Todtsteltzers Ehre
möchten. Aber
…«
»Ja?« hakte Hazel nach.
»Wir sind zu jung für den Ruhestand«, sagte Flynn. »Ich
wüßte nicht, was ich mit mir anfangen sollte.«
»Richtig«, pflichtete Toby ihm bei. »Und ich werde irgendwie den schrecklichen Verdacht nicht los, daß ich die beste
Arbeit meines Lebens womöglich schon erbracht habe. Daß
alles, was ich jetzt noch tue, zwangsläufig in die zweitbeste
Kategorie fällt. Für mein Alter ein scheußliches Gefühl! Ich
brauche eine richtige Story, etwas, woran ich mich festbeißen
kann. Etwas, was zählt! «
»Wir bauen zur Zeit ein komplettes Imperium neu auf, praktisch von Grund auf«, sagte Owen. »Unsere ganze politische
und soziale Ordnung ändert sich täglich. Ich kann mir nicht
vorstellen, daß da keine Story auf Euch wartet, die es wert wäre, gebracht zu werden.«
»Oh, es herrscht kein Mangel an Nachrichten ! Zeugen der
Geschichte und all sowas. Aber das ist alles so verdammt achtbar und offen und ehrlich und langweilig . Wo bleibt der Spaß?
Wo das Drama? Sogar die Schurken sind heutzutage zweitklassig.«
»Nein«, erwiderte Owen. »Das finde ich nicht. Valentin Wolf
treibt sich immer noch irgendwo herum.«
»Ah ja«, sagte Toby. »Ich habe schon gehört, daß Ihr eine
weitere Auseinandersetzung mit ihm hattet. Ich freue mich
schon auf Euren Bericht darüber. Wenigstens seid Ihr beide
noch da und schlagt Wellen. Alle anderen sind weitgehend
abgetaucht. Jakob Ohnesorg befaßt sich zu intensiv mit Politik,
um noch in echte Schwierigkeiten zu geraten, und Ruby Reise
verläßt nur noch selten ihr Haus. Obwohl geflüstert wird, daß
beide womöglich heute hier auftreten. Vielleicht ist ihnen etwas zu Ohren gekommen. Gott, ich habe tolle Aufnahmen von
Euch vieren im Einsatz während der Rebellion, Bilder, die
noch nicht das Tageslicht erblickt haben! Vielleicht, wenn wir
alle gestorben und in Sicherheit sind …«
»Ja«, sagte Hazel. »Vielleicht. Ich denke jedoch, daß bis dahin manche Dinge geheim bleiben sollten. Die Leute müssen
nicht alles erfahren, was passiert ist.«
Alle nickten dazu. Niemand sprach von dem falschen Jungen
Jakob Ohnesorg, der sich als Kyborg im Dienst der abtrünnigen
KIs von Shub entpuppt hatte. Alle wußten jedoch, daß sie gerade
gemeinsam an den Augenblick dachten, in dem Flynns Kamera
die Demaskierung der Maschine aufzeichnete. Und noch weitere, dunklere Geheimnisse lagen vor. Die Rebellion war nicht
annähernd so einfach verlaufen, wie die meisten Leute dachten.
»Also«, sagte Toby forsch und beendete damit den Augenblick der Verlegenheit, »hat jemand von Euch noch mal über
mein Angebot nachgedacht, offizielle Dokumentationen von
Eurem Leben anzufertigen? Über die Texte braucht Ihr Euch
keine Gedanken zu machen; dafür haben wir Leute. Sprecht
einfach in einen Recorder, und wir arrangieren das Material
und graben Aufnahmen aus, die wir dazu einspielen. Wir können auch Verbindungen fälschen, um Dinge zu überbrücken,
über die Ihr nicht sprechen wollt. Ihr braucht nicht mehr zu tun,
als die abschließenden Aufnahmen zu kommentieren. Leichtverdientes Geld. Verdient es Euch, solange das Eisen heiß ist.
Wer weiß, wie lange sich die Leute noch für Euch interessieren?«
»Je früher alle das Interesse an uns verlieren, desto besser«,
fand Hazel. »Keine Biographien, Toby. Wir haben ohnehin
schon wenig genug Privatsphäre. Außerdem ist viel von meiner
Lebensgeschichte ohnehin nicht für ein Massenpublikum geeignet.«
»Das glaube ich gern«, sagte Owen. »Wechseln wir doch lieber rasch das Thema. Wie steht es um Euer Leben, Toby? Tut
Ihr irgendwas Interessantes?«
»Er?« Flynn schniefte laut. »Er hat außer seinem Beruf gar
kein Leben. Kommt als erster, geht als letzter und nimmt noch
Arbeit mit nach Hause. Typisch Manager. Ich bleibe immer nur
für die tarifliche Stundenzahl, und sobald ich mich erst ausgestempelt habe, denke ich nicht mal mehr an die Arbeit, bis ich
mich morgens wieder einstemple. Du hättest einfacher Arbeiter
wie ich bleiben sollen, Boß. Viel weniger Druck.«
»Du warst nie ehrgeizig«, sagte Toby.
»Verdammt richtig, und ich bin stolz darauf. Mit Ehrgeiz
bringt man sich nur in Schwierigkeiten, und er frißt das ganze
Leben auf. Wie kommt es, daß du Säcke unter den Augen und
beginnende Magengeschwüre hast, während ein wundervoller
neuer Liebhaber in mein Leben getreten ist?« Flynn strahlte
Owen und Hazel an. »Ihr müßt wirklich mal zu Besuch kommen und
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