Todtstelzers Krieg
der Autodoc in ihn hineinpumpte. Schließlich erstarb sein Stöhnen zu einem kaum noch
hörbaren Wimmern. Evangeline wiegte ihn sanft, streichelte
seine Stirn und murmelte tröstende Worte wie eine Mutter zu
einem kranken Kind. Julian schien sie nicht zu hören. Finlay
stand auf und drehte sich zu dem kleinen Skelettjungen Halloweenie um. Reineke Bär und der Seebock kümmerten sich bereits um ihn. Er hatte beide Beine und die meisten Rippen gebrochen. Die Brüche waren an dem nackten Skelett deutlich zu
sehen. Ein langer Riß zog sich über den Schädel, und das glänzende Metall seines künstlichen Gehirns schimmerte durch.
Halloweenie weinte ohne Tränen. Poogie und Alles sahen hilflos von der Tür her zu.
»Wie geht es ihm?« fragte Finlay.
»Was kümmert’s Euch?« herrschte ihn Alles der Adaptor an.
»Er ist schließlich nur ein Spielzeug, oder?«
»Er ist einer von uns«, entgegnete Finlay. Er sah den Bären
und den Bock an. »Können wir die Verletzungen reparieren?«
»Ich hoffe es«, antwortete Reineke Bär. »Er ist ein Automat,
nicht wahr? Wir haben zwar keine Ersatzteile an Bord; aber es
sollten sich genügend Splinte und Klammern finden lassen, um
ihn zusammenzuhalten, bis wir wieder zurück in der Spielzeugstadt sind.«
»Wenn wir denn je wieder zurückkommen«, bemerkte der
Seebock zweifelnd.
»Halt die Klappe, Bock!« fuhr ihn der Bär an. »Jetzt ist nicht
die Zeit für so etwas.« Er wandte sich an Finlay und blickte ihn
aus seinen großen, intelligenten Augen an. »Euer Freund liegt
im Sterben, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete Finlay leise. »Ich glaube, daß er sterben
wird. Er hat uns alle gerettet, aber wir können hier auf dem
Schiff nichts für ihn tun.«
»Der Todtsteltzer hat ihm das angetan«, sagte der Bär. »Er
besitzt ungewöhnliche mentale Kräfte. Ich habe ihn teleportieren sehen. Vielleicht kann er seine Kräfte einsetzen, um die
Schäden wiedergutzumachen, die er dem jungen Esper zugefügt hat.«
Finlay drehte sich zu Giles um, der den Blick des Feldglöcks
fest erwiderte. »Nun?« fragte Finlay. »Man sagt, Ihr wärt durch
das wunderbare Labyrinth von Haden gegangen. Zeigt uns, zu
was Ihr fähig seid! Schließlich seid Ihr deshalb ja hier, nicht
wahr? Um Eure ganz speziellen Kräfte einzusetzen. Heilt ihn!«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, antwortete Giles. »Ich habe so etwas noch nie zuvor versucht.«
»Dann versucht es eben jetzt«, sagte Finlay und richtete seinen Disruptor auf Giles’ Brust. »Oder ich werde Euch töten, so
wahr ich hier stehe und Finlay Feldglöck heiße. Jetzt auf der
Stelle.«
»Nein, das werdet Ihr nicht«, entgegnete der Erste Todtsteltzer gelassen. »Ihr braucht mich noch. Ohne mich werdet Ihr
Harker niemals erreichen, und unsere Mission wird scheitern.«
»Scheiß auf die Mission! Heilt Julian, oder Ihr seid ein toter
Mann!«
»Ich werde das hier nicht vergessen«, sagte der Todtsteltzer.
Seine Stimme klang ruhig und kalt.
»Was meint Ihr, was für einen Dreck ich darauf gebe?«
höhnte Finlay.
Giles nickte und kniete neben Evangeline nieder. Sie funkelte
ihn an; doch schließlich ließ sie es zu, daß er ihr Julian aus den
Armen nahm. Der Todtsteltzer hielt den jungen Esper mit überraschender Sanftheit, und Julians Kopf sank kraftlos gegen
seine Brust. Blut tropfte von seinem Kinn.
Julians Atem ging sehr schwach . Giles schloß die Augen und
konzentrierte sich auf eine Art und Weise, die noch neu und
ungewohnt war, und sein Bewußtsein griff hinaus in eine Richtung, die er nicht zu benennen vermochte. Er wußte nur, daß
sie da war. Dann erblickte er Julian als ein schwaches Licht in
der Dunkelheit, eine flackernde Kerze, deren Flamme im Begriff stand zu erlöschen. Giles richtete seinen mentalen Blick
auf sich selbst und erkannte ein Licht, das zu grell war, um hinzusehen. Und plötzlich war es die einfachste Sache der Welt
für ihn, einen Teil dieses Lichts zu nehmen und es Julian zu
schenken.
Plötzlich richtete sich der junge Esper in den Armen des
Todtsteltzers auf. Er riß die Augen auf und atmete tief durch
wie ein Schwimmer, der von einem langen Tauchgang an die
Wasseroberfläche zurückkehrt. Die Blutungen hatten aufgehört, und seine Gesichtsfarbe war wieder normal . Er sah sich
verblüfft um .
»Was zur Hölle war das?« fragte er . »Mir war, als hätte Gott
persönlich meinen Namen gerufen.«
»Glaubt mir«, sagte Finlay, »Gott hatte nichts damit zu tun.«
»An was könnt Ihr Euch
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