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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die geladene Flinte lag vor ihm auf dem Tisch. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so verängstigt gewesen zu sein. Als ein Grauhörnchen einen Schrei ausstieß, sprang er auf und stand klopfenden Herzens mit auf die Tür gerichtetem Gewehr da.
    So erschreckend und aufschlussreich es auch war, was er las – seine Gedanken drehten sich immer nur um die Bedrohung, die Smoke dort draußen darstellte. Wills Notizen waren ein Protokoll des Wahnsinns, der von ihm Besitz ergriffen hatte. Seine Handschrift ging von krakeligen, aber beherrschten Einträgen zu Blockbuchstaben über, wobei manch heftige Unterstreichung das Papier eingerissen hatte, und war zuletzt völlig außer Rand und Band. Erst hatte er noch Berichte und Beobachtungen notiert, dann aber nur mehr über sein Innenleben und seine Ängste geschrieben. Joe erschreckte die Vorstellung, dass Will – einer der beherrschtesten und reserviertesten Menschen, die er kannte – sich derart verändert hatte. Der letzte Eintrag war drei Wochen alt:
    Irgendwie bemächtigen Sie sich meiner. Sie sind in meinem Kopf und in meinem Körper. Sie wissen, wo ich hinfahre, und überwachen all mein Handeln. Ich weiß, das klingt verrückt, und es IST verrückt. Vielleicht bilde ich mir das bloß ein, aber das glaube ich nicht. Sie haben einen Weg gefunden, mich fertigzumachen.
    Und da war noch mehr.

29. KAPITEL
    Eine halbe Stunde bevor die Sonne über den Bergen im Osten aufging und als der Nebel noch dicht überm State Lake hing, schnaubte der schwarze Wallach warnend. Irgendwo im Wald, in etwa auf Höhe des Trekkingpfads, wieherte ein herankommendes Pferd zurück. Joe lag mit aufgerissenen Augen im Schlafsack. Trotz der Kälte war ihm, als hätte ihn ein Stromstoß geweckt.
    Er hatte sich im hohen Gras hinter alten Kiefern auf eine Bodenplane gelegt. Gegen drei Uhr nachts, als er beim erneuten Lesen des Notizbuchs zu überraschenden Schlüssen gekommen war, hatte er gespürt, dass er nicht länger in der Hütte bleiben und abwarten konnte, da er dort gefangen und um jede Möglichkeit gebracht war, festzustellen, ob und von wo Smoke sich anschlich. Also hatte er den Ofen eingeheizt, damit Rauch aus dem Schornstein drang und die Hütte bewohnt wirkte, Schlafsack und Plane rausgeschafft und sich angekleidet hingelegt, die Flinte neben sich.
    Wenn Joe sich aufsetzte, konnte er zwischen den Stämmen hindurch zur Tür der Hütte sehen. Der schwarze Wallach blickte mit aufgestellten Ohren dorthin, wo das ankommende Pferd gewiehert hatte. Als Joe den Schlafsack öffnete, war es kühler als erwartet, und die Kälte betäubte ihm Hände und Gesicht. Er rollte sich aus seinem Daunenkokon und hörte das gefrorene Gras unter sich knistern. Auf den Knien und weiterhin im Unterholz verborgen blickte er den Pfad entlang in die gleiche Richtung wie der Wallach.
    Smoke, der offenbar abgesessen war, trat zu Fuß aus dem Dunkel. Seine große, massige Gestalt war unverwechselbar. Atemwolken stiegen vor seinem Kopf auf und verflogen. Bemerkenswert, dass so ein Hüne sich derart leise bewegte.
    Nach zehn Minuten hatte er es bis vor die Hüttentür geschafft, ganz im Stile eines Jägers: einige langsame Schritte, dann stehen bleiben, sich umschauen und witternd lauschen. Joe war auf den Knien wie festgefroren. Das eiskalte Metall der Flinte stach ihn in die Hände.
    Der Jagdführer hielt seinen großen Revolver in der einen, den Wild Turkey in der anderen Hand. Nur noch ein fingerbreiter Whiskeyrest schwappte in der Flasche. Smoke hatte etwas Schwerfälliges und bewegte sich langsam und bedächtig. Wie viel Bourbon war am Abend übrig gewesen? Doch mindestens die halbe Flasche.
    »Joe Pickett, sind Sie da drin?«, brüllte er. »Kommen Sie raus, Sir. Lassen Sie uns das regeln.« Er lallte und war volltrunken.
    Joe erhob sich, schulterte die Flinte und schob sich lautlos durchs Unterholz, bis er kaum sechs Meter hinter dem Jagdführer stand.
    Dann lud er die Flinte durch. »Waffe fallen lassen und umdrehen, Smoke.« Seine Stimme klang unerwartet kräftig. Er unterdrückte ein Zittern der Brustmuskulatur, das sicher nicht von der Kälte herrührte.
    Smoke schnaubte wie belustigt auf, ließ die Schultern sinken und drehte den großen Kopf ein wenig herum. »Hier draußen hatte ich Sie nicht erwartet«, lallte er. »Ich dachte, Sie lägen schön gemütlich in der Hütte.«
    »Waffe fallen lassen, Smoke.«
    Der wandte ihm den Kopf ein wenig weiter zu und behielt seine Magnum in der Hand. »Ist Ihnen

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