacht?«
»Exakt. Diese Marke wird von einer Firma mit Sitz in Frankreich vertrieben. Es handelt sich um exklusive Pflegeprodukte auf natürlicher Basis, hergestellt mit biologisch einwandfreien Rohstoffen, ohne
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