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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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den beiden Helden, und Owen stieß einen
leisen Seufzer der Erleichterung aus. Sich dem zweifellos
feindselig gestimmten Parlament zu stellen, das bekümmerte
ihn nicht annähernd so stark wie eine hysterische Menschenmenge, die brüllte, daß sie ihn liebte und von ihm Kinder haben wollte.
Bereitstehende Diener verneigten sich und führten Owen und
Hazel in die große Vorhalle, wo alle, die etwas mit dem Parlament zu besprechen hatten, mit mehr oder weniger viel Geduld
darauf warteten, daß die abendliche Plenarsitzung begann. Das
Parlament lockte noch mehr Möchtegerne der Macht an als
früher Löwensteins Hof nicht zuletzt, weil das Parlament Antragsteller nicht gleich umbrachte, falls es der Meinung war,
daß sie dort nichts verloren hatten. Es langweilte sie höchstens
zu Tode.
Alle Welt wußte, daß das Parlament die Alltagsgeschäfte des
Imperiums mehr oder weniger zufällig geerbt hatte. Alle übrigen in Frage kommenden Instanzen bekämpften sich dermaßen
untereinander, daß sie sich wechselseitig neutralisierten. Bislang tat das Parlament seine Arbeit auch nicht schlechter, als
von jeder anderen Institution zu erwarten gewesen wäre. Die
zweihundertfünfzig Abgeordneten waren von den Bürgern gewählt, die ein jährliches Mindesteinkommen erzielten und mit
solchen Dingen behelligt werden konnten, hatten aber seit
Jahrhunderten keine echte Macht mehr ausgeübt. Sie reagierten
mit unterschiedlicher Begeisterung auf den neuen Status. Manche stürzten sich genußvoll in die Arbeit, entschlossen zu zeigen, was sie konnten, wenn man ihnen nur eine Gelegenheit
gab. Andere schreckten merklich schon vor dem Gedanken
zurück, tatsächlich für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, und
verkrochen sich so tief in ihre Schneckenhäuser, daß man sie
mit nichts mehr daraus hervorlocken konnte. Die meisten boten
ihre Dienste fröhlich dem Meistbietenden an. Einige gingen
dazu sogar an die Börse. Sicherlich herrschte keinerlei Mangel
an Organisationen, Fraktionen und mächtigen Einzelpersonen,
die Einfluß auf die Abgeordneten zu nehmen versuchten; tatsächlich waren es sogar so viele, daß bewaffnete Posten im und
um das Parlament aufziehen mußten, um die Ordnung zu wahren. Besonders bei Haushaltsdebatten.
Außerhalb des Parlaments nahm die Lage inzwischen wirklich gewalttätige Züge an. Diverse Gruppierungen hatten zu
spät erkannt, daß sich das Parlament des einzig wichtigen politischen Instrumentariums bemächtigt hatte, und waren dazu
übergegangen, ihre Streitigkeiten mit brutaler Gewalt auszutragen. Die Zahl der Toten stieg täglich, während Schwerter,
Schußwaffen, Bomben und Gift entschieden, wer aktuell die
Oberhand hatte. Die Behörden versuchten inzwischen gar nicht
mehr, die Ordnung zu wahren, außer während der Stoßzeiten
morgens und abends. Beide Seiten gingen großzügig mit dem
Wort Terroristen um, während sie jeweils selbst Greueltaten
planten. Owen und Hazel hatten darüber nachgedacht, sich
einzumischen und eine Menge Leute umzubringen, bis die anderen endlich begriffen, aber Jakob Ohnesorg hatte es ihnen in
aller Stille ausgeredet. Niemand wollte diesen Gruppierungen
den einzigen Grund liefern, sich zusammenzuschließen, nämlich die Ermordung von Owen Todtsteltzer und Hazel D’Ark.
Als einzigen echten Konkurrenten des Parlaments in der
Funktion einer regierenden Körperschaft konnte man die laufenden Kriegsverbrecherprozesse anführen, die von den Führungspersönlichkeiten der verschiedenen Untergrundbewegungen geleitet wurden. Unter Löwensteins korrupter Herrschaft
waren Greueltaten jeder Art alltäglich geworden. Leute verschwanden einfach aus einem beliebigen oder gar keinem
Grund und tauchten nie wieder auf. Folter und Mord waren
unter der Eisernen Hexe alltägliche Aufgaben der Staatspolitik.
Als die Rebellenführer nach dem Sturz der Herrscherin die
Palastunterlagen in die Hand bekamen, wurden die Namen dieser üblen Folterknechte und Mörder bekannt, und die lange
erwartete Vergeltung nahm ihren Lauf. Die Untergrundbewegungen brachten die Gesichter dieser Leute mitsamt Adressen
auf die Holoschirme, und man zerrte die Übeltäter aus ihren
Luxuswohnungen oder jagte sie auf den Straßen. Viele fanden
ein blutiges und scheußliches Ende, und die übrigen stellten
sich eilig den Behörden. Nach wie vor glaubten sie, Absprachen treffen zu können, indem sie sich gegenseitig verrieten,
und erkannten zu spät, daß man ihnen auch nicht mehr Gnade

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