Todsünde (German Edition)
Bett bleiben sollen.“
Ja, das hätte sie wahrscheinlich wirklich lieber machen sollen. Doch sie wusste auch, dass es, wenn sie einmal anfing, sich zu verkriechen, nicht so leicht sein würde, wieder zum Vorschein zu kommen. Ablenkung war jetzt genau das Richtige, auch wenn ihr bewusst war, dass sie als die erste Person, die die berühmten und auch weniger berühmten Models zu Gesicht bekamen, nicht den besten Eindruck machte.
„Geh am besten in deiner Frühstückspause mal rein zu Jamal und lass dich ein wenig auffrischen. Und Süße, das ist nicht nur ein gut gemeinter Vorschlag.“
Es hörte sich todernst an – Mann, musste sie grauenhaft aussehen.
Lindsay verbrachte die nächsten zwei Stunden damit, Models, Designer, PR-Leute und andere Kunden zu empfangen. Ein bekannter Designer, der einige Laufstegschönheiten für seine nächste Modenschau suchte, warf ihr erniedrigende Blicke zu. Sobald sie in die Pause gehen konnte, machte sie sich auf zu Jamal, dem Stylisten und Visagisten, der die Mädchen für ihre Sedcards zurechtmachte.
Nach zwanzig Minuten hatte Jamal wahre Wunder vollbracht und Lindsay konnte sich wieder sehen lassen.
„Du bist ein Schatz, danke“, sagte sie zu Jamal und er lächelte.
„Immer wieder gerne, Lindsay.“
Er war echt süß, fand Lindsay. Aber sie war sich ziemlich sicher, dass er selbst das eher von Brad Pitt behaupten würde.
Doch auch wenn sie jetzt äußerlich okay wirkte, so war sie es innerlich noch lange nicht. Den ganzen Tag über konnte sie sich nicht auf ihren Job konzentrieren, weil sie nur Robert im Kopf hatte. Seine Worte. Die Vorstellung, wie er es mit einer anderen trieb, oder gleich mit mehreren. Nacheinander, miteinander … jedes Mal, wenn eine neue langbeinige Blonde vor ihr am Empfangstresen stand, fragte sie sich, ob sie auch eine von Roberts Trophäen war.
Am Ende des Tages war ihr so schlecht, dass sie dachte, sie müsse sterben.
Es gab nur einen Ausweg aus diesem Dilemma. Sie musste noch einmal mit Robert sprechen. Wenn sie ihm gegenüberstand, würde sie vielleicht endlich wissen, was sie tun sollte.
** *
Auch nach mehrmaligem Klingeln öffnete Robert noch immer nicht die Tür. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Wegen ihr war er zusammengeschlagen worden von einem wütenden Bruder namens Tommy, der nicht nur Krafttraining machte, sondern auch jahrelanges Kickboxen hinter sich hatte.
Als er nach dem fünften Klingeln noch immer kein Zeichen von sich gab, beschlich sie aber der Verdacht, dass er eventuell gar nicht aufmachen konnte. Wer wusste schon, wie schwer er zugerichtet war, womöglich war er überhaupt nicht in der Lage, zur Tür zu kommen und sie zu öffnen. Tommy hatte ihr zwar gesagt, dass er nicht sehr doll zugeschlagen hätte, aber alles war relativ.
Nun ärgerte sich Lindsay doch sehr, dass sie Robert damals vor vier Monaten seinen Wohnungsschlüssel hysterisch vor die Füße geschmissen hatte, denn hätte sie ihn noch, könnte sie jetzt einfach aufschließen und sich vergewissern, dass alles gut war.
Ach, wahrscheinlich mache ich mir unnötig Sorgen und er ist nur bei irgendeinem Blondchen und amüsiert sich, dachte Lindsay, drehte sich um und ging die Stufen hinunter. Unten sah sie noch einmal hoch zu seinem Fenster. Nichts zu sehen. Also ging sie unbefriedigt nach Hause, jedoch nicht ohne vorher noch bei Walgreens vorbeizugehen und sich einen Korb voll Schokolade zu kaufen.
** *
Lindsay stand am Abend in der Küche und kochte ihre berühmten Spaghetti Carbonara, als es an der Tür klingelte. Sie dachte, Tommy würde gehen und aufmachen, denn er wusste, dass sie am Herd beschäftigt war, als es jedoch ein zweites Mal klingelte und er noch immer nicht in Sichtweite war, rannte sie selbst zur Tür, um zu öffnen. Im Hintergrund nahm sie dabei Tommy wahr, der am Wohnzimmerfenster stand und wortlos auf die Straße hinunter starrte.
„Hallo? Wer ist da?“, fragte sie in die Gegensprechanlage.
„Hier ist das NYPD, lassen Sie uns bitte herein!“, kam eine weibliche Stimme vom anderen Ende.
Die Polizei? Was konnte die Polizei bei ihnen wollen? In wenigen großen Schritten war Lindsay bei ihrem Bruder. „Tommy, das ist die Polizei!“
Er drehte sich zu ihr um und sagte: „War ja klar, dass dieses Schwein mir die Cops auf den Hals hetzt. So was habe ich mir schon gedacht.“
Lindsay bekam es mit der Angst zu tun. „Sag mir die Wahrheit, wie schlimm hast du ihn wirklich verletzt? Haben wir etwas zu befürchten? Ich wollte
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