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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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außerhalb der Stadt. Alle waren dort.
    Der Gouverneur und seine Frau, die meisten Senatoren des Bundesstaats, deren Mehrheitsfraktion Bud anführte, der Kongressabgeordnete von Wyoming und halb Saddlestring saßen auf den zweihundertfünfzig Metallklappstühlen oder standen auf dem Rasen. Nur die beiden Vertreter Wyomings im US -Senat hatten bedauernd abgesagt. Die klaren blauen Flanken der Bighorn Mountains umrahmten die Hochzeitsfeier. Es roch nach frisch gemähtem Gras und dem hölzernen Rauch vom Grillplatz hinterm Haus, wo ein prächtiger junger Longbrake-Ochse und ein Schwein am Spieß gebraten wurden. Der Tag war windstill. Nur eine einzelne Wolke zog träge an den Berggipfeln entlang. Die Wagentüren, die die ankommenden Gäste auf der gemähten Wiese ins Schloss warfen, und ein gelegentliches Muhen aus einem entfernten Viehpferch waren die einzigen Geräusche weit und breit.
    Joe Pickett saß in der zweiten Reihe in Schlips und Sakko, dunkler Hose und polierten schwarzen Cowboystiefeln. Er war Mitte dreißig, schlank und durchschnittlich groß. Seine dreizehnjährige Tochter Sheridan saß in ihrem neuen blauen Kleid neben ihm. Sie schien regelrecht zu strahlen: Das lange, blonde Haar war hier und da noch von der Sonne gebleicht, auf ihren Lippen lag ein Hauch von Pink, ihr Gesicht war offen und schön, und ihre Augen sogen alles auf. Sie sah aufmerksam zu, wie ihre Mutter Marybeth und ihre achtjährige Schwester Lucy an der Zeremonie teilnahmen. Lucy war das Blumenmädchen und trug weißen Taft. Marybeth, als Trauzeugin, stand auf einem Podest neben Dale Longbrake und weiteren Mitgliedern der Hochzeitsgesellschaft. Die Männer trugen schwarze, nach Westernart geschneiderte Fracks und schwarze Stetsons.
    Joe und seine Frau tauschten einen Blick. Er konnte ihr den Ärger von den Augen ablesen. Ihre Mutter, Missy Vankueren, war eine erfahrene Hochzeitsplanerin, da sie schon dreimal geheiratet hatte. Missy hatte das Ereignis seit über einem Jahr so ausdauernd und präzise vorbereitet wie ein General eine Bodenoffensive, dachte Joe, und die widerwillige Marybeth gleich als Leutnant dazu verpflichtet. Endlose Diskussionen und Telefonate wurden vor diesem Tag geführt, den Marybeth längst »Operation riesengroße Ranch-Hochzeit« nannte.
    Joe nickte in Richtung der Berge und flüsterte Sheridan zu: »Siehst du die Wolke?«
    Sie folgte seinem Blick. »Ja.«
    »Ich wette, bis Hochzeit Nummer fünf hat Missy rausgefunden, wie sie die loswird.«
    » Dad! «, flüsterte Sheridan aufgebracht, doch um ihre Mundwinkel spielte ein verschwörerisches Grinsen. Er zwinkerte ihr zu; sie verdrehte die Augen und wandte sich wieder der Hochzeit zu, die jeden Moment beginnen sollte.
    Kaum war die Braut unter einem Bogen rosafarbener und weißer Blumen erschienen, schwoll das Gemurmel an. Joe, Sheridan und die anderen Gäste erhoben sich. Beifall schwappte von vorn nach hinten, als eine begeisterte Missy mit großen Augen und gesetzten Blickes in die Menge sah, aus der sie hervorgetreten war.
    »Und das soll meine Großmutter sein?«, sagte Sheridan. »Sie sieht … «
    »… umwerfend aus«, vollendete Joe ihren Satz. Missy wirkte wie dreißig, nicht wie sechzig. Sie war eine schlanke Brünette mit perfekten Gesichtszügen und perfektem Haar, und ihre Augen strahlten aus ihrem großen Gesicht, das auf Fotos stets wundervoll aussah. Sie drückte einen Strauß rosafarbener und weißer Blumen an ihr pflaumenblau schimmerndes Kleid.
    In andächtig bewunderndem Ton, der sonst prächtigen Reitpferden oder Zuchtbullen vorbehalten war, hörte Joe Bud Longbrake sagen: » So gefällst du mir.«
    Der Hochzeitsempfang fand hinter dem riesigen Blockhaus unter hundertjährigen Pyramidenpappeln statt. Eine Swingband aus Billings spielte auf dem Podium, und Paare drehten sich auf dem Hartholzboden, der extra für diesen Anlass aus einem ehemaligen Vierziger-Jahre-Tanzsaal in Winchester zur Ranch geschafft worden war. Er war auf Kutschfedern montiert und hatte einst den Tanzfesten am Samstagabend gedient, als Bigbands auf der Reise zu den wirklich lukrativen Auftritten an der Ost- und Westküste noch Zwischenstopps in Wyoming eingelegt hatten.
    Joe führte Sheridan Hände schüttelnd durch die Gästeschar. Bud Longbrake klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Willkommen in der Familie.«
    Ich habe schon eine Familie, dachte Joe.
    Missy zog ihn zu sich herunter. Er spürte, wie sich der Strauß, den sie noch immer umklammert hielt, in sein Haar

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