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Todtstelzers Krieg

Todtstelzers Krieg

Titel: Todtstelzers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Zimmer. Johana blieb zusammengesunken
und allein zurück wie ein erschöpftes hilfloses Kind. Die beiden Esper zogen die Tür des Lesezimmers hinter sich ins
Schloß und gingen durch den Korridor davon.
»Sie scheint nicht besonders belastbar?« bemerkte Topas.
»Wenige von uns sind das heutzutage«, entgegnete Marie.
»Allerdings scheint Johana ein extremer Fall zu sein. Wenn wir
sie nicht mit Samthandschuhen anfassen, halten wir am Ende
eine multiple Persönlichkeit in den Händen – und eine verdammt machtvolle noch dazu. Hast du ihre Energie gespürt? Es
war, als blicke man direkt in die Sonne. Ich habe noch nie eine
derart mächtige Begabung erlebt. Ich bin nicht einmal sicher,
ob sie menschlich ist oder nicht. Kann es sein, daß es tatsächlich die Weltenmutter war?«
Topas zuckte unbehaglich die Schultern. »Ich war nie besonders religiös. Trotzdem habe ich das gleiche gesehen wie du.
Vielleicht ist sie wahnsinnig, aber irgend etwas hat sich durch
sie manifestiert. Die Abdrücke auf ihrem Bewußtsein sind
nicht zu übersehen, selbst jetzt nicht. Und Mater Mundi ist als
Antwort genauso gut wie alles andere, wer oder was auch immer es sein mag. Aber auf jeden Fall hast du recht: Die Anführer müssen mit ihr reden, und wenn auch nur aus dem einzigen
Grund, daß unter Kontrolle gehalten wird. Gott allein weiß,
welchen Schaden sie anrichtet, wenn sie durchdreht.«
»Genau wie bei mir«, sagte Marie.
»Das ist vorbei. Du bist wieder du selbst.«
»Vielleicht. Meinst du, ich wüßte nicht, daß du mich im Auftrag des Rates noch immer im Auge behältst? Nicht jeder ist
davon überzeugt, daß meine Deprogrammierung erfolgreich
verlief.«
»Ich bin bei dir, weil ich es wollte, und aus keinem anderen
Grund. Vielleicht ist es dir entgangen, aber du hast noch immer
eine Menge Feinde hier in Nebelhafen«, erklärte Topas. »So
gut wie jeder hier hat im Verlauf der verdammten Seuche den
ein oder anderen Angehörigen verloren, weißt du?«
»Ich werde niemals wieder töten«, sagte Marie. »Eher bringe
ich mich selbst um.«
»Das weiß ich.«
»Die arme Johana. Sie hat schrecklich viel durchgemacht.«
»Haben wir das nicht alle?«
    Owen Todtsteltzer spazierte allein durch die überfüllten Straßen des Händlerviertels. Er blickte finster um sich, während er
innerlich vor Wut schäumte. Die Menschen, an denen er vorüberkam, warfen nur einen Blick in sein Gesicht und ließen
ihm dann reichlich Platz. Einige wichen sogar auf die andere
Straßenseite aus, nur für den Fall. Überall priesen Straßenhändler ihre Waren mit den blumigsten Worten an, doch Owen
schenkte ihnen nicht die geringste Aufmerksamkeit. Mit jedem
Schritt wurde er immer wütender, und es war ihm egal, ob andere das bemerkten oder nicht. Daß sein Orientierungssinn
nicht besonders gut funktionierte, besserte seine Laune auch
nicht gerade. Er hatte sich nicht im buchstäblichen Sinn verirrt;
er wußte nur nicht mehr genau, wo er sich gerade befand. Er
war erst ein einziges Mal hier gewesen. Damals hatte Hazel ihn
geführt, und er hatte nicht auf den Weg geachtet.
    Glücklicherweise erinnerte sich wenigstens Ozymandius an
die Richtung.
Owen stapfte immer tiefer in das Viertel, trat dann und wann
nach einer Schneewehe und konzentrierte sich auf den Weg,
um nicht ständig an Hazel denken zu müssen, die allein bei
John Silver geblieben war.
Er hatte kein Recht, eifersüchtig zu sein, wie Hazel ihm ganz
ohne Zweifel ins Gesicht gesagt hätte, und trotzdem … auf
seine Weise liebte er sie, ganz egal, was sie von ihm denken
mochte. Falls sie überhaupt jemals über ihn nachgedacht hatte.
Owen seufzte und stapfte weiter , und schließlich stand er vor
dem schäbigen, heruntergekommenen Gebäude, in dem das
Abraxus Informationszentrum untergebracht war. Abraxus
wußte alles, was in Nebelhafen vor sich ging – manchmal sogar, bevor die Betroffenen selbst etwas davon wußten. Abraxus
fand Antworten auf sämtliche Fragen, konnte einem die Sorgen
nehmen oder die schlimmsten Alpträume bestätigen – wenn
man den richtigen Preis zu zahlen bereit war.
Von außen machte Abraxus nicht viel her.
Es hauste in der ersten Etage über einer gewöhnlichen Bäkkerei. Nirgendwo gab es ein Schild, das auf seine Gegenwart
hinwies: Jeder wußte, wo es zu finden war.
Bei seinem letzten Besuch des Informationszentrums hatte
Owen eine Menge Dinge in Erfahrung gebracht. Einige davon
waren nützlich gewesen, andere besorgniserregend.

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