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Toechter Aus Shanghai

Titel: Toechter Aus Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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Angeles. Mein Mann wurde nach China zurückgeschickt, um seine Großeltern und die Sprache und Gebräuche seiner Heimat kennenzulernen und um den Ahnen der Familie Louie an seines Vaters Stelle Opfer zu bringen.«
    »Kennen Sie die Brüder?«
    »Nur Vernon. Die anderen nicht.«
    Der Vorsitzende fragt: »Wenn Ihre Schwiegereltern gemeinsam in Los Angeles waren, warum haben sie dann elf Jahre gewartet, um ein letztes Kind zu bekommen?«

    Die Antwort darauf weiß ich nicht, aber ich klopfe mir auf den Bauch und sage: »Manche Frauen nehmen nicht die richtigen Kräuter, essen nicht die richtigen Speisen oder befolgen nicht die richtigen Regeln für ihr chi , um Söhne von ihrem Mann zu empfangen.«
    Meine altmodische Antwort stellt meine Befrager für diesen Tag zufrieden, doch eine Woche später kommen sie auf den Beruf meines Schwiegervaters zu sprechen, weil sie ausschließen wollen, dass er zur Kategorie der Arbeiter angehört, die von der Einwanderung ausgeschlossen ist. Während der letzten zwanzig Jahre hat der Alte Herr Louie mehrere Unternehmen in Los Angeles gegründet. Zurzeit betreibt er nur einen Laden.
    »Wie lautet der Name des Ladens, und was wird dort verkauft?«, fragt der Vorsitzende Mr. Plumb.
    Pflichtgemäß spule ich die Antwort herunter: »Der Laden nennt sich Golden Lantern. Dort werden chinesische und japanische Waren, Möbel etwa, Teppiche, Schuhe und Porzellan verkauft, in einem Gesamtwert von fünfzigtausend Dollar.« Allein die Zahl in den Mund zu nehmen, ist wie das Aussaugen von Zuckerrohr.
    »Fünfzigtausend Dollar?« Auch der Vorsitzende Plumb scheint beeindruckt. »Das ist eine Menge Geld.«
    Wieder stecken er und Mr. White die Köpfe zusammen. Diesmal geht es um die Wirtschaftskrise in ihrem Land. Ich gebe vor, nicht zuzuhören.
    Sie schauen in die Akte des Alten Herrn Louie, und ich höre sie sagen, dass er später in diesem Jahr mit seinem ursprünglichen Laden umziehen und noch zwei weitere Betriebe eröffnen will, Rikschafahrten für Touristen und ein Restaurant. Ich reibe mir meinen falschen Bauch und täusche Desinteresse vor, während Mr. White die Situation der Familie des Alten Herrn Louie erklärt.
    »Unsere Kollegen in Los Angeles besuchen die Louies alle sechs Monate«, sagt er. »Sie haben nie eine Verbindung zwischen
Ihrem Schwiegervater und einer Wäscherei, einer Lotterie, einer Pension, einem Friseurbetrieb, einem Billard- oder Spielsalon oder etwas anderem Unzulässigen nachweisen können. Bisher gingen auch keine Meldungen ein, dass er körperliche Arbeit verrichtet hätte. Mit anderen Worten, er scheint ein Kaufmann mit gutem Leumund zu sein.«
    Was ich bei meiner nächsten Befragung erfahre, verblüfft mich allerdings sehr. Mr. White liest auf Englisch Teile der Anhörungsmitschriften von Sam und seinem Vater vor, die dann von dem jetzt anwesenden Dolmetscher in Sze Yup übertragen werden. Der Alte Herr Louie hat den Beamten gemeldet, dass er mit seinem Geschäft zwischen 1930 und 1933 jedes Jahr zweitausend Dollar Verlust gemacht hat. In Shanghai wäre das eine gewaltige Summe. Der Betrag von nur einem Jahr hätte gereicht, um meine Familie zu retten: den Rickschabetrieb meines Vaters, das Haus und die Ersparnisse von May und mir. Trotzdem konnte es sich der Alte Herr Louie leisten, nach China zu kommen, um Ehefrauen für seine Söhne zu kaufen.
    »Die Familie muss noch einiges an Vermögen versteckt haben«, sagt May in dieser Nacht.
    Ich finde das alles äußerst verwirrend. Wurde das absichtlich so geplant? Ist der Alte Herr Louie, dessen Akte nur wenig dicker ist als meine, obwohl er schon mehrfach das Auffanglager passieren musste, genauso ein Lügner wie May und ich?
    Eines Tages verliert der Vorsitzende Plumb schließlich die Geduld, schlägt mit der Faust auf den Tisch und fragt: »Wie kann es sein, dass Sie behaupten, die Frau eines legal hier ansässigen Kaufmanns zu sein und gleichzeitig die Frau eines amerikanischen Staatsbürgers? Das sind zwei unterschiedliche Möglichkeiten, und wir brauchen nur eine davon.«
    Ich habe mir diese Frage in den vergangenen Monaten häufig selbst gestellt, aber ich weiß immer noch keine Antwort darauf.

BLUTSSCHWESTERN
    Ein paar Wochen später wache ich mitten in der Nacht auf, weil ich wieder einen Albtraum hatte. Normalerweise ist May immer neben mir und beruhigt mich. Aber sie ist nicht da. Ich drehe mich auf die Seite, denke, sie wird wohl im Stockbett gegenüber liegen. Doch auch dort ist sie nicht. Ich liege

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