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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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Kissen. Ich befand mich auf einem Boot, einem Kanu mitten auf einem träge fließenden Fluss. Wer briet denn hier Speck? Und wo war der Kaffee? Ich sah mich nach einem Kräutergarten um, der irgendwo in der Nähe sein musste, auch wenn es nicht unbedingt logisch war, dass sich ein Kräutergarten inmitten eines Flusses befand. Und wo war das Lagerfeuer, auf dem Kaffee in einer Büchse brodelte, so wie es Huckleberry Finn gemacht hatte, als er mit seinem Floß den Mississippi entlanggefahren war?
    Die Geschwindigkeit des Stroms nahm zu, und das Kanu schoss auf eine Biegung zu, wo sich der Fluss teilte. Ich griff nach den Rudern und war mir nicht sicher, welche Richtung ich einschlagen sollte. Nach rechts oder links?,
s
töhnte ich.
Rechts oder links?
    Helen
, hörte ich Tim sagen. Ich öffnete langsam die Augen und sah ihn mit einem Tablett vor meinem Bett stehen.
    »Guten Morgen«, sagte Tim.
    Ich atmete tief ein und versuchte, meinen Puls unter Kontrolle zu kriegen. »Wie spät ist es?«
    »Acht Uhr.«
    »Oh! Echt?« Ich gähnte herzhaft, streckte meine Arme aus und versuchte, den Schlaf abzuschütteln. »Ich hab nicht einmal mitbekommen, dass du aufgestanden bist.« Ich stopfte mir ein Kissen hinter den Rücken und setzte mich auf. »Was hast du denn da Feines mitgebracht?«
    »Alles Liebe zum Fast-Muttertag!«, sang Tim und stellte ein Tablett mit Huevos Rancheros vor mir ab. MeinLieblingsfrühstück, seit ich denken oder besser gesagt essen kann: knusprige Tortilla mit fluffigen Spiegeleiern mit Käse obendrauf, schwarzen Bohnen, frischer Salsa und dicken Scheiben cremiger Avocado.
    »Wow!«, rief ich überrascht. »Schau sich das mal einer an!«
    »Überleg doch mal, wenn wir uns beeilen, können wir nächstes Jahr um diese Zeit vielleicht schon deinen ersten richtigen Muttertag feiern. Wäre das nicht toll?«
    Ich warf einen Blick auf den Umschlag mit den Unterlagen für die Adoption, der noch immer ungeöffnet auf meiner Kommode lag. Ich wollte ihn ja öffnen, aber mein letzter Zyklus war so vielversprechend gewesen. Tim und ich hatten häufig miteinander geschlafen, und durch die höhere Dosis sollten meine Eier ein leicht zu erreichendes Ziel für seine willigen Spermien sein. Außerdem fühlte ich mich an diesem Morgen schwanger. Keine Frage: Die Spannung in meinen Brüsten und der heftige Druck auf meine Blase ließen keinen anderen Schluss zu. Es war gut möglich, dass ich bereits schwanger war und mein Kind in ziemlich genau neun Monaten auf die Welt kommen würde. Nächstes Jahr um diese Zeit würde ich ein süßes, drei Monate altes Baby herzen.
    Tim machte es sich auf seiner Seite des Bettes mit der Sonntagszeitung gemütlich. Ich streckte meine Hand aus und berührte ihn an der Schulter. »Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch. Ich wünsche dir einen wunderbaren Fast-Muttertag.«
    »Das wird bestimmt ein schöner Tag«, bestätigte ich und verschob meinen Schwangerschaftstest auf den späten Abend.
    Um die Mittagszeit machte ich mich auf den Weg zu Claires kleiner Villa in Great Falls. Sie saß auf der Treppe zum Haus und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Das »G« auf ihrer Sonnenbrille von Gucci funkelte wie Diamanten.
    »Ein schöner Tag, oder?«, rief ich ihr zu, als ich zu ihr hochging.
    »Ja, echt super», antwortete Claire. »Wieso kann das Wetter nicht immer so sein?«
    »Weil wir in D. C. wohnen, wo es entweder scheißheiß oder arschkalt ist.«
    »Nette Ausdrucksweise.«
    »Bist du fertig?«
    »So was von.« Claire stand auf, wie immer perfekt gekleidet: indigoblaue eng sitzende Jeans, Ballerinas und ein DKNYT-Shirt.
    »Hast du schon alles im Wagen, was wir brauchen?«, fragte ich sie.
    »Ja, im Kofferraum. Lass mich fahren. Ist vielleicht besser so.«
    »Klingt gut.«
    Ich stieg in Claires Mercedes. Der Geruch nach erdigem Leder und die von der Sonne aufgewärmten Sitze verliehen mir das Gefühl, mich in einem luxuriösen Kokon zu befinden. Ein Nickerchen von sagen wir mal drei Stunden wäre jetzt nicht schlecht, dachte ich bei mir.
    An einem so wunderbaren Tag wie diesem fühlte es sich ganz natürlich an, dass wir Schwestern waren. Als ich noch zur Highschool ging, war der Altersunterschied zwischen uns viel zu groß gewesen. Ich konnte in Claire nichts anderes sehen als einen Ersatz für unsere Mutter oder eigentlich mehr einen Aufpasser. Nach meinem Abschluss flehte ich Claire auf Knien an, sie möge mir erlauben, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Ich musste unbedingt aus dem Haus raus, wo

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