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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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Mundwinkel hingen ziemlich stark nach unten. Und er hatte dieses unkontrollierte Zucken.
    »Du stehst also immer noch auf Green Bay?«, fragte ich ihn und deutete auf sein Sweatshirt.
    »Ein Redskins-Fan zu sein ist mir zu anstrengend«, antwortete er mit einem zaghaften Lächeln. »Wie geht es Claire?«
    »Gut. Sie ist verheiratet und hat eine kleine Tochter.«
    »Ich habe sie einmal im Baumarkt gesehen. Sie hat mich aber nicht gesehen, und ich wollte sie nicht ansprechen.«
    »War vermutlich auch besser so.«
    »Und was ist mit dir? Hast du Kinder?« Er lehnte sich gegen den Türrahmen und ließ seine Knöchel knacken.
    »Nein«, sagte ich und ergänzte dann: »Noch nicht.«
    »Möchtest du nicht doch hereinkommen?«
    »Ich muss gehen.«
    »Helen, weshalb bist du hergekommen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bist du sicher, dass du das nicht weißt?«
    Ich warf einen Blick zurück und blickte in den Park. Ich dachte darüber nach, was mich bewogen hatte herzukommen. Ich musste mir erst einmal selbst sicher werden.
    »Helen«, machte er einen neuen Anlauf. »Wir haben uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Sag mir doch, weshalb du gekommen bist.«
    »Ich vermisse Mom«, sagte ich geradeheraus. »Und ich wollte wissen, ob es dir genauso geht.«
    »Ja, natürlich.«
    »Claire redet nicht über sie.«
    »Komm herein, Helen. Bitte, nur kurz!«
    Ich trat über die Schwelle und stand im Vorraum: ein mit blauem Tweed bezogener Fernsehsessel, Ledercouch, Fernseher samt Tischchen, ein Foto von Claire und mir aus Kindertagen. Es muss wohl Weihnachten gewesen sein, denn wir beide trugen knallrote Flanellnachthemden. Larry setzte sich in den Polstersessel in der Ecke des Zimmers und bedeutete mir, ich möge mich auf die Couch setzen, was ich dann auch tat.
    »Ich vermisse sie auch«, sagte Larry mit sanfter Stimme.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass sie schon so lange tot ist. Ich kann mich kaum noch erinnern, wie ich mit vierzehn war, aber bei Mom habe ich jedes noch so winzige Detail vor Augen.«
    Larry nickte, lehnte sich zurück und kreuzte seine Beine. »Hat dir deine Mutter jemals erzählt, wie wir uns kennengelernt haben?«
    »Nein.«
    »Ich hol uns was zu trinken«, sagte er, ging zum Kühlschrank, nahm zwei Flaschen Bier heraus und öffnete beide. »Es warfür uns beide das erste Semester am College«, sagte Larry und drückte mir eine Flasche in die Hand. »Ich habe keine Ahnung, wie wir uns inmitten diesem Pulk von Studies gefunden haben, aber in Geschichte saßen wir nebeneinander. Sie war im Herzen von Baltimore, ich dagegen in West Virginia groß geworden. Wir waren schon ein komisches Paar, aber wir haben uns auf den ersten Blick ineinander verliebt und sind gleich miteinander ausgegangen.«
    Ich stellte mir Mom und Larry als junges Paar vor: die Stadtmaus und das Landei. Doch die beiden wollten unbedingt zusammen sein, sie hatten ihren Schatz gefunden.
    »Deine Mutter und ich hatten drei Gemeinsamkeiten. Wir waren beide die Ersten aus unserer Familie, die aufs College gingen. Und wir stammten beide aus schwierigen Verhältnissen, hatten Probleme mit unseren Vätern. Vielleicht ist das ja neu für dich.« Larry ballte eine Faust, spreizte die Finger und ballte dann wieder eine Faust. »Drittens, wir wollten eine Familie gründen und alles richtig machen.«
    Ich dachte darüber nach, dass sie ihre Kinder gewiss anders erziehen wollten, als sie selbst erzogen worden waren.
    Larry fuhr fort: »Wir gingen miteinander aus, und in den Weihnachtsferien haben wir dann geheiratet. Kurz danach war auch schon Claire unterwegs. Deine Mutter beschloss, ihr Studium abzubrechen. Mir war das gar nicht recht. Aber sie setzte sich durch, denn sie wollte unter keinen Umständen, dass jemand anders ihr Kind großzieht. Als ich dann meinen Abschluss in der Tasche hatte, fing ich bei MetLife an, dem großen Versicherungskonzern. Nach einem Jahr wollten wir ein zweites Kind, aber es wollte partout nicht klappen.«
    »Sie hat mir erzählt, dass sie nach Claire eine Fehlgeburt hatte.«
    Larry nickte. »Und dann, nach fünf Jahren, kamst endlich du. Deine Mutter war so glücklich, noch ein Kind zu haben.Sie hatte immer gewollt, dass Claire noch ein Geschwisterchen bekommt. Wir wohnten damals auf ziemlich beengtem Raum und waren dauernd knapp bei Kasse, aber trotzdem waren wir sehr glücklich, zumindest am Anfang. Viele Jahre habe ich meist an den Nachmittagen und in den frühen Abendstunden gearbeitet. Ich saß dann bei meinen Kunden am

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