Todeszorn: Thriller (German Edition)
Sie? Hat er sie gekannt?«
»S chon komisch, aber die Reaktion erinnert mich an die Streifenbeamten, mit denen wir gesprochen haben.«
»E ben. Das Mädchen hat anscheinend eine ziemliche Wirkung auf Männer gehabt.«
»I n dem Zustand, in dem wir sie gefunden haben, lässt sich das nicht mehr beurteilen.«
»T rotzdem hatte ich nicht den Eindruck, dass Scott uns angelogen hat.«
»I ch auch nicht. Was sollen wir Ihrer Meinung nach mit dem Gespräch anfangen?«
»D as war nicht die Reaktion von jemandem, der etwas zu verbergen hat. Eher von jemandem, der die Nachricht von ihrem Tod gerade erst erfahren hat und ehrlich schockiert ist.«
»S o sehe ich das auch.«
»W enn wir die Laborergebnisse bekommen und uns die Aufzeichnungen der Überwachungskameras angeschaut haben, werden wir dem Makler mal auf den Zahn fühlen…«
Rebecca wedelte mit der Visitenkarte, die Scott ihr gegeben hatte. »I rgendwie habe ich das Gefühl, dass wir heute einen guten Schritt weiterkommen.«
5
Rebecca stützte den Ellbogen auf ihren Schreibtisch und ihr Kinn in die Hand. Als sie merkte, dass ihre Unterlippe vorstand, versuchte sie sie schnell zurückzuziehen. Armstrong saß neben ihr und gab sich alle Mühe, ein mitleidiges Gesicht zu machen.
Jim Murphy war schmollende Polizeibeamtinnen gewohnt.
»D u weißt doch, wie es ist«, sagte er zu Rebecca. »D ie Blutuntersuchungen brauchen ihre Zeit. Ich bin schon zwei Mal oben gewesen, aber die lassen sich nicht hetzen. Wenn die Ergebnisse da sind, sind sie da.«
Rebecca lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und rieb sich die Augen. Plötzlich war sie hundemüde.
»W as ist aus den Aufnahmen der Überwachungskameras geworden? Sind die Bänder schon da?«
»I ch habe eine Mail mit digitalen Dateien im Anhang bekommen. Das erspart es mir, mich einzuloggen, um mir alles zusammenzusuchen.«
»U nd? Ist was dabei?«
Murphy sah auf seine Uhr, steckte die Hände in die Hosentaschen und sah dann wieder Rebecca an. »I ch habe die Mail vor weniger als einer Stunde erhalten…«
»D u hast dir die Aufnahmen also noch nicht angesehen?«
»N ein.«
»A ber du weißt, worauf du achten musst? Du musst dir vor Augen führen, wie die Kameras positioniert sind, damit du ihre Blickwinkel richtig einordnen und die Entfernungen abschätzen kannst.«
»D as kriege ich schon hin.«
»U nd besteht die Hoffnung, dass du noch heute damit anfängst?«
Wieder schaute er auf seine Uhr, rieb sich über eingebildete Bartstoppel in seinem glatt rasierten Gesicht und schob sich dann die Brille auf dem Nasenrücken zurecht.
»N un…«
»E s ist eine Ermittlung in einem Mordfall, Jim. Bitte.«
»N a schön. Aber es ist nur ein Anfang. Auf diesen Bändern ist eine Menge drauf, und wir haben«, ein weiterer Blick auf die Uhr, »j etzt schon nach drei.«
»I ch wäre dir sehr dankbar. Ehrlich.«
Rebecca schenkte ihm ihr bezauberndstes Lächeln– wenn sie schon nicht an seine dienstlichen Pflichten appellieren konnte, musste sie es eben auf anderem Weg versuchen: mit weiblicher List und Tücke. Nicht gerade die subtile Methode, aber Murphy ließ sich davon auch nicht beeindrucken.
Das war’s dann also mit dem bezwingenden Lächeln.
»S agst du mir dann morgen, wie weit du bist?«, bat sie.
Murphy nickte, wandte sich ab und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
»D as war wirklich… sehr hilfreich«, bemerkte Armstrong.
Rebecca sah Murphy nach, der das Großraumbüro durchquerte und dann durch die Tür in Richtung Treppenhaus verschwand.
»E igentlich ist er ein sehr fähiger Mann«, sagte sie.
Sie merkte, dass Armstrong wieder ihre bewusste Gesichtshälfte anstarrte und der Schmerz wieder einsetzte. Sie legte eine Hand auf die Haut und befühlte die Schwellung.
»I ch glaube, mehr schaffen wir heute nicht. Was meinen Sie?«, fragte Armstrong.
Sie wusste, worauf er hinauswollte. »B evor Sie noch etwas sagen: Mir geht’s gut.«
»I ch hatte nicht vor, Ihnen in dieser Hinsicht zu widersprechen.«
»A ber Sie stehen kurz davor, mir nahezulegen, vielleicht etwas früher nach Hause zu gehen. Nach allem, was ich durchgemacht habe.«
Während des letzten Satzes hatte sie Anführungszeichen in die Luft gemalt. Plötzlich fiel ihr jemand ein, der die Geste tagtäglich verwendete– Cahill. Ihre Nachahmung war wohl ein Zeichen, dass sein ruppiger Charme bei ihr doch nicht ganz ohne Wirkung geblieben war.
»S o etwas in der Art. Wir können doch morgen bei ihm weitermachen«, sagte Armstrong
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