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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihm nicht richtig vor, ihn fröhlich in sein Lager zurückkehren zu lassen , um ihn am nächsten Morgen dort zu verhaften.
    »Stimmt was nicht?« Smoke musterte Joes Gesicht.
    »Trinken wir noch einen Absacker«, schlug Joe vor, um seine Entscheidung hinauszuschieben.
    »Ach was, Absacker«, sagte Smoke und schenkte ihnen erneut großzügig ein, »besaufen wir uns.«
    »Das ist nun mein zweiunddreißigstes Jahr hier oben«, sagte Smoke wehmütig. »Und ich liebe die Gegend noch immer wie im ersten Herbst.«
    Joe nickte.
    »Doch die Dinge haben sich geändert. In Jackson sowieso. Aber ich hätte nie gedacht, das auch hier oben zu erleben. Es gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Er beugte sich vor und schob Joe das Gesicht entgegen. Der musste sich beherrschen, um nicht zurückzuschrecken.
    »Ich führe mein Lager in dritter Generation. Ich habe es von meinem Vater übernommen, und der wiederum von meinem Großvater. Vor ein paar Jahren hab ich mich während eines Schneesturms, bei dem wir nicht auf die Jagd gehen konnten, hingesetzt und errechnet, dass wir in all der Zeit zweitausendfünfhundert Wapitis durchs Lager geschleust haben. Das ist verdammt viel Fleisch. Und ich hab kalkuliert, dass wir in diesen Jahren über eine halbe Million Dollar an Abschussgebühren bezahlt und ungefähr vier Millionen im Landkreis investiert haben, um unseren Laden am Laufen zu halten. In diesem Gewerbe bin ich der Beste und fühle mich deshalb insgesamt sehr gut damit. Ich kann Jägern aus anderen Bundesstaaten zeigen, dass es auf der Welt noch immer da und dort Wildnis gibt und dass sie dieser Wildnis Respekt zu zollen haben. Und ich habe, wie alle wissen, schon so manchen Jammerlappen wieder nach Hause geschickt, der die Welt hier oben nicht zu achten wusste – auch wenn mich das Geld gekostet hat.«
    »Zweitausendfünfhundert Wapitis sind eine ganze Menge.«
    Smoke dachte kurz mit zusammengekniffenen Augen über Joes Bemerkung nach, beschloss dann aber, sie nicht als Kritik, sondern als Feststellung aufzufassen.
    »Stimmt. Aber grundsätzlich betrachtet, sind das nicht genug. Aufgrund der Politik des Bundes gibt es hier oben zu viele Wapitis, als dass wir die Herden gesund erhalten könnten. Es gibt keinen vernünftigen Grund, zehntausend Tiere nach Süden ins Rückzugsgebiet ziehen zu lassen und dort wie Hausvieh zu füttern. Das schwächt die gesamte Herde und führt dazu, dass Krankheiten ausbrechen. Die schwachen Tiere müssen ausgemerzt werden. Eigentlich ist das Rückzugsgebiet eine Fleischfarm – nur dass es mit Verachtung quittiert wird, wenn die Wapitis geschossen werden.«
    Joe lächelte. »Sie klingen ein wenig wie Pi Stevenson.«
    »Verdammt!« Smoke schlug mit der Hand auf den Tisch, dass die Becher klirrten. »Hören Sie mir bloß mit der auf! Ihre dämliche Lösung ist, den Bestand wachsen zu lassen, bis die Tiere vor unseren Augen verhungern. Und dann können wir uns von Neuem ihr Gemecker anhören.«
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen.«
    Plötzlich lächelte Smoke. »Solche Gespräche hatte ich mit Will Jensen oft, hier an diesem Tisch. Sie sind ihm sehr ähnlich.«
    »Und Sie sind nicht der Erste, der das sagt.«
    »Das war ein Kompliment. Ich mochte den alten Will, obwohl er mich festnehmen und in den Knast stecken wollte. Und das hätte er getan. Aber ich hab ihn geachtet, denn er stand zu seinem Wort. Schade, dass er am Schluss verrückt wurde.«
    »Gibt es Leute, die ihn so sehr hassten, dass sie ihn hätten umbringen wollen?«, wollte Joe unvermittelt wissen.
    Diese Frage brachte Smoke nicht aus der Fassung. »Einige, schätze ich. Ihre Freundin Pi Stevenson soll ihm ein paarmal gedroht haben. Ich wohl auch, wenn ich betrunken war. Er hat mich mehr als einmal zur Weißglut getrieben.«
    »Aber am Ende sind sie beide miteinander ausgekommen?«
    »Am Ende war er verrückt. Sich mit dieser Ennis-Tante einzulassen! Er hat sie sogar mal mit hierher genommen, was mir zeigte, dass er immer mehr vergaß, wer er war und wo er sich befand. Ich betrachte diese Gegend als eine Kathedrale, und die hat er entweiht. Es wurde noch schlimmer, als er in Schlägereien geriet und sogar verhaftet wurde … «
    Joe musterte Smoke aufmerksam.
    »Davor haben wir uns aber gut vertragen, würde ich sagen. Wir haben einander viel Platz gelassen. Ich glaube, er hat mich sogar irgendwie bewundert, obwohl er das nie zugegeben hat. Ich gehöre zu den wenigen, denen die wachsende Bärenpopulation ebenso wenig ausmacht wie die Wölfe,

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