Todtstelzers Schicksal
niemandem , egal
welchen Ranges, über Zero Zero sprechen, ohne zuerst Rücksprache mit mir zu halten. Ein Verstoß gegen diesen Befehl
kann mit dem Tode bestraft werden; in dem Fall könnte selbst
ich Euch nicht retten. Folgt der Aufzeichnung konzentriert und
wartet mit allen Fragen bis danach.«
Er wartete einen Moment ab, damit sich die Ernsthaftigkeit
seiner Worte setzen konnte, und schaltete den Bildschirm ein.
Eine Reihe Sicherheitswarnungen wanderte darüber. Schwejksam fuhr mit seiner Einführung fort. »Ihr seht gleich den letzten Logbucheintrag der wissenschaftlichen Basis von Zero Zero , angefertigt von der Basiskommandantin Jorgensson. Sie lud
ihn in eine Sicherheitsboje und jagte sie auf eine hohe Umlaufbahn, kurz bevor alles zum Teufel ging.« Er brach erneut ab
und erinnerte sich an eine andere Gelegenheit wie diese. Damals hatten er und Investigator Frost die letzten Worte der Basis Dreizehn auf Unseeli studiert. Aber schließlich schien ein
Großteil seiner Laufbahn darin zu bestehen, den Schlamassel
aufzuräumen, den andere Leute zurückließen. Die Aufzeichnung startete, und er entschied, dass er ohnehin nichts Wichtiges mehr zu sagen hatte.
Der Bildschirm füllte sich mit Kopf und Schultern der Basiskommandantin Jorgensson. Sie war eine recht gut aussehende
Frau in den frühen Dreißigern, aber sie presste die üppigen
Lippen zu einer grimmigen Linie zusammen. Sie trug das
dunkle Haar zu einem einzelnen praktischen Zopf geflochten,
der ihr über die linke Schulter hing. Die Kamera fuhr rückwärts
und zeigte, dass Jorgensson vor einem mit Papieren übersäten
Schreibtisch saß. Ein Handdisruptor lag in bequemer Griffweite. Verglichen mit den zeitgenössischen Modellen wirkte er
groß und klobig. Jemand hatte auf die Kommandantin geschossen, denn an ihrer Unken Seite sah man eine große Brandwunde, dunkel von getrocknetem Blut, und Schweißperlen glitzerten auf ihrer Stirn. Im Hintergrund plärrten unaufhörlich
Alarmsirenen, gelegentlich übertönt von ohrenbetäubendem
Geschrei und Geheul und lauten Stimmen, die nicht mehr ganz
menschlich klangen. Jorgensson blickte sich abrupt um, als von
außen etwas Schweres an die Tür krachte; der Sicherheitsverschluss hielt jedoch. Die Kommandantin blickte wieder in die
Kamera, und ihre Miene zeugte von Entschlossenheit und verzweifelter Selbstbeherrschung.
»Letzte Meldung von Basis Omega, Zero Zero. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden durchbrochen. Die Basis ist kontaminiert. Die Nanotech hat sich über die Basis hinaus ausgebreitet und ist ins Ökosystem des Planeten gelangt. Gott weiß, was
sie dort anrichtet. Es ist alles Marlowes Schuld. Zur Hölle mit
ihm! Er hatte die Gesamtverantwortung für die wissenschaftliche Arbeitsgruppe. Eine makellose Personalakte. Aber während alle anderen an den offiziellen Experimenten arbeiteten,
führte er eigene, sehr inoffizielle Versuche durch. Er hing diesem Traum nach, zum Übermenschen zu werden, sich mit Hilfe der Nanos in etwas zu verwandeln, was menschliche Grenzen bei weitem sprengte. Er setzte sich eigenen, speziell kodierten Nanos aus, und sie haben ihn leider nicht umgebracht.
Wir haben keine Ahnung, in was er sich verwandelt hat. Vor
mehreren Stunden ist er aus der Basis verschwunden. Nach
dem, was wir seinen Notizen entnehmen konnten, hat er die
Nanos so programmiert, dass sie ihn auf DNA-Ebene umbauten und eine Evolution mit offenem Ausgang einleiteten. Entweder hat er sie dann in der Basis freigesetzt, oder sie sind entkommen. Sie sind darauf programmiert, sich endlos zu vermehren und dabei jede beliebige Materie als Ausgangsstoff zu benutzen. Die Menschen in der Basis … verändern sich seitdem.
Für mich sehen sie aber gar nicht nach Übermenschen aus.
Ich habe das Kraftfeld der Basis eingeschaltet, sodass niemand sie mehr verlassen kann. Ich traue diesem Verwandlungsprozess nicht, den die Leute durchlaufen. Ein richtiges
Massaker läuft hier ab. Körperliche Transformation, Seltsame
Gestalten auf den Fluren. Monster und Albtraumgestalten treiben sich in der Basis herum, und nichts scheint sie aufzuhalten.
Jede Eindämmungsmaßnahme, die wir ergreifen, wird fast sofort durchbrochen. Die Nanos sind überall. Auch in mir. Ich
spüre, wie sie sich in mir bewegen und Dinge verändern. Damit
bleibt mir nur eine Möglichkeit. Ich lade dieses Logbuch in
eine Boje auf dem Raumhafen und starte sie per Fernsteuerung.
Der Hafen liegt weit genug von der Basis entfernt, um
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