Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
verwirrt.«
    »Das sollten Sie auch sein.« Smoke beugte sich vor, und in sein Gesicht kehrte die Farbe zurück. »Ihre Jagd- und Fischereibehörde. Zwanzig Jahre lang hat sie Salzlecken ausgebracht, um die Wapitis aus dem Yellowstone Park zu locken, damit sie geschossen werden können. Und davor hat das die Bundesforstverwaltung getan. Das galt mal als gute Wildbestandspflege.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich. Erst vor einigen Jahren, als Kreuzritter wie Pi Stevenson beschlossen, das sei unfair, wurde das Salzen zu einem Vergehen.«
    Joe schwieg.
    »Soll ich morgen mit Ihnen losreiten und Ihnen alles Salz in dieser Gegend zeigen? Nicht bloß das der Jagdführer, auch die natürlichen Vorkommen? Wapitis brauchen Salz. Es ist gut für sie. Lecken ziehen nur das Wild an, das ohnehin da ist. Das Salz sorgt bloß dafür, dass die Tiere an einem Ort zusammenkommen, sodass ein Jäger einen gezielten Schuss abgeben kann und das Risiko minimiert wird, ein Tier nur zu verwunden und seine Spur im Wald zu verlieren. Und was ist mit den Wapitis, die sich an natürlichen Salzvorkommen sammeln? Was ist mit denen?«
    »Das ist was anderes. Salzlecken auszubringen, ist ein Eingriff in die Natur.«
    Der ausziehbare Becher zerbarst unter Smokes beinhart gewordenem Griff, und Whiskeytropfen spritzten Joe ins Gesicht. Der Jagdführer wurde immer lauter. »Genau wie das Verfüttern von Heu an zehntausend verdammte Wapitis, damit Touristen sich die Tiere im Rückzugsgebiet ansehen können, Joe! Oder dass die Herden im Yellowstone Park viel zu groß werden, weil das Wild dort keine natürlichen Feinde mehr hat. Oder eine Art Grauwölfe in Wyoming auszusetzen, die nie hier gelebt hat. Oder eine Privatsiedlung zu bauen, damit reiche Leute ihr eigenes, ›reines‹ Schlachtvieh aufziehen können, das in Wirklichkeit Ergebnis jahrhundertelanger Tierzucht ist!«
    Joe schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Die Flinte war in Reichweite. »Ich biete Ihnen einen Handel an, Smoke: Wenn Sie die Salzlecken zerstören und mir Ihr Wort geben, das Wild nie wieder auf diese Art anzulocken, tun wir, als hätte diese Unterhaltung nicht stattgefunden.«
    Smoke fuhr mit dem Finger durch den verschütteten Whiskey auf dem Tisch. »Das kann ich nicht machen, Joe.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich nicht glaube, etwas Unrechtes getan zu haben. Es ist nur ein großes Spiel – wie alles heutzutage. Ein großes Spiel, das dazu dient, Leute wie mich loszuwerden.«
    »Dann muss ich die Vorladung ausstellen«, sagte Joe mit schwankender Stimme.
    »Ich werde auf meine Art zu leben nicht verzichten, Joe.« Smoke blickte auf. »Nicht wegen eines Regelwerks, das biologisch keinen Sinn ergibt. Ich lasse mir von Ihnen nicht mein Leben wegnehmen.«
    »Ich habe Ihnen die Wahl gelassen, und das hätte ich gar nicht tun dürfen.«
    »Und das weiß ich zu schätzen. Es zeigt, dass Sie so anständig sind, wie ich vermutet hatte, genau wie Will. Aber meine Entscheidung ist gefallen.«
    Joe spürte seinen Herzschlag in den Ohren, als er den Formularblock aus der Satteltasche zog und die Anzeige anfertigte. Aus den Augenwinkeln behielt er Smoke, der zurückgelehnt und mit den Händen auf dem Tisch dasaß, ebenso im Blick wie die Schrotflinte in der Ecke.
    »Ich würde auf Ihr Wort bauen, wenn Sie sagten, Sie entfernen Ihre Salzlecken.«
    »Ich weiß, Joe. Danke für Ihr Vertrauen, aber das wird nicht geschehen.«
    Kopfschüttelnd trennte Joe die Anzeige aus dem Block und gab sie Smoke. Der knüllte sie langsam zusammen und ließ sie in die Whiskeypfütze fallen.
    »Das ändert nichts«, sagte Joe und spürte eine plötzliche Böswilligkeit von Smoke ausgehen, so wie er zuvor den Geruch nach Pferden und Holzrauch verströmt hatte.
    »Ich werde nicht zulassen, dass Sie das tun«, sagte der Jagdführer beinahe traurig und stand auf. »Ich kann nirgendwo sonst hin.«
    »Es muss nicht auf diese Weise ablaufen, Smoke.«
    »O doch.«
    Joe strich mit dem Handrücken über seinen Flintenlauf, während Smoke sich seinen Mantel und die Whiskeyflasche schnappte und ohne ein weiteres Wort aus der Tür polterte.
    Nachdem er Kaffee aufgegossen hatte, um wach zu bleiben, las Joe das letzte Spiralnotizbuch. Die Tür war verriegelt, und ein schwerer Gewehrkoffer klemmte unter der Klinke. Die Läden waren geschlossen, damit ihn niemand sehen konnte. Er hatte die Pferde geholt und eines vor der Hütte und das andere auf der Rückseite angebunden, damit ihre Unruhe ihm verriete, wenn sich jemand näherte.

Weitere Kostenlose Bücher