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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Schatten warfen. Die meisten Rasenflächen waren grün
und frisch gemäht, die Sträucher säuberlich geschnitten. Wie in jedem Viertel gab es jedoch auch ein paar Faulpelze, die ihr Recht ausübten, schlechte Nachbarn zu sein.
    Wenn die Polizei am Waffenladen keine Spur von Mitch fand, lag es nahe, die umgebenden Wohnviertel zu durchsuchen. Schon in wenigen Minuten patrouillierten womöglich ein halbes Dutzend oder mehr Streifenwagen durch die Gegend.
    Mitch hatte einen Polizeibeamten angegriffen. So etwas setzten dessen Kollegen im Allgemeinen ganz oben auf ihre Prioritätenliste.
    Bei den meisten Fahrzeugen, die am Straßenrand standen, handelte es sich um SUVs. Mitch ging wieder langsamer und spähte beiläufig durch die Fenster, um vielleicht doch noch einen stecken gelassenen Zündschlüssel zu entdecken.
    Als er auf seine Uhr schaute, stellte er fest, dass es bereits Viertel nach eins war. Die Lösegeldübergabe sollte um drei stattfinden, und er hatte kein Fahrzeug mehr!

60
    Die Fahrt dauert etwa fünfzehn Minuten, und Holly, die gefesselt und mit verbundenen Augen auf der Ladefläche liegt, ist zu sehr damit beschäftigt, Pläne zu schmieden, um ans Schreien zu denken.
    Als ihr wahnsinniger Chauffeur schließlich anhält, hört sie, wie er den Schalthebel auf Parken stellt und die Handbremse einlegt. Dann steigt er aus, ohne die Tür zu schließen.
    In Rio Lucio, New Mexico, wohnt eine fromme Frau namens Ermina – den Nachnamen hat Holly vergessen – in einem blau-grünen, vielleicht auch blau-gelben Haus. Sie ist zweiundsiebzig Jahre alt.
    Der Mann setzt sich wieder ans Lenkrad und fährt etwa sechs Meter weiter. Dann steigt er wieder aus.
    Im Wohnzimmer besagter Ermina hängen zweiundvierzig Bilder des von Dornen durchbohrten Herzen Jesu, und im Schlafzimmer hängen neununddreißig Bilder der Muttergottes. Oder umgekehrt.
    Dadurch ist Holly auf einen Einfall gekommen. Der Einfall ist waghalsig und macht ihr Angst, aber er kommt ihr sinnvoll vor.
    Als der Mann sich erneut ans Steuer setzt, vermutet Holly, dass er vorher ein Tor zu einem Grundstück geöffnet und es gerade eben hinter dem Wagen wieder geschlossen hat.
    In Erminas Garten hat der Mann mit den weißen Händen einen »Schatz« vergraben, den die alte Dame nicht gutheißen würde. Holly fragt sich, um was für einen Schatz es sich wohl handeln könnte, hofft jedoch, es nie zu erfahren.

    Nun schaukelt der Wagen weitere zwanzig Meter auf ungepflastertem Untergrund weiter. Unter den Reifen knirschen und rasseln kleine Steinchen.
    Der Entführer hält wieder an, und diesmal schaltet er den Motor aus. »Wir sind da.«
    »Gut«, sagt sie, denn sie versucht, sich nicht als verängstigte Geisel zu präsentieren, sondern als Frau, deren Geist sich gerade zu seiner vollen Größe erhebt.
    Er schließt die Hecktür auf und hilft Holly aus dem Wagen.
    Der warme Wind riecht leicht nach Holzrauch. Vielleicht brennt es in irgendeinem der Canyons weit im Osten.
    Zum ersten Mal in über vierundzwanzig Stunden spürt Holly die Sonne auf dem Gesicht. Das fühlt sich so gut an, dass sie weinen könnte.
    Der Mann nimmt sie fast wie ein Kavalier am rechten Arm und führt sie erst über nackten Boden und dann durch Unkraut. Es folgt ein harter Untergrund mit einem leicht kalkigen Geruch.
    Als sie stehen bleiben, wiederholt sich dreimal ein merkwürdiges, gedämpftes Geräusch – pflopp, pflopp, pflopp –, begleitet vom Geräusch splitternden Holzes und kreischenden Metalls.
    »Was ist das?«, fragt sie.
    »Ich habe die Tür aufgeschossen.«
    Nun weiß sie, wie eine Pistole mit Schalldämpfer klingt. Pflopp, pflopp, pflopp. Drei Schüsse.
    Er führt sie über die Schwelle des Gebäudes, zu dem er sich mit seiner Waffe Zugang verschafft hat. »Es ist nicht mehr weit«, sagt er dabei.
    Das Echo der langsamen Schritte vermittelt Holly den Eindruck eines höhlenartigen Raums. »Das hört sich an, als wären wir in einer Kirche«, sagt sie.

    »In gewisser Weise ist es eine. Wir sind in einer Kathedrale, die dem übermäßigen Reichtum huldigt.«
    Holly riecht Gips und Sägemehl. Den Wind kann sie noch hören, doch die Wände müssen gut isoliert und die Fenster dreifach verglast sein, denn das böige Heulen ist sehr gedämpft.
    Nach einer Weile kommen sie in einen Raum, der sich kleiner anhört als alle anderen. Auch die Decke scheint niedriger zu sein.
    Nachdem er Holly zum Stehen gebracht hat, sagt der Mann: »Warte hier.« Dann lässt er ihren Arm los.
    Sie hört

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