Todtsteltzers Ehre
daran, schrie über die furchtbaren Schmerzen ihrer Wunden, weigerte sich aber, den Griff zu lockern. Sie hatte ihre
Position sehr sorgfältig gewählt. Die Hadenmänner mußten
sich überlegen, wo sie zuschlugen, um nicht die Bombe zu beschädigen. Schließlich starb Kathleen, obwohl die Aufgerüsteten einige Zeit brauchten, bis sie es bemerkten. Sie lösten die
Hände der toten Nonne von dem Sprengsatz, wozu sie die Finger brechen mußten, und warfen die Leiche zur Seite. Erst in
diesem Augenblick sahen sie die Schaltuhr und erkannten, was
Kathleen mit ihrem trotzigen Tod erkauft hatte. Die Hadenmänner wandten sich zur Flucht, und die Bombe explodierte.
Die Detonation tötete jeden Hadenmann, der noch auf der
Lichtung war, riß einige Bäume an der Peripherie um und erschütterte die Palisade der Mission. Die Leprakranken hatten es
rechtzeitig geschafft, in die Station zurückzukehren und das
Haupttor zu sichern, und obwohl einige Schäden an den kleineren Häusern auftraten, überlebten die Kolonisten und ihre Helden. Nachdem das letzte Beben der Explosion vorüber war und
Wände und Boden nicht mehr wackelten, öffnete Schwester
Marion das Haupttor und blickte hinaus. Von der angreifenden
Armee war nichts weiter geblieben als ein paar verstreute,
halbgeschmolzene Metallgestalten. Die Streitmacht der Hadenmänner war verschwunden, als hätte sie nie existiert. Von
Schwester Kathleen war keine Spur mehr zu erkennen. Schwester Marion seufzte und zog laut die Nase hoch.
»Das sollte diese Metallmistkerle lehren, nicht mit gefährlichen Sachen zu spielen. Gott segne und erhalte dich, Schwester
Kathleen, und verdamme alle Hadenmänner.«
Auf die Schlacht folgte das Aufräumen. Die Löcher in der
Schutzwand mußten repariert oder zugenagelt werden. Die
Verwundeten kamen auf die Krankenstation, und die Toten
wurden in einer der Vorratshütten aufgestapelt. Später war
noch Zeit für die Bestattung. Hoffentlich. Zunächst mußte man
jeden Toten identifizieren, damit Freunde und Nahestehende
Abschied nehmen konnten. Einige Leichen waren so entstellt,
daß es schwerfiel, sie zu identifizieren. Diese Unglücklichen
wurden in Reihen in einer eigenen Hütte aufgebahrt, und weinende Überlebende schritten langsam durch die schmalen Zwischengänge und hielten Ausschau nach jemandem, der ihnen
vertraut erschien. Die Toten einzusammeln und sie entweder zu
identifizieren oder aufzubahren war eine beunruhigende, deprimierende Aufgabe, aber sie mußte ausgeführt werden. Die
meisten derer, die zum Kampf hinausgezogen waren, waren
körperlich oder geistig nicht mehr in der richtigen Verfassung
dafür, also fiel diese Pflicht denen zu, die als letzte Abwehrlinie in der Station zurückgeblieben waren, um dort notfalls die
zu verteidigen, die zu krank waren für den Kampf. Oberst Wilhelm Hand und Otto war es letzten Endes zugefallen, das
Haupttor zu schützen und die taktische Aufsicht zu führen, sehr
zu ihrem Widerwillen, und sie nutzten nun ihre militärische
Erfahrung für das Einsammeln der Toten. Deren Zahl erhöhte
sich ständig, da Männer und Frauen starben, während sie darauf warteten, daß man sie zur Krankenstation brachte.
Die Toten versetzten Hand und Otto nicht in Unruhe. Sie hatten in ihrer Zeit schon genug Leichen gesehen und betrachteten
sie nun eher als Objekte und weniger als die Personen, die sie
einmal gewesen waren. Tobias Mond half ihnen. Man hatte
ihm nicht gestattet, hinauszugehen und zu kämpfen, da man ihn
zu leicht mit einem der Gegner hätte verwechseln können. Und
so trug er jetzt die Toten in die lange, schmale Hütte und legte
sie dort in ordentlichen Reihen aus, und seine aufgerüsteten
Arme bewältigten die Last noch lange über den Punkt hinaus,
an dem auch die entschlossensten Leprakranken durch schiere
Erschöpfung hatten aufgeben müssen. Er war froh über die
Chance, helfen zu können. Die Leichen belasteten ihn nicht. Er
hatte selbst schon zu ihnen gehört.
Wilhelm Hand schritt langsam die Reihen auf und ab, versah
jede Leiche mit einer Nummer und notierte sich Sachen wie
persönlichen Schmuck, um die Identifizierung zu unterstützen.
Otto stolperte ein und aus und beförderte dabei in Decken gewickelte Leichenteile. Man wollte sie später zusammenfügen,
falls das möglich war. Zunächst stapelte er sie alle in einer Ekke und dankte Gott dafür, daß man auf Lachrymae Christi keine Ratten antraf. Mit einem betonten Grunzen packte er seine
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