Todeszeit
spähte hinein.
59
Beim zweiten Blick erkannte Mitch, dass die Fahrertür des Streifenwagens nicht mit dem Wappen einer Gemeinde verziert war, sondern mit dem protzigen Logo einer privaten Sicherheitsfirma. Bei dem neben dem Honda stehenden Uniformträger handelte es sich also nicht um einen Polizeibeamten, sondern um einen Wachmann.
Dieser fand den Honda jedoch sicher nur deshalb von Interesse, weil er wusste, dass so ein Fahrzeug gesucht wurde. Im Gegensatz zu der Besatzung des Krankenwagens, der früher hinter Mitch hergefahren war, hörte er offenbar tatsächlich den Polizeifunk mit.
Der Wachmann ließ seinen Wagen quer vor dem Honda stehen und kam auf das Waffengeschäft zu. Er sah entschlossen aus.
Wahrscheinlich war er hierhergekommen, um etwas zu kaufen, und dabei zufällig auf Mitchs Auto gestoßen. Nun brannte er darauf, den Flüchtigen eigenhändig dingfest zu machen und dadurch zumindest vorübergehend berühmt zu werden.
Ein echter Polizist hätte Verstärkung herbeigerufen, bevor er den Laden betreten hätte. Mitch musste wohl froh sein, dass ihm wenigstens das erspart blieb.
Der Parkplatz umschloss das frei stehende Gebäude von zwei Seiten, und es gab auch zwei Eingänge. Mitch wandte sich von der Tür, vor der er stand, ab und ging rasch auf die andere zu.
Sobald er aus dem Seiteneingang getreten war, eilte er zur Front des Ladens. Der Wachmann war gerade hineingegangen.
Mitch stand alleine im Wind. Lange würde das nicht so bleiben. Er rannte zu seinem Honda.
Der Wagen des Wachmanns blockierte den Weg nach vorne. Auf der anderen Seite war der Rand des Parkplatzes mit einer zwanzig Zentimeter hohen Betonschwelle samt Leitplanke gesichert, weil das Gelände von dort aus steil zum Gehsteig dahinter abfiel.
Hier gab es keinen Ausweg. Mitch musste den Honda stehen lassen.
Er schloss die Fahrertür auf und holte die Pistole unter dem Sitz hervor.
Als er die Tür gerade wieder zuwarf, fiel ihm auf, dass jemand aus dem Geschäft kam. Der Wachmann war es jedoch nicht.
Mitch öffnete den Kofferraum, hob die Abdeckung an und holte den weißen Müllbeutel mit dem Lösegeld aus der Reserveradmulde. Er steckte die Pistole und die gerade erworbenen Utensilien hinein, drehte den Beutel oben zu, schloss den Kofferraumdeckel und ging davon.
Nachdem er hinter fünf parkenden Autos vorbeigegangen war, trat er zwischen zwei höhere Fahrzeuge. In der Hoffnung, dass einer der Fahrer den Zündschlüssel im Schloss stecken gelassen hatte, spähte er hinein, hatte jedoch kein Glück.
Flott, aber ohne zu laufen, ging er schräg über den Parkplatz auf die Ecke des Gebäudes zu, das er gerade erst verlassen hatte.
Er hatte gerade die Ecke erreicht, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung am Haupteingang des Ladens wahrnahm. Als er den überdachten Gang entlangblickte, sah er den Wachmann aus der Tür kommen.
Dass der ihn ebenfalls gesehen hatte, war nicht anzunehmen. Außerdem war Mitch schon im nächsten Augenblick hinter der Ecke verschwunden und damit außer Sicht.
Der seitliche Teil des Parkplatzes endete an einer niedrigen Mauer aus Betonblöcken. Mit einem Satz sprang er darüber und landete auf dem Gelände eines Fastfoodrestaurants.
Ständig darauf bedacht, sich nicht zu bewegen wie jemand, der auf der Flucht war, überquerte er den Parkplatz und kam an einer Autoschlange vorbei, deren Insassen im Abgas- und Pommesdunst vor dem Drive-in-Schalter warteten. An der Rückseite des Gebäudes kam erneut eine niedrige Mauer, die er übersprang.
Vor ihm lag nun ein kleines, lang gestrecktes Einkaufszentrum mit sechs oder acht Geschäften. Er ging langsamer und warf beim Vorbeikommen einen Blick in die Schaufenster wie jemand, der einen Einkaufsbummel machte. Der Unterschied bestand darin, dass er 1,4 Millionen Dollar in der Tasche hatte.
Als er das Ende der Gebäudereihe erreicht hatte, raste auf der Hauptstraße ein Streifenwagen in Richtung des Waffenladens. Auf dem Dach blitzte blau-rot das Warnlicht. Direkt dahinter kam ein zweiter.
Mitch bog an der nächsten Querstraße nach links ab, um sich von der Hauptstraße zu entfernen. Nun ging er wieder schneller.
Das Gewerbegebiet, das er hinter sich gelassen hatte, war nur einen Häuserblock breit. Dahinter lag ein Wohnviertel.
Zuerst kamen Wohnblocks und Apartmenthäuser, dann nur noch Einfamilienhäuser. Die meisten waren zweistöckig, gelegentlich stand dazwischen auch ein Bungalow.
Am Straßenrand erhoben sich riesige, alte Steineiben, die viel
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