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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Pullover hoch und verbirgt den Nagel in ihrem BH. Die Oberweite eines Kalendermodels hat sie zwar nicht vorzuweisen, doch die Natur hat sie recht gut ausgestattet. Um zu verhindern, dass der Nagel zwischen den beiden Schalen herausrutscht, drückt sie die Spitze durch den elastischen Stoff. Nun kann nichts mehr passieren.
    Sie hat sich bewaffnet.
    Da die Aufgabe erledigt ist, kommen ihre Vorbereitungen ihr ziemlich jämmerlich vor.
    Ruhelos wendet sie sich dem Ringbolzen zu und überlegt, ob sie sich davon befreien oder zumindest ihr dürftiges Waffenarsenal aufstocken kann.
    Durch ausgiebiges Herumtasten hat sie bereits herausgefunden, dass der Bolzen an eine gut einen Zentimeter dicke Stahlplatte geschweißt ist. Diese ist etwa zwanzig mal zwanzig Zentimeter groß und offenbar mit vier Schrauben im Boden verankert. Die Schraubenköpfe sind in der Platte versenkt.
    Ganz sicher kann Holly nicht sagen, dass es sich um Schrauben handelt, denn alle vier Köpfe sind mit einer harten, geschmolzenen Masse bedeckt. Dadurch kommt man
nicht an den Schlitz der Schrauben heran, falls es sich tatsächlich um welche handeln sollte.
    Entmutigt legt sie sich auf die Luftmatratze, deren Kopfteil leicht erhöht ist. Wie ein Kissen fühlt sich das an.
    Es ist schon eine Weile her, da ist sie in einen unruhigen Schlaf gesunken. Ihre emotionale Erschöpfung ruft körperliche Müdigkeit hervor, und sie weiß, dass sie wieder einschlafen könnte. Das will sie aber um jeden Preis vermeiden.
    Sie hat Angst, erst dann aufzuwachen, wenn er sich auf sie stürzt.
    Deshalb liegt sie mit offenen Augen da, obgleich die Dunkelheit tiefer ist als jene hinter ihren Augenlidern, und sie lauscht dem Wind, obgleich der keinen Trost bringt.
    Als sie nach unbestimmter Zeit aufwacht, liegt sie noch immer in völliger Dunkelheit da, weiß jedoch, dass sie nicht mehr allein ist. Das verrät ihr irgendein feiner Geruch oder vielleicht auch nur das intuitive Gefühl, unter Beobachtung zu stehen.
    Erschrocken setzt sie sich auf. Die Luftmatratze unter ihrem Körper quietscht, die Kette zwischen Handschellen und Ringbolzen rasselt gegen den Boden.
    »Das bin nur ich«, sagt er beruhigend.
    Hollys Augen bohren sich in die Dunkelheit, weil es ihr vorkommt, als müsste die Schwerkraft des Wahnsinns, von dem dieser Mann erfasst ist, die Schwärze um ihn herum noch dunkler machen, doch er bleibt unsichtbar.
    »Ich habe dich im Schlaf beobachtet«, sagt er. »Nach einer Weile hatte ich dann Sorge, dich mit meiner Taschenlampe aufzuwecken.«
    Nur durch die Stimme den Standort des Mannes zu bestimmen, ist nicht so leicht, wie Holly gedacht hat.
    »Es ist schön«, fährt er fort, »mit dir in diesem mystischen Dunkel zu sein.«

    Rechts von ihr. Nicht mehr als einen Meter weit entfernt. Vielleicht hat er sich hingekniet, vielleicht steht er.
    »Fürchtest du dich?«, fragt er.
    »Nein«, lügt sie, ohne zu zögern.
    »Wenn du dich fürchten würdest, wäre ich auch enttäuscht von dir. Ich glaube nämlich, dass dein Geist sich gerade zu seiner vollen Größe erhebt, und wer sich so entwickelt, muss ohne Furcht sein.«
    Während er spricht, scheint er sich hinter ihrem Rücken zu bewegen. Aufmerksam lauschend, dreht sie den Kopf zur Seite.
    »In El Valle, New Mexico, ist eines Nachts der Schnee so dicht gefallen wie sonst nur in viel kälteren Regionen.«
    Wenn sie die Lage richtig deutet, steht er jetzt rechts neben ihr. Er hat keinerlei Geräusche gemacht, die der Wind nicht übertönt hätte.
    »Innerhalb von vier Stunden war das Tal fünfzehn Zentimeter hoch mit Schnee bedeckt. Richtig gespenstisch hat das im fahlen Licht ausgesehen …«
    An Hollys Nacken haben sich die Härchen aufgestellt, weil ihr bewusst wird, wie sicher dieser Mann sich in völliger Finsternis bewegt. Er verrät sich nicht einmal durch seine leuchtenden Augen, wie es eine Katze täte.
    »… gespenstisch auf eine Art und Weise, wie man sie sonst nirgendwo auf der Welt beobachten kann. In solchen Nächten weicht die Ebene zurück, und die niedrigen Hügel steigen in die Höhe, als würde man nur Felder aus Dunst und Wände aus Nebel sehen, die Illusion von Formen und Dimensionen, ein Spiegelbild von Spiegelbildern, das wieder nur das Spiegelbild eines Traums ist.«
    Die sanfte Stimme kommt jetzt von einem Ort direkt vor Holly. Offenbar hat der Mann sich doch nicht bewegt, sondern sich schon immer dort befunden.

    Da sie aus dem Schlaf hochgeschreckt ist, liegt es nahe, dass ihre Sinne erst

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