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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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durchs Herz rammen, uns den Kopf abhacken, ihn
verbrennen und die Asche verstreuen. Ich denke, nicht mal du
könntest dich davon erholen, Bonnie.«
»Ich würde es verdammt noch mal probieren«, versetzte diese.
»Die Hadenmänner«, sagte Mitternacht, »sie sind die wirklichen Monster. Haben aus Liebe zur Tech ihr Menschsein aufgegeben. Vollkommenheit wird jedoch nicht durch den Körper,
sondern durch den Geist erreicht. Welche Ehre bringt es mit
sich, eine Station voller Kranker anzugreifen?«
»Sie möchten irgend etwas«, sagte Bonnie. »Und sie akzeptieren niemals, daß ihnen etwas in die Quere kommt, wenn sie
nach etwas suchen. Am allerwenigsten Moral. Das kann ich
respektieren. Manchmal ist es nötig, etwas von Wert zu opfern,
um etwas von Wert zu erreichen. Freunde, Ehre, Moral … Liebe. Ich liebe meinen Owen mit meinem ganzen verrotteten
Herzen, aber ich würde ihn opfern, um das Imperium zu retten,
und er weiß es. Kannst du behaupten, daß du nicht genauso
handeln würdest?«
»Ich habe meinen Owen verloren«, antwortete Mitternacht.
»Ich würde das ganze Imperium und alles darin opfern, wenn
ich ihn dadurch wieder in die Arme schließen könnte.«
»Aber wie würde er das finden?« fragte Hazel.
»Oh, er wäre entsetzt«, sagte Mitternacht. »Aber Owen war
eben schon immer viel ehrenhafter als ich.«
»Wo steckt dein Owen?« wandte sich Bonnie an Hazel.
»Irgendwo unterwegs«, antwortete sie. »Er hat die Reparaturarbeiten an der Palisade überwacht, aber seitdem habe ich
ihn schon lange nicht mehr gesehen. War zu beschäftigt. Heute
dachte ich schon, er würde sterben, aber wieder einmal hat er
es vom Abgrund des Todes zurückgeschafft. Der Mann hat
mehr Leben als ein ganzer Korb voller Katzen. Aber … nur
einen Augenblick lang, als er dort in seinem Blut lag, dachte
ich: Was täte ich ohne ihn? Wofür sollte ich leben, wenn er
nicht mehr wäre? «
»Warum sagst du ihm das nicht?« fragte Mitternacht sanft.
»Falls die Hadenmänner zurückkehren, erhältst du womöglich
keine Chance mehr dazu.«
»Später vielleicht«, sagte Hazel. »Wir werden da drin noch
gebraucht.«
»Ich kann eine Zeitlang aushelfen«, warf Bonnie ein. »Geh
deinen Owen suchen.«
Hazel blickte zu Boden. »Ich wollte mich nie festlegen. An
irgendeinen anderen Menschen gebunden sein. Mein ganzes
Leben habe ich darum gekämpft, frei zu sein, jeder Art von
Autorität zu trotzen, nur um sicher zu sein, daß niemand außer
mir selbst über mein Leben bestimmt. Und dann bin ich Owen
begegnet, und das Schicksal hat uns miteinander verbunden,
egal wie sehr wir uns gewehrt haben. Ich … bewundere ihn
sehr. Er ist tapfer und freundlich und ehrenhaft, und er liebt
mich. Das wußte ich schon immer. Aber … ich habe mein ganzes Leben lang noch niemanden geliebt. Ich weiß gar nicht, ob
es mir gegeben ist, jemanden zu lieben, sei es auch einen so
feinen Mann wie Owen. Ich bin keine von denen, die leicht
lieben.«
»Ich habe lange Zeit auch so gedacht«, erzählte Mitternacht.
»Die Wahrheit habe ich erst herausgefunden, als mein Owen
schon tot war und auf ewig für mich verloren. Mach nicht den
gleichen Fehler wie ich, indem du zu lange wartest. Wir Helden haben tendenziell eine tragisch kurze Lebenserwartung.«
»Geh und rede mit dem Mann«, sagte Bonnie. »Ich springe
bei Sankt Bea für dich ein. Komm schon, Mitternacht; du hältst
die Leute fest, während ich die Nähte anbringe.«
Sie standen auf, strafften die Schultern und kehrten ins
Schlachthaus zurück. Hazel saß allein auf der Treppe und starrte in die Dunkelheit.
    Owen Todtsteltzer ging über die Freifläche hinterm Tor, war in
dem Lepramantel mit der ins Gesicht gezogenen Kapuze wieder eine anonyme Gestalt, und hörte zu, was die Leute redeten.
Sie saßen in kleinen Gruppen um offene Feuer zusammen und
reichten die letzten Schnapsflaschen herum. Eigentlich war der
ganze Sprit für die Krankenstation bestellt worden, um dort für
den Notfall zu dienen, aber die Leprakranken hatten nicht lange
für die Entscheidung gebraucht, daß, wenn ihr gegenwärtiger
Bedarf kein Notfall war, sie überhaupt nicht wußten, was man
als solchen bezeichnen konnte. Also stöberten sie die versteckten Flaschen auf, die sie für trockene Tage verstaut hatten, und
kippten das Zeug hinunter, so rasch sie es nur fertigbrachten.
Der Jubel über den Sieg hatte sie nicht blind gemacht für die
reale Lage. Sie wußten, daß sie nur auf den nächsten Akt

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