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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufsaß, um sich nach Nordwesten zu wenden, ließ ihn ein vertrauter Schmerz in den Knien zusammenzucken, den er den anderthalb Tagen im Sattel zu verdanken hatte.
    Als er durch den Wald oberhalb des Bachs ritt, warf er einen Blick hinunter ins Tal und sah einen Mann, der einer seltsamen Beschäftigung nachging.
    Anfangs konnte Joe nicht genau erkennen, was er da eigentlich sah. Er war abgesessen, hatte die Pferde in einem dichten Espenhain angebunden und beobachtete den Mann auf der Wiese durchs Fernglas. Seine Digitalkamera lag am Fuß des Felsbrockens, über den er hinwegspähte.
    Der Mann war über fünfhundert Schritt entfernt und bewegte sich auf einer kleinen Lichtung jenseits des Clear Creek im Kreis. Ab und zu blieb er stehen und trat auf den Boden. Er trug etwas Langes, Dünnes über der Schulter, vielleicht ein Gewehr. Nein, stellte Joe fest, als er das Fernglas scharf stellte: eine Schaufel. Der Mann war groß und schwerfällig, bewegte sich aber mit Anmut. Er wandte Joe den Rücken zu und hatte sich bisher noch nicht umgedreht und sein Gesicht gezeigt. Während er seine Kreisbewegung wieder aufnahm und ins Halbdunkel trat, richtete Joe das Fernglas auf die Bäume am Rand der Lichtung. Drei rotbraune Pferde standen reglos neben Kiefernstämmen. Eins war gesattelt, die anderen trugen Packtaschen, die jedoch leer waren. Anscheinend hatte der Mann etwas in den Satteltaschen heraufgebracht und auf der Lichtung vergraben.
    Nun trat er aus dem Schatten in die Sonne, nahm den Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Joe stellte das Fernglas noch schärfer und erkannte Smoke Van Horn.
    Er trug Flanellhemd, Fleeceweste, Jeans und einen Pistolengurt, in dem ein Revolver mit langem Lauf steckte, sah bachauf- und bachabwärts und fasste die Bäume ins Auge, zwischen denen Joe sich versteckt hielt. Joe duckte sich hinter den Felsen, damit er sein Fernglas nicht hervorblitzen sah, und packte seine Kamera aus. Ob Smoke spürte, dass er beobachtet wurde?
    Joe tauchte wieder auf, machte rasch fünf Bilder von Smoke, der nun kurz zum Himmel blickte, sich mit der Schaufel umdrehte und zu seinen Pferden zurücktrottete. Joe gab ihm zwanzig Minuten, um davonzureiten, bevor er hinter dem Felsen hervorkam.
    Die Lichtung war nicht nur von Smokes Stiefeln zertrampelt, sondern auch von Hunderten von Hufen. Frischer Wapitikot vom Vorabend lag überall im Gras verstreut.
    Joe fotografierte die Spuren sowie die neun frisch aufgeworfenen Erdhaufen. Ihm war klar, was er fände, wenn er den Humus von den Hügeln wegtrat. Und tatsächlich: Er förderte Salzblöcke von gut zweiundzwanzig Kilo Gewicht zutage. Gesetzesbrecher hatten in den letzten Jahren gelernt, das Salz nicht überirdisch zu platzieren, wo es von Weitem zu erkennen war. Wenn sie es aber eingruben und mit einer dünnen Erdschicht bedeckten, waren die Blöcke für ein Wapiti immer noch leicht zu finden. Ein Mensch hingegen hatte kaum eine Chance sie zu entdecken, solange er nicht buchstäblich auf ihnen stand.
    Einen Jagdführer festzunehmen, der Wapitis mit Salz köderte, war deshalb so schwierig, weil man ihn auf frischer Tat ertappen musste, da er ansonsten stets behaupten konnte, nicht er habe die Blöcke im Gelände ausgebracht. Selbst wenn man ihn mit Salz in den Satteltaschen ertappte, konnte er sagen, es sei für seine Pferde. Nein, um jemanden wegen des »Jagens unter Zuhilfenahme von Lockstoffen« zu inhaftieren, wie es in den Bestimmungen hieß, musste er buchstäblich beim Vergraben des Salzes erwischt werden. Um sicherzugehen, wirklich alles dokumentiert zu haben, rief Joe seine Fotos noch mal auf. Er hatte sie aus großer Entfernung geschossen und nicht alle waren scharf, doch der Mann mit der Schaufel war zweifellos Smoke, und was er eingrub, waren Salzblöcke. Joe war zwar nur wegen einer falschen Abzweigung darüber gestolpert, doch er hatte ihn in flagranti ertappt.
    Will Jensen hatte Smoke vier Jahre lang verdächtigt, Wapitis mit Salz zu ködern, konnte es ihm aber nicht nachweisen.
    »Jetzt kannst du wirklich in Frieden ruhen«, sagte Joe.
    Er sah erst auf die Armbanduhr, dann zum Himmel. In drei Stunden wurde es dunkel, und bis zur Hütte brauchte er vermutlich zwei Stunden. Er würde also bis zum nächsten Tag warten müssen, um Smoke in seinem Jagdlager zu verhaften.
    Die Diensthütte war älter, kleiner und heruntergekommener als Joe erwartet hatte. Doch sie war sehr schön gelegen, und von der Veranda aus sah man auf Bergwiesen und

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