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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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wissen schon, der Freund und Reisebegleiter Ihrer Mutter.« Seine
Stimme klang zögerlich, gar nicht so weltmännisch wie bei unserer ersten
Begegnung. Was wollte er von mir?
    »Ja?«
    »Michael, Ihre
Mutter. Sie hatte einen kleinen Schwächeanfall.«
    Mir rutschte
einmal mehr das Herz Richtung Magen, und die schauerlichsten Bilder nahmen in
meinem Kopf Gestalt an. Meine Mutter, wie sie beim Schwimmen ohnmächtig wird
und im spanischen Meer versinkt, wie sie auf offener Straße zusammenbricht und
von den stinkenden, überfüllten Bussen auf Mallorca überrollt wird.
    »Wo ist sie?«
    »Sie ist hier in
einem Krankenhaus und soll bis morgen früh zur Beobachtung bleiben. Es sah
schlimmer aus, als es ist. Aber sie will morgen den Flieger um kurz nach elf
nehmen und …«
    »Sie kommt nach
Hause? Die lassen eine todkranke Frau fliegen? Was sind denn das für Ärzte?«
    »Michael, nun
beruhigen Sie sich. Sie ist kurz ohnmächtig geworden, mehr nicht. Ihre Mutter
sollte sich untersuchen lassen, und jetzt möchte sie halt lieber zu ihren
eigenen Ärzten.«
    Irgendetwas ließ
mich stutzig werden. Ich glaube, er sagte zu oft »Ihre Mutter«. Er sagte nicht
»Gerda«. Er sprach von meiner Mutter wie von einer flüchtigen Bekannten.
    Ich fragte
schnell: »Wann landen Sie beide denn? Ich hole Sie natürlich ab.«
    Es dauerte eine
Weile, bis Harald Schlieman seine Antwort hervorgestammelt hatte. Hätte er mir
gegenübergestanden, dann würde er in Zukunft nur noch stammeln, weil ich ihm
seinen Kiefer gebrochen hätte. Offensichtlich flog meine Mutter allein. Man
könne doch die Hotelbuchung nicht verfallen lassen. Drecksack. Wenn man mit
einer Dame ausging oder gar mit ihr Urlaub machte, dann brachte man sie auch
ordnungsgemäß zurück.
    Als ich zu
Studienzeiten mit meiner damaligen Freundin in Italien war, unternahm meine
fesche Begleiterin mit einem glutäugigen Italiener eine Spritztour in seinem
Cabrio, und ich war nicht der Meinung, dass man nach ihrer vierunddreißigstündigen
Cabriofahrt mit einem relativ fremden Mann unsere Beziehung noch intakt nennen
konnte. Genau genommen war es das Ende einer zweijährigen Partnerschaft, aber
ich habe die Freundin trotzdem bis zu ihrem Elternhaus begleitet. Auch wenn es
mir sehr wenig Spaß machte!
    Im Fall meiner
Mutter waren die Umstände nun so, dass Harald sie sogar besonders liebevoll
hätte nach Hause begleiten müssen. Sie war nicht fremdgegangen, sie war krank
geworden!
    »Ich denke, es
wäre ganz gut, wenn Sie sie am Flughafen erwarten, Michael.« Er lachte nervös
und völlig unpassend.
    »Kein Problem.
Harald? Ich glaube, Sie brauchen sich nach Ihrer Rückkehr aus dem sonnigen
Süden wohl nicht mehr um meine Mutter zu bemühen.«
    Meine Güte, wenn
das so weiterging, fand ich nicht mal mehr die Zeit für die letzte Ölung.
Bestimmt brauchte meine Mutter mich morgen. Das hieß, heute Abend war
vielleicht die letzte Möglichkeit, Cornelias Gesellschaft zu genießen. Ich riss
ein Fenster auf, hielt mein heiß gewordenes Gesicht in den Wind und atmete ein
paarmal tief durch.
    Vor kurzem noch
hatte ich Panik, weil ich mich von meiner Mutter verabschieden musste, nun
stand ich hier und konnte mir nicht vorstellen, eine mir eigentlich nur wenig
bekannte Dame nie wiederzusehen. Endgültigkeit war definitiv nichts für den
Menschen. Dafür war er nicht geschaffen. Ein Mensch wollte planen, hoffen und
lieben.
    Heldentod – der
Begriff klang verlockend nach Unsterblichkeit. Bei Tageslicht betrachtet
bedeutete das jedoch nur, dass die anderen ohne einen weitermachten.
    Als sich die
Haustür zu Cornelias Wohnung öffnete, hatte ich das schöne Gefühl, alles
richtig gemacht zu haben. Mit Tränen in den Augen stürzte sie sich mir in die
Arme. »Er geht einfach nicht ans Telefon.«
    An meinem Hals
fühlte ich eine feuchte Träne hinabrollen, und ihre Haare kitzelten meine Nase.
Sie duftete nach Vanille und fühlte sich wunderbar an. Damit waren genügend
Sinne angesprochen, um all meine männlichen Instinkte zu wecken, auch die
niederen. Doch meine gute Erziehung entschied sich zunächst für den
Beschützerinstinkt. Sanft streichelte ich Cornelia über den Rücken und schob
sie ein wenig von der Haustür weg, um diese mit einem Fußtritt zu schließen.
    »Wer geht nicht
ans Telefon?«
    Sie löste sich von
mir und wischte sich beinahe zornig über die Augen. »Andreas, mein unmöglicher
Bruder.«
    Ich war verblüfft
über den plötzlichen Sinneswandel. »Gestern hast du dir noch keine

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