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Todtstelzers Krieg

Todtstelzers Krieg

Titel: Todtstelzers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Seiten heran wie die Wogen der Flut an einen einsamen
Felsen vor der Küste, doch Johana blieb unbeweglich und ließ
sich weder davonspülen, noch untergraben. Sie konzentrierte
sich weiterhin und lauschte in dem ohrenbetäubenden Lärm auf
die Informationen, die sie suchte – und langsam erfaßte sie
Einzelheiten, wie Schiffe, die geisterhaft aus dem Nebel auftauchen und wieder verschwinden.
Irgend jemand betete und schluchzte dabei so heftig, daß Johana die Worte kaum verstand. Visionen von brennenden Gebäuden und Menschen, die schreiend durch die nächtlichen
Straßen rannten. Etwas Dunkles und Schreckliches hing über
der Nebelwelt, wie eine gigantische Spinne, die genüßlich ihre
Beute betrachtete . Johana hörte Schüsse, und das Blut eines
Kindes spritzte auf eine Wand . Die Straßen waren überfüllt von
Menschen, die wild durcheinanderrannten, während ringsherum die Rammen loderten und der Tod sich von allen Seiten
näherte.
In einer Zelle gar nicht weit von Johanas augenblicklichem
Standort entfernt hämmerte jemand mit aufgesprungenen blutigen Händen auf gepolsterte Wände ein, und obwohl er stumm
war, schrie sein Verstand unablässig schieres Entsetzen hinaus.
Und über allem war ein Name: ein Name, der immer und immer wieder auftauchte, ein Name, der in einem Chor von
Stimmen an die Oberfläche drang wie ein Herzschlag, eine
Prophezeiung des Untergangs, die unabwendbar näherrückte.
Legion. Die Legion kommt. Legion.
Johana zitterte am ganzen Leib und brach den Kontakt ab.
Sie atmete schwer und kämpfte darum, ihre Sinne wieder unter
Kontrolle zu bekommen. Ohne Zweifel hatte sie soeben einen
Blick in die Zukunft geworfen. Sie hatte gesehen, wie sich die
Straßen Nebelhafens in eine Hölle verwandelten, und sie hatte
gesehen, wie Imperiale Truppen das fliehende Volk niedermetzelten. Sie hatte gesehen, wie die Stadtmauern einstürzten und
Gebäude explodierten, und über alledem hatte sie einen nicht
enden wollenden Schrei gehört – einen nichtmenschlichen
Schrei.
Es konnte in einem Jahr passieren oder vielleicht in einer
Woche. Vielleicht hatte es sogar schon angefangen. Johana
wußte es nicht. Wie auch? Präkognitive Visionen ließen nie
einen Rückschluß auf die Zeit zu.
Johana hob ihre mentalen Schilde, bis sie wieder allein in ihrem Kopf war und sich endlich wieder in Sicherheit fühlte. Sie
stöhnte lautlos und rieb sich die schmerzenden Schläfen.
»Geschieht Euch recht«, sagte eine rauhe Stimme von der
Tür her. »Warum müßt Ihr auch lauschen?« Johanas Kopf
ruckte herum, und sie sprang erschrocken auf. Sie hatte nicht
gehört, wie die Tür geöffnet worden war. Im Eingang stand
Investigator Topas. Sie sah genauso hart und kompromißlos
aus wie bei ihrer ersten Begegnung. Neben Topas stand eine
große, entsetzlich magere Frau in blassen, pastellfarbenen
Kleidern. Die Frau war genauso bleich und farblos wie ihre
Kleidung. Strähniges blondes Haar umrahmte ungekämmt ein
hageres, scharf geschnittenes Gesicht mit blitzenden blauen
Augen. Auf den Wangen waren große vernarbte Flecken zu
sehen, und ein Teil ihrer Nase fehlte, als hätte ein Tier ihn weggefressen. Die Frau wirkte spröde und schien in einem fast
übernatürlichen Licht zu strahlen. Wäre sie nicht so unglaublich mager gewesen, hätte sie vielleicht sogar gefährlich gewirkt. Sie sah aus, als würde ein starker Windhauch ausreichen,
um sie davonzuwehen.
»Es ist unhöflich, so zu starren«, sagte Topas. »Falls Ihr
Euch fragen solltet: Es sind Erfrierungen. Auf der Nebelwelt
wird es hin und wieder ziemlich kalt. Wenn Ihr freundlich
fragt, zeigt sie Euch vielleicht auch die Stummel, wo sie einst
ein paar Finger hatte. Ihr Name lautet Marie.«
Johana verstand sofort, und sie betrachtete die geisterhaften
Gestalt mit neuem Respekt. »Typhus-Marie? Die Seuchenüberträgerin?«
»Diesen Namen trage ich nicht mehr«, erwiderte Marie. Ihre
Stimme klang dünn und leise – es war kaum mehr als ein
Murmeln –, doch Johana hatte keinerlei Schwierigkeiten, ihre
Worte zu verstehen . In Maries Tonfall und in ihrem Blick lag
eine überwältigende Macht. »Die Typhus-Marie war eine andere Person. Jemand, den das Imperium erschaffen hat, um die
Dreckarbeit zu erledigen. Das bin ich nicht mehr. Ich bin einfach nur Marie.«
Johana nickte. »Ich weiß, wozu die Imperialen Hirntechs imstande sind. Sie haben ihre Drecksfinger auch in mein Gehirn
gesteckt. Trotzdem, wenn man bedenkt, welchen

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