Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
unter Schlägen,
die ihr ein ums anderemal versetzt wurden. Und ich … stand
allein da, mußte selbst die Verantwortung übernehmen. Dafür
war ich nicht gerüstet. Allerdings ist es erstaunlich, was man
leisten kann, wenn man sich dazu gezwungen sieht. Ich lernte
durch die Praxis. Und ich entwickelte mich rasch, denn die
Alternativen lauteten auf Armut oder Tod oder gar beides. Das
machte mich stärker. Es machte mich auch hart und rücksichtslos, eine Entwicklung, die ich nicht recht einzuschätzen weiß.
Seht Ihr, Owen, wir haben letztlich doch viel gemeinsam. Deshalb möchte ich auch, daß Ihr mich heiratet.«
Owen starrte sie an. Er war überzeugt, daß sein Mund offenstand, aber er schien nicht in der Lage, etwas daran zu ändern.
Was immer er auch erwartet hatte, als er beiläufig zu Konstanze
hinübergeschlendert war, dergleichen war es nicht gewesen,
verdammt sicher nicht. Der Impuls, wegzulaufen und in der
Menge unterzutauchen, war überwältigend, aber er rang ihn nieder. Abgesehen davon, daß es ein Zeichen von schockierend
schlechten Manieren gewesen wäre, ging einfach nicht an, daß
später erzählt wurde, er würde vor irgend etwas flüchten. Er
brachte es fertig, den Mund zuzuklappen, und schluckte schwer.
»Warum ich?« fragte er schließlich, und es klang doch ein
bißchen wehleidig.
Konstanze zuckte die Achseln. »Es ist klar, daß ich jemanden
heiraten muß, und nach reiflicher Überlegung habe ich entschieden, daß Ihr die beste Wahl seid. Wir beide haben viel
gemeinsam und entstammen alten, etablierten Linien. Und ich
brauche jemanden, der unberührt geblieben ist von dem Bösen
und der Korruption, die soviel von unserer gesellschaftlichen
Schicht verschluckt haben. Ich brauche jemanden, dem ich
trauen kann. Meine Stellung als Oberhaupt des Clans Wolf ist
… prekär, und ohne Jakob hält mich sonst nichts in dieser Familie. Es wäre keine Liebesheirat, soviel ist mir klar, aber wir
sind beide verpflichtet, standesgemäß zu heiraten und unsere
Linien fortzusetzen. Wir würden ein starkes Bündnis bilden,
Owen. Ihr habt Euren Familiennamen wieder zu Ehre geführt.
Ich wäre stolz, eine Todtsteltzer zu sein.«
Sie hörte auf zu reden und musterte ihn erwartungsvoll. Dieses eine Mal hatte Owen nicht die leiseste Idee, was er sagen
sollte. Er dachte angestrengt nach. »Ich habe Jakob Wolf gekannt«, stellte er schließlich fest. »Mein Vater … hatte mit ihm
zu tun. Soweit ich mich entsinne, hielt Jakob Wolf nicht viel
von mir.«
Konstanze lächelte. »Jakob hat von niemandem viel gehalten.
Er war ein harter Mann. Er mußte es sein. Aber ich habe noch
einen anderen Jakob gekannt, die Seite von ihm, die er nie jemandem zu zeigen wagte, nicht mal seinen Kindern. Vielleicht
besonders nicht ihnen. Er war stark und standhaft und setzte
sich für das ein, woran er glaubte. Euch sehr ähnlich, Owen.«
»Jetzt wartet mal«, sagte Owen und hob abwehrend beide
Hände. »Falls es eine Sache gibt, derer wir beide absolut gewiß
sein sollten, dann die, daß ich Jakob Wolf in keinerlei Hinsicht
ähnlich bin. Ich habe nie gewünscht, Krieger zu werden. Ich
war ein stiller Gelehrter und vollkommen glücklich damit, bis
Löwenstein mich zum Gesetzlosen erklärte. Ich wurde in die
Rebellion hineingezerrt und habe dabei die ganze Zeit gestrampelt und geschrien.«
»Dann macht es Euch umso mehr Ehre, daß Ihr auf diesem
Gebiet soviel erreicht habt«, sagte Konstanze ernst. »Aber was
wollt Ihr jetzt, da die Rebellion vorüber ist, mit Eurem Leben
anfangen? Ihr könnt nicht wieder zum bloßen Gelehrten werden, nach allem, was Ihr gesehen und getan habt. Der Schmetterling kann nicht wieder zur Raupe werden. Und obwohl die
Kopfgeldjagd zweifelsohne ein Bedürfnis stillt, das Ihr zur Zeit
empfindet, ist es kein Beruf, auf dem man ein Leben aufbauen
kann. Ob es Euch gefällt oder nicht, Ihr seid für viele Menschen zum Symbol geworden, von dem sie Anleitung erwarten.
Was bedeutet, daß Ihr in die Politik gehen müßt. Andernfalls
könntet Ihr zwar die Schlacht gewonnen, den Krieg hingegen
verloren haben. Sicherlich habt Ihr nicht all das durchgemacht,
was Euch widerfuhr, nur um dann zu erleben, wie Löwenstein
durch jemand noch Schlimmeren ersetzt wird?«
»Nein«, antwortete Owen, »das habe ich nicht. Aber ich bin
nicht an Macht um ihrer selbst willen interessiert. Ich war es
nie.«
»Das sind die besten. Politiker«, fand Konstanze. »Die nach
Macht streben, auf die

Weitere Kostenlose Bücher