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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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es wehtat, wenn das Leben seiner Frau nicht davon abgehangen hätte, dass er in Freiheit blieb, wenn er nicht erwartet hätte, jederzeit auf einen ihn suchenden Streifenwagen zu stoßen, und wenn er nicht befürchtet hätte, dass dessen Insassen zuerst das Feuer eröffneten und erst danach auf die Feinheiten seiner bürgerlichen Rechte zu sprechen kamen – dann hätte er das Ganze vielleicht amüsant gefunden. Es war jedoch nicht amüsant, es war regelrecht surreal.
    »Sie sind gar nicht Debbie«, sagte der alte Mann. »Ich bin Norman, aber Sie sind nicht Debbie.«
    »Nein. Sie haben recht, die bin ich nicht.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin nur jemand, der einen Fehler gemacht hat.«
    Darüber dachte Norman nach, bis Mitch auch an der dritten Ecke rechts abbog. »Sie werden mir wehtun«, sagte er dann. »Das weiß ich.«
    Die Stimme des Alten klang so furchtsam, dass Mitch Mitleid bekam. »Nein, nein«, sagte er. »Ihnen wird niemand wehtun.«
    »Sie werden mir wehtun, Sie sind ein schlechter Mensch!«
    »Nein, ich habe bloß einen Fehler gemacht«, sagte Mitch beruhigend. »Ich bringe Sie gleich wieder nach Hause.«
    »Wo sind wir? Hier ist nicht zu Hause. Wir sind ganz woanders! « Unvermittelt wurde die bisher zarte Stimme laut und schrill: »Sie sind ein mieser Strolch!«
    »Jetzt regen Sie sich mal nicht auf. Bitte!« Mitch tat der alte Mann nicht nur leid, er fühlte sich auch verantwortlich für ihn. »Wir sind gleich da. In einer Minute sind Sie wieder daheim.«
    »Ein mieser Strolch sind Sie! Ein mieser Strolch!«
    Nachdem sie auch an der vierten Ecke rechts abgebogen waren, befanden sie sich wieder in der Straße, in der Mitch den Wagen gestohlen hatte.
    »EIN MIESER STROLCH SIND SIE!«
    In der ausgetrockneten Tiefe seines von der Zeit gezeichneten Körpers fand Norman genügend Kraft für ein jugendlich klingendes Gebrüll.
    »EIN MIESER STROLCH SIND SIE!«
    »Bitte, Norman! Sie werden noch einen Herzinfarkt bekommen. «
    Mitch hatte gehofft, den Wagen einfach in der Einfahrt abstellen zu können, in der er ihn vorgefunden hatte, ohne dass jemand etwas merkte. Leider war eine Frau vor dem Haus auf die Straße getreten. Sobald er um die Ecke gebogen war, hatte sie ihn erblickt.
    Sie sah zu Tode erschrocken aus. Wahrscheinlich dachte sie, Norman habe sich selbst ans Lenkrad gesetzt.
    »EIN MIESER STROLCH SIND SIE, EIN MIESER, MIESER STROLCH!«
    Mitch trat direkt neben der Frau auf die Bremse, stellte den Schalthebel auf Parken, legte die Handbremse ein und griff nach dem Müllbeutel. Dann sprang er hinaus, ohne hinter sich die Tür zu schließen.

    Die Frau war in den Vierzigern und recht stämmig, aber durchaus attraktiv. Ihr im Stil von Rod Stewart getrimmtes Haar hatte der Friseur sorgfältig mit blonden Strähnchen versehen. Sie trug ein dunkles Kostüm und hochhackige Pumps, die eindeutig zu schick für eine Fahrt zur Konditorei waren.
    »Sind Sie Debbie?«, fragte Mitch.
    »Ob ich Debbie bin?«, fragte die Frau perplex zurück.
    Vielleicht gab es gar keine Debbie.
    Während Norman im Wagen weiterbrüllte, sagte Mitch: »Meine Schuld. Es tut mir wirklich sehr leid.«
    Auf dem Weg zu der ersten der vier Ecken, um die er Norman chauffiert hatte, hörte Mitch die Frau fragen: »Opa? Alles in Ordnung, Opa?«
    Als Mitch das Stoppschild erreicht hatte, drehte er sich um. Die Frau hatte sich in den Wagen gebeugt, um den alten Mann zu trösten.
    Mitch ging eilig um die Ecke und verschwand damit endlich aus dem Blickfeld. Er lief nicht los, schlug jedoch einen flotten Schritt an.
    An der nächsten Ecke hörte er es hinter sich hupen. Die Frau verfolgte ihn mit ihrer Limousine.
    Durch die Windschutzscheibe sah er, dass sie nur eine Hand am Lenkrad hatte. In der anderen hielt sie ein Mobiltelefon. Ihre Schwester in Omaha rief sie bestimmt nicht an und die Zeitansage auch nicht. Sie telefonierte mit der Polizei.

62
    Mitch stemmte sich in den Gegenwind, während er den Gehsteig entlangeilte. Wie durch ein Wunder wurde er nicht gestochen, als eine heftige Bö einen wilden Bienenschwarm aus dessen Nest in einem Baum schüttelte.
    Seine hartnäckige Verfolgerin blieb weit genug zurück, um wenden und flüchten zu können, falls er sich umdrehte und auf sie zu rannte, doch sie behielt ihn immer im Blick. Als er zu laufen begann, beschleunigte sie, um mit ihm Schritt zu halten.
    Offenbar hatte sie vor, ihm hinterherzufahren, bis die Polizei eintraf. Mitch bewunderte ihren Mumm, obwohl er ihr am liebsten die Reifen

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