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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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einmal unzuverlässig arbeiten.
    Außerdem zerstreuen sich die Geräusche in einer derart vollkommenen Dunkelheit und wirken desorientierend.
    »Am Boden war es völlig windstill«, fährt er fort, »aber hoch oben ging ein starker Sturm, denn als der Schneefall nachließ, wurden die meisten Wolken rasch in Fetzen gerissen und davongeweht. Zwischen den restlichen Wolken war der Himmel schwarz und mit herrlichen Girlanden aus Sternen geschmückt.«
    Holly spürt den Nagel zwischen ihren Brüsten. Ihr Körper hat ihn angewärmt, und sie versucht, aus seinem Vorhandensein Trost zu ziehen.
    »Der Glasmacher hatte vom ersten Juli her noch Feuerwerk übrig, und die Frau, die von toten Pferden träumte, bot an, ihm zu helfen, es aufzubauen und abzubrennen.«
    Seine Geschichten führen immer irgendwohin. Allerdings hat Holly gelernt, ihr Ziel zu fürchten.
    »Es gab Leuchtkugeln, Feuerräder, Heuler, Girandolen, zweimal die Farbe wechselnde Chrysanthemen und goldene Palmen …«
    Die Stimme wird leiser. Er ist nun ganz nah. Vielleicht beugt er sich zu ihr, und sein Gesicht ist kaum mehr einen halben Meter von ihrem entfernt.
    »Rote, grüne, saphirblaue und goldene Sterne haben den schwarzen Himmel erhellt, und zudem spiegelte sich alles matt im Schnee. Samtige Schwaden pulsierender Farben zogen über die weißen Felder.«
    Während der Mann spricht, hat Holly das Gefühl, dass er sie hier in der Dunkelheit küssen wird. Wie wird er wohl reagieren, wenn sie unweigerlich vor Ekel zurückschaudert?

    »Ein wenig Schnee fiel noch, ein paar späte Flocken, groß wie Silberdollars, die in weiten, trägen Spiralen herabsanken. Auch sie haben die Farben eingefangen.«
    Holly lehnt sich zurück und wendet in angstvoller Erwartung des Kusses den Kopf ab. Womöglich nützt das jedoch nichts, denn dann trifft der Kuss nicht ihre Lippen, sondern ihren Nacken.
    »Von rotem, blauem und goldenem Feuer schimmernd, sanken die Flocken glitzernd zu Boden, als würde etwas Magisches hoch oben in der Nacht in Flammen stehen, ein prächtiger Palast, der auf der anderen Seite des Himmels helle Funken sprühte.«
    Er schweigt. Offenbar wartet er auf eine Reaktion.
    Solange er weiterspricht, kann er sie nicht küssen.
    »Das klingt so fabelhaft, so schön«, sagt Holly. »Wie gern wäre ich dabei gewesen!«
    »Das wünsche ich mir auch«, sagt er.
    Als sie daraufhin merkt, dass ihre Worte als Einladung verstanden werden könnten, versucht sie sofort, ihn zum Weitersprechen zu bewegen: »Das war doch bestimmt nicht alles. Was ist dort damals noch geschehen? Erzähl mir mehr!«
    »Die Frau, die von toten Pferden träumte, hatte eine Freundin, und die hat behauptet, sie sei eine Gräfin aus irgendeinem Land in Osteuropa. Hast du schon mal eine Gräfin kennengelernt?«
    »Nein.«
    »Die Gräfin litt unter Depressionen, die sie mit Ecstasy bekämpft hat. In dieser Nacht hat sie zu viel davon geschluckt und ist in das verschneite Feld hinausgegangen, das in den Farben des Feuerwerks funkelte. Glücklicher, als sie es im Leben je gewesen war, hat sie sich umgebracht. «

    Eine weitere Pause, die eine Reaktion erfordert, aber Holly fällt nichts ein, was sie auszusprechen wagen würde, außer: »Wie traurig.«
    »Ich wusste , dass du das erkennen würdest. Ja, traurig. Traurig und dumm. El Valle ist ein Tor, das eine Reise hin zu einer großen Veränderung ermöglicht. In dieser Nacht und in jenem besonderen Augenblick hat sich die Transzendenz allen dargeboten, die dabei waren. Leider gibt es immer Menschen, die nicht sehen können.«
    »Wie die Gräfin.«
    »Ja, die Gräfin.«
    Die drückende Dunkelheit scheint sich zu einer immer schwärzeren Enge zusammenzubrauen.
    Holly spürt den warmen Atem des Mannes auf ihrer Stirn, ihren Augen. Dieser Atem hat keinerlei Geruch. Und dann ist er verschwunden.
    Vielleicht hat sie doch keinen Atem gespürt, sondern nur einen Luftzug.
    Das würde sie jedenfalls am liebsten glauben. Deshalb denkt sie an reine, saubere Dinge, an ihren Mann und an das Baby, an die helle Sonne.
    »Glaubst du an Zeichen, Holly Rafferty?«
    »Ja.«
    »Omen. Vorboten. Menetekel, Orakeleulen, Elmsfeuer, schwarze Katzen und zerbrochene Spiegel, mysteriöse Lichter am Himmel. Hast du jemals ein Zeichen gesehen, Holly Rafferty?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Hoffst du, einmal ein Zeichen zu sehen?«
    Sie weiß, welche Antwort er erwartet, und die spricht sie auch rasch aus: »Ja, das hoffe ich.«
    Auf der linken Wange spürt sie warmen Atem. Dann

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