Todtstelzers Krieg
Schaden Ihr
der Nebelwelt zugefügt habt … Ich bin überrascht, daß man
Euch frei herumlaufen läßt. Zur Hölle, ich bin tatsächlich überrascht, daß Ihr überhaupt noch am Leben seid, Marie!«
»Fräulein Taktlos«, entgegnete Investigator Topas, »wir auf
der Nebelwelt geben den Menschen keine Schuld an dem, was
das Imperium ihnen angetan hat. Die meisten der Menschen
hier haben irgendwann mal etwas für das Imperium getan, wofür sie sich schämen. Der Rat hat Marie in meine Obhut gegeben. Wir arbeiten jetzt als Team zusammen. Marie und ich, wir
haben eine Menge gemeinsam. Meistens Dinge, die wir dank
der Eisernen Hexe und ihrer verdammten Intrigen verloren
haben. Aber genug der leeren Worte. Ihr wolltet mit der Vereinigung der Esper sprechen, doch unsere führenden Kräfte sind
zur Zeit sehr beschäftigt. Ihr könnt mit uns reden. Wir werden
Eure Botschaft weiterleiten, falls erforderlich. Bis dahin werdet
Ihr sicherlich einen guten Eindruck hinterlassen wollen, oder?
Laßt die Blumen in Frieden und respektiert die mentalen Abschirmungen in diesem Haus, ja? Sie dienen genauso Eurem
Schutz wie dem anderer. Viele Leute haben bei uns Schutz und
Hilfe gesucht wegen der schrecklichen Dinge, die das Imperium mit ihnen angestellt hat. Einige von ihnen sind noch immer
konditioniert, und viele trauern nach wie vor um die geliebten
Wesen, die sie während der Esperseuche verloren haben. Respektiert ihre Privatsphäre.«
Johana zuckte die Schultern. Sie hatte eine Mission zu erfüllen. »Sie werden mich alle hören wollen, sobald sie wissen,
wer und was ich bin. Ich repräsentiere Unsere Mutter Aller
Seelen, und in mir ruhen die Kräfte der Weltenmutter. Ich werde ihre Dunkelheit mit Licht erfüllen und ihren Leiden ein Ende bereiten. Und mit ihrer Hilfe werde ich schließlich das Imperium selbst zu Fall bringen, und …«
»Spart Euch die großen Worte«, unterbrach sie Topas. »Das
alles haben wir schon mehr als einmal gehört . Legenden sind
hier in Nebelhafen nicht einen Penny wert . Hauptsächlich deswegen, weil es hier so viele Menschen gibt, die sich verzweifelt wünschen, daran zu glauben . Es ist an Euch, uns zu beweisen , daß Ihr nicht einfach nur ein weiterer Esper seid, der an
Wahnvorstellungen leidet.«
Johana ließ sich den rüden Ton gefallen – jedenfalls für den
Augenblick. »Erzählt mir mehr über die Vereinigung der
Esper. Wie fing es an?«
Falls Investigator Topas wegen des unvermittelten Themawechsels überrascht war, dann zeigte sie es zumindest nicht.
»Wie alles anfing? Am Anfang bestand die Aufgabe der Vereinigung darin, alle Esper zusammenzurufen, wenn wir rasch den
psionischen Schild um die Nebelwelt herum errichten mußten.
Aus diesen Anfängen erwuchs schließlich eine Art Selbsthilfegruppe, bevor wir dann zu einer politischen Macht, die ihre
eigenen Interessen durchzusetzen vermochte, wurden. Nebelhafen ist kein Ort für die Schwachen. Auf den Straßen laufen
Typen herum, die einen bei lebendigem Leib fressen, sobald
sie Furcht riechen. Und manchmal locken Versuchungen, denen nur die wenigsten von uns alleine widerstehen könnten.
Heutzutage ist die Espervereinigung zu einer politischen und
wirtschaftlichen Macht geworden, deren Einfluß sich über die
gesamte Stadt erstreckt. Und diejenigen unter uns, die die Verantwortung tragen, sind keinesfalls begierig darauf, ihre beträchtliche Macht von einem halb verrückten ehemaligen Insassen der Wurmwächterhölle unterminieren zu lassen, der von
sich behauptet, Avatar der Weltenmutter zu sein. Einige von
uns glauben nicht einmal daran, daß eine Weltenmutter überhaupt existiert oder jemals existiert hat. Und andere haben einfach nur ein persönliches Interesse daran, ihre Existenz zu verleugnen. Das sind die Gründe, weswegen Ihr mit uns sprecht
und nicht mit den Anführern unserer Vereinigung . Und zudem
erweckt Euer Name auch nicht gerade Vertrauen in Eure Fähigkeiten. So, und jetzt könnt Ihr meinetwegen mit Eurer Vorstellung anfangen. Ich muß wohl nicht erst erwähnen, daß Ihr
gut daran tätet, überzeugend zu wirken.«
Johana grinste Topas und Marie unvermittelt an, und die beiden erschauerten unwillkürlich . Plötzlich war etwas in diesem
Zimmer: eine Präsenz und eine Macht, wie sie noch vor wenigen Augenblicken nicht zu spüren gewesen war. Johana Wahn
ergab sich in ihre Bestimmung, ließ all ihre Abschirmungen
fallen und erstrahlte so hell wie Sonnenfeuer in einem Kristallglas. Ihre
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