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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ihren Weg durch die
restlichen Steinkorridore, nahmen hier und da einen Umweg,
um fehlende oder zerstörte Abschnitte zu umgehen, und lächelten und nickten den wenigen Leuten zu, denen sie begegneten.
Der größte Teil der Freiwilligenmannschaft hatte überlebt, indem er sich in der Kernsektion der Fluchtburg verbarg, aber sie
alle schienen durch ihre Erlebnisse eine Kriegsneurose erlitten
zu haben. Ohnesorg hatte Verständnis für sie. Das war einer
der Gründe, warum er unterwegs zum Weinkeller war. Man
erlebt nicht jeden Tag, wie das eigene Universum auf den Kopf
gestellt wird.
    Im Grunde war es kein Keller. Der Clan Todtsteltzer hatte
ihn nur aus Gründen der Tradition so genannt. Der lange
schmale Raum schien sich in die Unendlichkeit zu erstrecken
und enthielt eine Reihe großer kristallener Honigwaben mit
guten Weinen, perlendem Champagner und so starkem Weinbrand, dass man schon betrunken werden konnte, wenn man
nur die Etiketten las. Hier fand man Wein aus Weingärten, die
schon seit Jahrhunderten nicht mehr existierten, aus Trauben,
deren Gattung längst ausgestorben war. Hier lagen Champagnerflaschen, deren Etiketten in längst toten Sprachen beschriftet waren, ebenso Schnapsflaschen, auf deren Grund man viel
Schlimmeres fand als Würmer, sowie ein paar Alkoholika, die
nach den Gesundheitsgesetzen zivilisierter Planeten einem
Verbot unterlagen und nur für die Feier von Selbstmordpakten
geeignet waren.
    Ohnesorg und Ruby spazierten ohne Hast an den Regalen
vorbei und blieben hier und da stehen, um eine Kostprobe zu
nehmen. Schließlich einigten sie sich auf eine dickflüssige rubinrote Spirituose mit kräftigem Wermutzusatz und setzten
sich an einen Tisch in der Nähe, um dem Getränk zuzusprechen. Es erwies sich als ausgesprochen trinkbar, und Ohnesorg
seufzte glücklich, als er er spürte, wie sich einige der Schlaufen
in seinen verspannten Muskeln allmählich lösten. Er lächelte
Ruby liebevoll an, und sie nickte ihm über ihr Glas hinweg
feierlich zu.
    »Weißt du«, sagte er, »Diana hatte absolut Recht. Hätte sie
mir ihren Plan vorher erläutert, hätte ich sie in eine Anstalt
einweisen lassen. Jeder hätte das.«
    »Richtig«, sagte Ruby.
»Das Leben … hat kürzlich definitiv eine Wendung zum
Seltsamen genommen«, behauptete Ohnesorg. »Früher mal
    schien die Mater Mundi unsere Verbündete zu sein. Dann stellte sich heraus, dass sie schon die ganze Zeit unsere Feindin
gewesen war, und jetzt ist sie auf einmal unsere Freundin. Shub waren die offiziellen Feinde der Menschheit, und jetzt sind es
unsere Kinder. Verdammt, sieh nur uns an: Erst Freunde, dann
Feinde und jetzt von neuem Freunde.«
    »Jawohl«, bekräftigte Ruby und trank ihr Glas leer. »Aber
andererseits war das Leben nie so einfach, wie wir es gesehen
haben, nicht mal während der Rebellion. Die neuen imperialen
Geschichtsbücher werden uns als die Guten aufführen, dabei
habe ich nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich nur der
    Beute wegen mitgemacht habe.«
»Und einer Chance wegen, einen ganzen Haufen Leute um
zubringen.«
»Deswegen auch.«
»Politik«, überlegte Ohnesorg traurig. »So viel Zeit wird auf
Auseinandersetzungen verschwendet, die rückblickend überhaupt nicht mehr wichtig erscheinen. Wären wir doch nur in
der Lage, den Leuten gegenseitig ihre Gedanken zu öffnen, wie
Diana es mit Shub getan hat! Damit die Leute die Wahrheit
erkennen.«
»Es gibt keine Wahrheit«, behauptete Ruby. »Nur unterschiedliche Meinungen. Wir alle tun, was wir tun müssen, weil
unsere Natur es verlangt.«
»Mein Gott, das war beinahe philosophisch!«, rief Ohnesorg
und leerte sein Glas. »Wir sollten das häufiger tun.«
»Wir hatten ein paar gute Zeiten zusammen, nicht wahr, Jakob?«
»Sicher. Immer dann, wenn du nicht gerade versucht hast,
mich aus dem einen oder anderen Grund umzubringen.«
»Das waren nur Meinungsverschiedenheiten. Ich hätte dich
nicht wirklich getötet.«
»Das weiß ich.«
»Nicht, solange es nicht um Geld ging.«
Ohnesorg lachte. »Einmal Kopfgeldjägerin …«
»Jawohl. Aber wir hatten wirklich einige gute Zeiten. Ich habe das, was ich für dich empfinde, nie für jemand anderen
empfunden. Und ich war immer stolz darauf, an der Seite des
legendären Berufsrebellen zu kämpfen.«
Ohnesorg musterte sie, doch ein klein wenig erstaunt. »Na,
danke, Ruby! Ich war immer froh, dich an meiner Seite zu wissen. Sei es auch nur, weil ich vor Angst in die Hose gemacht
hätte, wärest du

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