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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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es mir mitunter erstrebenswert, schwachsinnig in einem Körper
ohne Schmerzen zu leben und immerhin Sahnetörtchen und Lindt-Pralinen genießen
zu können, anstatt klaren Verstandes das langsame Verrecken der sterblichen
Hülle beobachten zu müssen. Sei es drum, dieser Zustand kann ja nicht ewig
dauern.«
    Ich schaute das
schmale Persönchen an. Offensichtlich war es in jedem Alter das gleiche Theater
mit dem Sterben.
    »Tante Gisela, ich
versuche herauszufinden, wie der Geburtsname meiner Großmutter
mütterlicherseits lautete.«
    »Du musst dich
ganz furchtbar langweilen, mein Junge.« Ihr Gesicht blieb ausdruckslos,
sicherlich erwartete sie, dass ich ihr einen triftigen Grund für meine
Nachforschungen präsentierte. Ich erzählte ihr so knapp wie möglich, aber auch
so spannend wie nötig, warum ich ein gewisses Misstrauen bezüglich der wahren
Herkunft meiner Großmutter hegte.
    Die alte Dame
hörte konzentriert zu, unterbrach mich nicht ein Mal. Zeitweise hatte sie die
Augen geschlossen, ich nahm an, dass ihr Gehör dann besser funktionierte.
    Ihre erste Frage
verwirrte mich allerdings. »Wie viel Zeit hast du, mein Junge?« Sie konnte doch
nicht wissen, dass ich noch in einem weiteren Abenteuer feststeckte. Von meinem
Erlebnis am Strand hatte ich natürlich nichts erzählt.
    »Wie meinst du
das?«
    Mühsam stand Tante
Gisela auf und stützte sich auf den Gehstock. »Junge Männer in deinem Alter
arbeiten an einem Dienstag. Wie lange kannst du bleiben? Ich kann mich
tatsächlich daran erinnern, dass ich dieses Pflanzenbuch bekommen habe. Ich
fand es nämlich sehr nett, dass mir die Schwiegermutter meines Bruders etwas
schenkte. Wenn das Buch also noch existiert, dann befindet es sich auf dem
Dachboden.« Ihr Stock hob sich vom Boden und ging in Richtung Decke.
    »Ich käme aber
nicht einmal dann die Dachluke hoch, wenn es die Pforte zum Himmel wäre, und
Gina lass ich ungern an eine Bücherkiste. Ich weiß, dass sie lesen kann.
Angeblich hat sie sogar eine abgeschlossene Ausbildung, aber wir wollen den
hübsch verpackten Verstand lieber nicht übermäßig strapazieren.« Tante Gisela
kicherte heiser.
    Als ich die
Lukenleiter erklommen hatte und den staubigen Dachboden betrat, wusste ich,
warum Tante Gisela nach meiner zeitlichen Kapazität gefragt hatte. Der Boden war
ordentlich sortiert, die meisten Kisten beschriftet, doch es gab nach grober
Schätzung ein Dutzend Kartons mit der Aufschrift »Bücher«. Ich beugte mich die
Treppe hinunter. »Tante Gisela, sind die Kisten thematisch sortiert?«
    Eine fröhlich
unbekümmerte, helle Stimme antwortete mir. »Steht doch drauf, Michael. Bücher,
Porzellan, Tischdecken. Frederic hat jeden Karton beschriftet.«
    »Danke, Gina, das
sehe ich.«
    »Tantchen meint,
sie legt einstweilen etwas die Beine hoch.«
    Ich atmete tief
durch. »Hier stehen mindestens zwölf Kisten Bücher herum, gehören die etwa alle
Tante Gisela?«
    »Irre, ne? Ich
habe überhaupt nur zwölf Bücher, und Tantchen hat zwölf Kisten. Aber ich lese
auch gar nicht so gern. Und wenn, dann blättere ich lieber in Zeitschriften.«
    Ich ließ Gina
reden und machte mich an die Arbeit. Nachdem ich ein Kochbuch für Wildgerichte
neben den Reiseberichten des Prinzen von Wied gefunden hatte, war meine Frage
nach der Sortierung beantwortet. Tante Gisela hatte mir nicht den genauen Titel
des Büchleins sagen können, aber sie hatte es mir so gründlich beschrieben,
dass ich nach dem siebten Karton tapfer den achten öffnete. Und da lag es
einfach so obenauf, ein schmales Buch, Hardcover, mit einem grauen, speckig
gewordenen Einband. »Pflanzen unserer Heimat.« Ein Nachschlagewerk.
    Mit übertriebener
Sorgfalt schloss ich den Karton wieder und schob alles in die Ecke zurück. Dann
nahm ich den heiß ersehnten Fund und stieg die enge, steile Treppe herunter,
schob sie zurück in die Deckenklappe und begab mich zum Zimmer meiner Tante.
    »Ist dies das
Buch, das du von meiner Oma bekommen hast?«
    Sie saß am Tisch
und mühte sich damit ab, mit ihrer arthritischen linken Hand die Fingernägel
der arthritischen rechten Hand zu schneiden. »Du hast es also gefunden.«
    »Warum lässt du
dir nicht von Gina helfen?«
    Tante Gisela
schnaubte und knurrte. »Gina kann mir vielleicht einen Regenschirm reichen. Das
klappt so gerade. Also, wie hieß sie?«
    Ich setzte mich zu
ihr und legte das Buch sorgfältig vor mich hin. Dann schlug ich die Seite auf.
Und da stand etwas völlig Unerwartetes in schönster altdeutscher

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